Mittwoch, 8. Mai 1918

   

Anzeige im General-Anzeiger vom 8. Mai 1918Ernährung und Bekleidung.
In der Woche vor Pfingsten werden wieder einige Zusatzlebensmittel ausgegeben werden, darunter erneut auch sieben Pfund Kartoffeln auf Warenkarte. Näheres über die Zuweisung wird noch bekannt gemacht. Dabei sei darauf hingewiesen, daß die seitens der Landesstellen überwiesenen Nährmittel in den letzten Wochen vor der neuen Ernte außerordentlich knapp bemessen sind. Vor allem fehlt es an Grieß, Graupen und Haferzubereitungen, alles Sachen, nach denen die Hausfrau zurzeit besonders verlangt. Aber die Verhältnisse liegen nun einmal so, daß wir zurzeit nicht in der Lage sind, die heimische Bevölkerung mit diesen Sachen in ausreichender Menge zu versorgen, sondern in erster Linie an unsere Heeresangehörigen denken müssen.
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Anzeige im General-Anzeiger vom 8. Mai 1918In letzter Zeit mehren sich die Anträge, durch die auf Grund von Krankheitsbescheinigungen Zusatznahrungsmittel gefordert werden, in ganz bedenklichem Umfange. Das Lebensmittelamt ist einfach nicht in der Lage, all diese Anträge zu erfüllen, sondern es muß in erster Linie darauf bedacht sein, die Schwerkranken und die Säuglinge mit den ihnen notwendigerweise zustehenden Nahrungsmitteln zu versorgen. Da nun jeder Leichtkranke die Versorgung der beiden Gruppen vermindern würde, hat der Lebensmittelausschuß beschlossen, durch einen besonderen Aerzteausschuß bei gegebenen Fällen eine Nachuntersuchung des Kranken dahin vornehmen zu lassen, ob er auch der Zusatznahrungsmittel bedarf. [...]
Die schon lange geplante Verabreichung einer kräftigen Morgensuppe an sämtliche Volksschüler wird nun voraussichtlich mit Beginn des Herbstes durchgeführt werden. Es ist beabsichtigt, den Kindern jeden Morgen ein halbes Liter kräftige Suppe zu verabreichen. Die Kinder haben hierfür für die Woche, d. h. für sechsmalige Verabfolgung, 30 Pfg. zu zahlen. Die Kosten für die Unbemittelten werden auf Veranlassung der Schulleiter durch die Armenverwaltung gedeckt werden. Die Stadtverordnetenversammlung wird sich mit dieser beabsichtigten Maßnahme voraussichtlich bereits in ihrer nächsten Sitzung beschäftigen.
Der Mangel an Leder macht sich beim Schuhwerk immer mehr bemerkbar. Infolgedessen sind die zuständigen Behörden dazu übergegangen, Schuhe mit Ersatzsohlen aus Holz herzustellen. [...] Es wird [...] nur sehr wenigen Personen möglich sein, Schuhe mit Ledersohlen zu einigermaßen normalen Preisen (ohne Schleichhandel) zu bekommen. Die sogenannten Kriegsschuhe (mit Holzsohlen) sind in genügender Menge vorhanden und können ohne Bedarfsschein abgegeben werden. Die Bevölkerung möge sich doch dazu verstehen, zur Streckung der geringen Ledervorräte schon jetzt Schuhe mit Holzsohlen zu tragen. Eine sehr bequeme Sandale mit biegsamer Doppelholzsohle wird das Bekleidungsamt in nächster Zeit herstellen und die Geschäfte zum Verkauf bringen.

Anzeige im General-Anzeiger vom 8. Mai 1918Sammel- und Helferdienst. Sämtliche Volks- und höheren Schulen haben sich löblicherweise in den Sammel- und Helferdienst des örtlichen Kriegsausschusses der Stadt Bonn zum Besten des wirtschaftlichen Durchhaltens gestellt. Schüler sind beauftragt, Abfallstoffe jeder Art einzusammeln und an die Sammelstelle Stockenstraße 3 abzugeben. Sie sind mit Ausweisen in Form von Sammelbüchern ausgerüstet. Sammelbücher sind bisher rund 1600 Stück an Schüler ausgestellt worden. Entsprechend dem Werte der abgelieferten Sachen wird den Schülern in den Sammelbüchern durch Entwertung der Wertfelder die Vergütung gebucht und später zum Teil in bar und in Form von Lebensmitteln ausgezahlt. Auf je 10 M. Sammelwerte werden von der Sammelstelle auf Wunsch Gutscheine für Lebensmittel bis zum Werte von 2 Mark gewährt. Als Lebensmittel kommen wahlweise in Betracht: Brot, Mehl, Graupen, Marmelade und Malzkaffee. Sofern auf die Auszahlung des Wertbetrages verzichtet wird, so wird dieser einem besonderen noch zu bestimmenden Schulfonds zugeführt werden.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)

  

Anzeige im General-Anzeiger vom 8. Mai 1918Keine Ueberführung gefallener Helden. Infolge der überaus starken Inanspruchnahme aller deutschen und österreichisch-ungarischen Eisenbahnen für militärische und wirtschaftliche Zwecke und der z. Zt. bestehenden militärischen Verhältnisse können Leichenüberführungen aus den besetzten bezw. gesperrten Gebieten sämtlicher Kriegsschauplätze vorläufig nicht mehr zugelassen werden. Den Angehörigen der auf dem Felde der Ehre Gefallenen wird nochmals empfohlen, die Heimbeförderung ihrer gefallenen Helden bis nach dem allgemeinen Friedensschlusse aufzuschieben. Es wird erneut darauf hingewiesen, daß beabsichtigt ist, für spätere Ueberführungen auf allen Eisenbahnen 50 Prozent Preisermäßigung eintreten zu lassen, Gesuche, die eine Ueberführung bezwecken, müssen abgelehnt werden, da Ausnahmen nicht zugelassen werden können. Auch das Kriegsministerium muß derartigen Gesuchen die Genehmigung versagen.

Schutz gegen – Holzsandalen erbeten! Unter dem Stichwort „Bezugsscheinfrei!“ schreibt eine Mutter: Ich bedurfte für mein vierzehnjähriges Töchterchen einer Fußbekleidung. Ein Bezugsschein war nicht zu haben, also mußte es etwas „bezugsscheinfreies“ sein. Ich bekam Sandalen empfohlen: Holzsohle, durch ein Gelenk geteilt, eine Lederkappe um die Ferse, etwas Bandwerk zum Halten. Wert bei kriegsmäßiger Berechnung von Material und Arbeit 3,50 Mark, Preis 7,75 Mark! Der Kaufmann erklärte, er bekomme die Ware mit aufgestempelten Preis und könne daran nichts ändern. Jedenfalls wirkte bei mir die Verwunderung über diese neue Verkaufsmanier des mir als solide bekannten Geschäftsmannes so stark, daß ich nicht merkte, daß meine Kleine in den Besitz von zwei verschiedenen Sandalen kam: eine Kappe kantig, eine rund abgeschnitten. Der versuchte Umtausch gelang nicht: erstens waren die Sandalen eine Stunde getragen, und zweitens – sie waren so von der Fabrik gekommen. Nach 24 Stunden war uns das gleichgültig geworden, denn inzwischen war das Riemenzeug – Papierkordel – an verschiedenen Stellen völlig entzwei gerissen und wir mußten uns die Sache mit Litze usw. kunstvoll ausbessern. Man hat ja im Kriege schon mancherlei als unabwendbar ansehen gelernt. Aber ich meine doch, unsere verbundenen Schuhgeschäfte müßten in der Lage sein, sich und uns gegen solche Preise bei solcher Ware schützen zu können.

Zerstörungswut. In den Anlagen am Ausgang der Konviktstraße wurde eine Ruhebank aus dem Boden gerissen und die Rücklehne stark beschädigt. Eine in der Nähe stehende schwere gußeiserne Vase wurde von dem gemauerten Sockel heruntergeworfen. Als Täter kommen Burschen in Frage, die in den Anlagen nächtigen.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

   

Die Pfingstferien können, von den Landräten durch eine neue Verfügung der Königlichen Regierung dazu ermächtigt, auf die beiden Feiertage beschränkt und die dadurch gewonnenen Tage als besondere Ferien für die Hilfe bei landwirtschaftlichen Arbeiten, zu denen die Heranziehung der Schulkinder möglich und notwendig ist, festgesetzt werden.[...] Schulurlaub zur Hilfe bei landwirtschaftlichen Arbeiten ist, wie in den vorhergehenden Fällen, in weitestgehender Weise zu erteilen.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Aus der Rheinprovinz. Bonn“)