Samstag, 8. Juni 1918

   

Anzeige im General-Anzeiger vom 8. Juni 1918Fleischverkauf. Am heutigen Samstag werden in den Metzgereien 125 Gramm Fleisch und 25 Gramm Wurst für jeden Einwohner abgegeben (Kinder unter sechs Jahren erhalten die Hälfte). Der Pfundpreis des Fleisches ist auf 2,50 M. erhöht worden.

Gesunder Lokalpatriotismus.
Von Felix Joseph Klein (Bonn).
Fern kleinlicher Kirchturmspolitik hat der Lokalpatriotismus seine Berechtigung. Tief verwurzelte Liebe zum Vaterland ist schlecht denkbar ohne ein herzliches Gefühl für die Scholle, wo unsere Wiege stand. Sollten sich unsere Hände öffnen, um dem Vaterland zu geben, so werden sie es besonders bereitwillig tun, wenn zugleich dem Geburtsort Segen zuströmt. Ein einig Volk von Brüdern, wie das deutsche, läßt gewiß gern provinzweise recht verschiedenes Vermögen zur Abstellung eines Notstandes sich in etwa ausgleichen. Auch die Ludendorff-Spende für unsere Kriegsbeschädigten wird bestimmten Ausgleich erstreben. Aber was etwa gerade Bonner Kraft und Opfersinn aufbringt, wird doch zum größten Teil Bonn verbleiben.
    Wir Bonner dürfen stolz sein auf die traute Alt-Bonna, das „Kleinod am Ufer des Rheines“, dem zu alter Pracht die letzten Jahrzehnte viel neue brachten. Zum Stolz geselle sich aber auch die Dankbarkeit denen gegenüber, die mit dem Strom sein Kleinod schützten und mit den Wunden und Schlägen des Krieges heimkehren. Wo, was wir für die Ludendorff-Spende geben, in der Hauptsache gerade ihnen zugute kommt, sei unser Geben doppelt freudig und reichlich.
   Manche, die in Bonn wohnen, beteiligen sich wohlmöglich in einer anderen Stadt an der Ludendorff-Spende. Sie sind ehrlich dabei, keine ausredebereiten Drückeberger. Erst am Abend ihres Lebens nach getaner Arbeit haben sie sich zur Musenstadt am grüngoldenen Rhein zurückgezogen. Unser Lokalpatriotismus wird ihnen nicht die Erinnerung an die Stadt ihrer Lebenstätigkeit wehren dürfen. Mögen sie, deren Sehnsucht zum Rhein sich im gastfreundlichen Bonn erfüllte, sich auch der Kriegsbeschädigten ihrer zweiten Heimat erinnern und auch hier zum Liebeswerke unserer Tage beisteuern.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)

   

Kein Mangel an Arzneimitteln. Seit einiger Zeit laufen im Publikum Gerüchte um, die Arzneien begännen uns „aufzugeben“. Vor Monaten hieß es, „alte Leute über 60 Jahre würden bald in den Apotheken keine Arzneien mehr bekommen“ – weshalb, das wußte niemand zu begründen. Seit einigen Wochen wird Aerzten von auffallend zahlreichen Patienten erzählt, „wer Lungenentzündung habe, müsse jetzt rettungslos sterben – denn die Amerikaner lieferten nicht mehr die notwendigen Arzneien“. Solche Redereien sind natürlich Unsinn, der zweifellos von feindlichen Agenten systematisch verbreitet wird. Richtig ist, daß das feindliche Ausland unter dem Mangel der Arzneimittel deutscher Fabrikation ganz empfindlich leidet.

Deutscher Dank.
(Zur Ludendorff-Spende für Kriegsbeschädigte)

Nur Grabeshauch da draußen um sie her,
Und Grausamkeit und Grau’n auf Schritt und Tritt –
Für Euch daheim – sie gaben mehr und mehr,
Und zeigten stumm, wer für die Heimat litt!

Und weiter geht der grimme Strauß!
Das Weh erstirbt von Heute schon im Gestern -
Gerechtigkeit! lispelt’s im Gotteshaus,
Von wieviel tausend schon verwaister Schwestern!

Laßt heut’ uns nicht mit Worten ihnen danken!
Die einst gegeben, was ihr Bestes war.
Wie viele sind’s? Die Mauer darf nicht wanken!
Bringt nur ein Scherflein Eurer Habe dar!

Dann wird der Gang vom schweren Stelzbein leicht –
Durch düst’re Herzen bricht’s wie Licht herein –
Wie milder, warmer Frühlingssonnenschein,
Auf neues Leben, das die Zeit gebleicht.

Karl Weis

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

  

Nachrichten des städtischen Lebensmittelamtes.
[...]
Die Knochensammlung hat in letzter Zeit nachgelassen, da Haushaltungen, Wirtschaften und Anstalten die anfallenden Knochen nicht in der Menge zurückgegeben haben, wie es früher geschah. Es ist aber unbedingt erforderlich, daß alle Knochen an die Metzgergeschäfte zurückgeliefert werden, damit sie für die Entfettung nicht verloren gehen. Die Gewinnung von Fett ist heute derart wichtig, daß es vaterländische Pflicht eines jeden ist, alle Knochen zu sammeln und restlos abzugeben. Sollte in Zukunft die Knochen nicht in genügender Menge zur Abgabe kommen, so wird unbedingt durch Verordnung bestimmt werden, daß nur der Verbraucher Fleisch erhält, der in der vorhergehenden Woche erhaltene Knochen abliefert.
    Kartoffeln. Die Frühkartoffeln stehen noch sehr gut auf den Feldern. Wenn aber nicht bald Regen kommt, ist eine gute Frühkartoffelernte in Frage gestellt. Vorsorgliche Hausfrauen legen sich zweckmäßig haltbare Kartoffeln für den Monat Juli zurück, da es von dem Ausfall der Frühkartoffelernte abhängt, ob im Monat Juli die bisherige Wochenmenge weiter ausgegeben werden kann. [...]
Bekleidungsamt.
Abgabe von Männeranzügen.
Der Aufforderung zur Abgabe von Anzügen sind bisher viele Personen nicht nachgekommen, obwohl sie dazu in der Lage sind. Es wird daher nochmals gebeten, Anzüge der benötigten Art abzuliefern. [...]

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Aus der Rheinprovinz. Bonn“)