Sonntag, 2. Juni 1918

   

Anzeige in der Bonner Zeitung vom 2. Juni 1918Ludendorff-Spende. Der hiesige Sammelausschuß der Ludendorff-Spende für Kriegsbeschädigte hielt gestern nachmittag unter dem Vorsitz des Oberbürgermeisters Spiritus im Rathause eine Sitzung ab, in der ein vorläufiger Plan für die Sammeltätigkeit in Bonn festgelegt wurde. Die Bezirkseinteilung, die sich bei der Werbung für die Kriegsanleihe recht gut bewährt hat, soll auch diesem vaterländischen Werke zugute kommen. Für die öffentlichen Sammlungen kommen der 15. Und 16. Juni in Betracht. An diesen beiden Tagen finden auf allen Straßen und Plätzen, in den Straßenbahnen usw. Büchsensammlungen durch ältere Schüler und Schülerinnen der höheren Schulen statt. Im Neuen Operettentheater sowie in den Lichtspieltheatern werden besondere Vorstellungen gegeben, deren Ertrag der Ludendorff-Spende zufließen soll. Auch ein Liederabend unter der Leitung des Königl. Musikdirektors Sauer ist in Aussicht genommen. Man erwartet, daß nicht nur die wohlhabenden und gutgestellten Bürger gern und reichlich für den guten Zweck geben, sondern daß auch die Wenigerbemittelten freudig ihren Verhältnissen angemessene Beiträge opfern werden. Es soll daher auch in allen größeren Betrieben durch Vermittlung der Arbeiterausschüsse bei den Arbeitern und Angestellten gesammelt werden.

Zur freiwilligen Kleiderabgabe. Man schreibt uns: Die Abgabe von getragenen Männeranzügen für die Arbeiterschaft kriegswichtiger Betriebe geht so langsam vor sich, daß nochmals auf die besondere Wichtigkeit der angeordneten Ablieferung hingewiesen werden muß. Es ist unbedingt erforderlich, die Arbeiterschaft kriegswichtiger Betriebe, insbesondere der Rüstungs-Industrie und der Landwirtschaft, mit den benötigten Kleidungsstücken zu versehen. Die Bürgerschaft unserer Stadt wird sich daher der Einsicht nicht verschließen, daß bei dem Mangel an Ware eine Inanspruchnahme der privaten Kleiderbestände geboten ist. Sollte im Wege freiwilliger Abgabe nicht die erforderliche Anzahl von Anzügen abgeliefert werden, so wird eine zwangsweise Ablieferung angeordnet werden, womit Bestandserhebungen und andere Unbequemlichkeiten verknüpft sind.

Wochenkalender der Bonner Frauenvereine.
   Die Werkstätten der hauswirtschaftlichen Kriegshilfe befinden sich jetzt Martinsplatz 6. Es sind geöffnet:
1. die Strumpfflickerei Montags und Donnerstags 9 bis 12, 3 bis 6 Uhr,
2. die Wäscheausbesserung Dienstags und Freitag 8 bis 12, 3 bis 7 Uhr,
3. die Kleiderberatung „Neues aus Altem“ Mittwochs 9 bis 12, 3 bis 6 Uhr.
   Die Schuhkurse finden von jetzt ab morgens, nachmittags und abends in der Universität Am Hof 1 (in der früheren Flickschusterei) statt. Anmeldungen werden in den Werkstätten Martinsplatz 6 angenommen. […]

(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)

   

„Ersparnis an rollendem Material?“ Aus dem Landkreise Bonn schreibt man uns: Da die Stadt Bonn wie man hört, mit der Eisenbahn keine Briketts beziehen kann und die Leute der Kohlennot im nächsten Winter vorbeugen wollen, so bieten sie den Fuhrleuten und den Bauern ungeheure Preise, um Briketts zu erhalten. (Preis an der Grube 1.05 Mark, in Bonn 3.00 Mark für den Zentner.) Das hat zur Folge, daß alle Gespanne Briketts fahren, weil damit für die Fuhre Brühl-Bonn 80 – 100 Mk. zu verdienen sind. Auf den umliegenden Dörfern sind natürlich die Preise ähnlich in die Höhe gegangen. Den Fuhrleuten ist ein guter Verdienst zu gönnen: aber manche Bezieher fragen sich, ob diese ungeheuren Preise für eine Fuhre nicht auch unter den Rahmen der Höchstpreise fallen. Daß schon seit Wochen kein Pferd für Ackerbestellung, keinerlei Fuhre für einen anderen Zweck erhältlich war, für den man solche Preise nicht zahlen konnte, versteht sich von selbst. Die Stadt Bonn scheint mit ihren eigenen Brikettzufuhren durch zahlreiche Lastautos, die Tag für Tag nach Brühl rollen, das Beispiel für diese Brikettversorgung gegeben zu haben. Die Leute, welche unter dieser Preissteigerung und dem Mangel an Pferdekraft leiden, fragen sich, ob man denn nicht einige Güterzüge mit Briketts nach Bonn hätte senden können oder noch senden könnte. Ist nicht diese Art von „Ersparnis an rollende Material“ durch den unwirtschaftlichen Verbrauch von Pferde- und Menschenkraft durch die Behinderung der Ackerbestellung und die maßlose Preissteigerung allzu teure erkauft? Wir möchten vorstehende Zuschrift warm befürworten. Vielleicht findet man in Berlin doch Mittel und Wege, den Mittelstand und die Arbeiterschaft vor dieser Brennstoffverteuerung zu bewahren. Angesichts unserer trefflichen Verkehrsmittel, die uns mit Brühl verbinden, scheint es wirklich nicht notwendig, Pferde und Menschen zu „schinden“. DieSchriftleitung.

Versteckspiel auf dem Wochenmarkt. Eine Hausfrau teilt uns mit, daß die Verkäuferinnen auf dem Wochenmarkt das Verstecken der Ware zugunsten der Ueberpreise zahlenden „feinen“ Kundschaft schon seit langem wieder betreiben. Auch mit dem Rhabarber sei dies Versteckspiel getrieben worden. Es scheint offenbar an der Zeit, daß Wachtmeister Schumacher auf diese Zustände wieder nachdrücklichst hingewiesen wird.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

  

Mitteilungen der Ortskohlenstelle. Die bisher bei der Ortskohlenstelle eingelaufenen Bestellungen auf Brennholz sind sehr gering. Der Bürgerschaft wird nochmals dringend empfohlen, sich mit Holz vorzusehen, da aller Voraussicht nach im Laufe dieses Winters ein erheblicher Mangel an Brennmaterialien eintreten wird.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Aus der Rheinprovinz. Bonn“)