Freitag, 13. September 1918

   

Anzeige in der Deutschen Reichs-Zeitung vom 13. September 1918Zur Beschlagnahme von Vorhängen. Zu der in diesen Tagen erschienenen Bekanntmachung über die Beschlagnahme von Sonnenvorhängen ist noch folgendes zu bemerken. Die Bestimmungen, wonach Vorhänge in Privathaushaltungen befreit sind, ist vielfach so ausgelegt worden, als ob sämtliche Vorhänge in den Privathäusern von der Beschlagnahme befreit seien. Diese Auffassung ist unrichtig. Innerhalb der Privat-Gebäude unterliegen nur die Behänge in den Haushaltungen keiner Beschlagnahme, dagegen sind alle sonstigen Behänge in Privatgebäuden, z. B. Treppenhaus-Vorhänge in Mietshäusern, ferner Behänge in Fabriken, Banken, Bureauräumen, Waren- und Kaufhäusern, Gasthöfen, Geschäften und sonstigen gewerblichen und kaufmännischen Betrieben grundsätzlich von der Beschlagnahme betroffen.

Die Eintragungen in die Kundenlisten der Kohlenhändler sind bisher noch recht unvollständig. Es sei daran erinnert, daß die Listen am 14. September geschlossen werden. Bis dahin muß sich jeder Einwohner, der Anspruch auf Kohlenzuteilung macht, angemeldet haben, damit Verzögerungen in der Lieferung möglichst vermieden werden.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)

    

Der Hofkünstler Ruchay Bellachini gab gestern abend im Bürgerverein seine Eröffnungsvorstellung. Bellachini weiß seine Kniffe in humorvoller Art vorzuführen und versteht es dadurch ausgezeichnet, die Zuschauer dauernd zu fesseln. Außer den üblichen Taschenspieler-Kunststückchen, Herbeizaubern von Eiern, lebendigem Wild und Geflügel, alles ohne Bezugsschein, bringt Bellachini mit seinem weiblichen „Medium“ Darbietungen aus dem Reiche der „vierten Dimension“, den Spuk à la Resau, sowie interessante Vorführungen auf dem Gebiete der Gedankenfernwirkung, Selbsthypnose usw.

Kohlenversorgung. Unserem Bericht der Ortskohlenstelle ist berichtigend nachzutragen, daß der Gesamtbedarf an Brennstoffen für die Stadt durch die Reichszuweisung nur zu 41,7 Prozent gedeckt ist.

„Kein zerrissener Strumpf mehr.“ In verschiedenen Zeitungen war in letzter Zeit folgende Anzeige zu lesen: „Kein zerrissener Strumpf mehr! Anweisung gegen Einsendung von 2.10 Mark erhältlich.“ Einer, der alles versucht, um eine Fußbekleidung zu erhalten, schickte die verlangten 2.10 Mark ein und erhielt eine hektographisch geschriebene Karte mit folgendem Text: „Gehen Sie barfuß!“

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

   

Der Vaterländische Frauenverein Bonn-Land hielt seine diesjährige Generalversammlung am 1. August im Bonner Bürgerverein ab. Nach der Begrüßung durch die Vorsitzende, Frau Geheimrat von Nell, gab diese einen Ueberblick über die diesjährige Tätigkeit des Vereins und führte aus, wie die 3 Arbeitsgebiete des Vereins: Mütter-, Kinder- und Soldatenfürsorge auch im verflossenen Jahre in weitestem Maße gepflegt wurden. Die Mütterfürsorge, wozu auch die Säuglingspflege rechnet, betätigte sich zunächst in der Hauspflege, die ausgiebig von den Müttern in Anspruch genommen wurde; sodann regten Stillprämien, in Form von Nährpräparaten, den Eifer der Mütter an, und durch Verteilung von Wäschestücken wurde nach Kräften der gerade auf diesem Gebiete jetzt großen Not, abgeholfen. Die Neueinrichtung von 10 Kindergärten, die geschickten Leiterinnen anvertraut wurden, und die Ausgestaltung des Kindergartens in Walberberg sind als erfreulicher Fortschritt auf dem Gebiete der Kinderfürsorge zu verzeichnen. In Ausübung der Soldatenfürsorge wurden 1700 Paar Socken und 4064 Weihnachtspakete mit großer Opferwilligkeit von den Vorstandsdamen angefertigt und versandt. Die Gefangenenfürsorge wurde vom Vaterländischen Frauenverein durch nachdrückliche Unterstützung der von der städtischen Zentralstelle dem Verein unterbreiteten Anträge, gefördert. Einen ansehnlichen Ertrag wiesen die Soldaten- und Schwesternspende auf. Das Bonner Mutterhaus vom Roten Kreuz hat seinen vierten Jahresbericht im Druck erscheinen lassen. Herr Dr. von Joest erstattete den Kassenbericht.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Aus der Rheinprovinz. Bonn“)