Dienstag, 23. Juli 1918

   

Die Sammlung für die Ludendorff-Spende hat in der Rheinprovinz bisher 31 Millionen Mark ergeben. Für die Verwaltung der Spende soll ein besonderer Ausschuß in der Rheinprovinz eingesetzt werden, dem außer den Behörden und den Vertretern der Berufsorganisationen auch Kriegsbeschädigte, und zwar vor allem Schwerbeschädigte, angehören sollen.

Ausstellung moderner Graphik im städtischen Museum (Villa Obernier). Der Gesellschaft für Literatur und Kunst ist es in dankenswerter Weise gelungen, eine Reihe moderner, graphischer Arbeiten im städtischen Museum zu einer kleinen Uebersicht zu vereinigen. […] – Von dem bisher üblichen Katalog hat man wohl infolge der herrschenden Papierknappheit abgesehen. […] Da alle diese jungen Künstler neben ernstem Wollen auch ein redliches Können aufweisen, ist ein Besuch der Ausstellung nur zu empfehlen. Z.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

   

Anzeige im General-Anzeiger vom 23. Juli 1918Studentischer Wohnungsnachweis. Zur Erleichterung des Wohnungsnachweises für Studierende ist ein Studentischer Wohnungsnachweis für die Universität Bonn errichtet worden. (Näheres auf dem Sekretariat der Universität.)

Bonner Lichtspiele. Ein Filmroman „Beethoven und die Frauen“ von Emil Colberg, in Verbindung mit der Wiedergabe von Partien aus des Großmeisters musikalischen Schöpfungen, die die szenischen Vorgänge begleiten, wird heute zum erstenmal aufgeführt. Es handelt sich um einen sog. Harmoniefilm der zum Bioskop-Konzern gehörenden Harmoniefilm-Gesellschaft, die auch u. a. die Sage vom fliegenden Holländer durch Partien aus Richard Wagners Fliegenden Holländer zu einer szenischen und musikalischen Einheit verbinden will. […]

Zur Ueberfüllung auf dem „Overstolz“. Bekanntlich hatte der Vergnügungsdampfer „Overstolz“ der Köln-Düsseldorfer Gesellschaft am Sonntag den 14. ds. eine so große Ueberzahl von Passagieren aufgenommen, daß sich das Schiff oberhalb der Godesberger Landebrücke derart stark zur Seite legte, daß die Mitfahrenden in Angst und Schrecken versetzt wurden. Viele Frauen wurden ohnmächtig und die meisten Passagiere gingen bereits in Königswinter an Land, obwohl sie Fahrkarten für weitere Stationen gelöst hatten. Inzwischen hat sich die Polizeibehörde des Falles bemächtigt und auch das Kgl. Wasserbauamt in Köln sucht Zeugen des unliebsamen Vorfalles, die unter Angabe ihres Namens und des Wohnortes Strafanzeige beim Wasserbauamt Köln stellen können. Da durch Mangel an Stromaufsichtsbeamten eine genügende Ueberwachung des Sonntagsverkehrs kaum möglich ist, wird es vom Wasserbauamt begrüßt, wenn das Publikum Verfehlungen der Schiffsführer zur Anzeige bringt. Hoffentlich melden sich recht viele Zeugen, damit der Fall genau verfolgt werden kann.

Im Elektrostahlwerk in Dottendorf war Karbid gestohlen worden. Man fand bei der Haussuchung bei einem Arbeiter einen Zylinder mit 59 Kilo Karbid. Es wurde aber durch Zeugen festgestellt, daß es sich um verdorbenen Karbid handelte, den die Arbeiter als Dünger mit nach Hause zu nehmen pflegten. Aus diesem Grunde sprach die Strafkammer am Montag zwei wegen Diebstahls angezeigte Arbeiter frei.

Ein Husar wurde am Montag dem Gericht vorgeführt, wo sich seine Ehefrau zu verantworten hatte, weil sie ihm die Desertion erleichtert haben sollte. Die Frau war vom Kriegsgericht zu der geringsten gesetzlich zulässigen Gefängnisstrafe von drei Monaten verurteilt worden und hatte gegen dieses Urteil Berufung eingelegt. Sie sagte zu ihrer Rechtfertigung, sie habe nicht anders gewußt, als daß ihr Mann, der im ersten Kriegsjahr verwundet wurde, vom Militär entlassen worden sei. Sie habe mit ihm zusammen in der Josefstraße gewohnt, sei Schaffnerin auf der elektrischen Bahn gewesen und sei später mit ihm nach Berlin gezogen. Der Mann wurde in Berlin verhaftet, es gelang ihm aber, aus dem Militärgefängnis in Berlin auszubrechen. Er wandte sich von dort zu seinen Eltern nach Düren, wo er seine Frau traf und wieder verhaftet wurde. Die Berufung wurde verworfen.

Wie es die Geheimschlächter machen. Es ist mehrfach beobachtet worden, daß mit Rindern bespannte Wagen in gewisse Gebäulichkeiten einfuhren, und daß dieselben Wagen später, mit Pferden bespannt, wieder fortfuhren. Die Rinder wurden auf diese Weise eingeschmuggelt und dann geschlachtet.

Eine hiesige Althändlerin war, weil sie von einigen Jungen zwei Pfund Kupferdraht zu 90 Pfennig das Pfund angekauft hatte, zu einer Gefängnisstrafe von einer Woche verurteilt worden. Ihre Berufung, die sie damit zu begründen versuchte, die Jungen hätten ihr gesagt, sie hätten den Kupferdraht gefunden, wurde am Montag von der Strafkammer verworfen.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

   

Wohltätigkeitssammlung. Die unter amtlicher Verwaltung stehende Kolonialkrieger-Spende hat die Genehmigung zur Abhaltung von Opfertagen erhalten. Es gilt einen längst schuldigen Dank denen abzutragen, die in der Tropensonne Afrikas, fern der Heimat, von jeder Zufuhr abgeschnitten, Deutschlands Flagge hochhielten, bis sich, von der Uebermacht der Feinde erdrückt, ihr bitteres Schicksal erfüllte. Was deutscher Fleiß in 30 Jahren rühriger Kolonialwirtschaft aufgebaut hatte, ist ein Raub der Engländer, ihrer weißen und farbigen Hilfsvölker geworden; zerstört liegen blühende Pflanzungen, reiche Farmen, der Stolz unserer Landsleute, die Früchte ihrer Arbeit. Und um das Unglückslos unserer schwer heimgesuchten Brüder in Uebersee vollzumachen, wurden sie vielfach in eine erbarmungswürdige Gefangenschaft fortgetrieben, die vielen von ihnen Leben und Gesundheit kostete. Ihnen zu helfen, die Wunden zu heilen, die der Krieg den wackeren Vorkämpfern in Neu-Deutschland geschlagen hat, ist eine Ehrenpflicht eines jeden Deutschen.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Aus der Rheinprovinz. Bonn“)