Sonntag, 13. Januar 1918

   

Die Kinderlesehalle Münsterschule wird Mittwoch, den 16. Januar, wieder eröffnet.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

 

Anzeige im General-Anzeiger vom 13. Januar 1918Gegen die Papiernot. Am heutigen Sonntag werden in allen größeren Städten Deutschlands Versammlungen der Buchdrucker- und Schriftgießer-Organisationen stattfinden, in denen die Folgen der Papiernot besprochen werden sollen. Die Buchdrucker und anderen graphischen Arbeiter befürchten, daß der wachsende Papiermangel sie für die Folge sehr schädigen wird, da die Beschäftigungsmöglichkeit für die Arbeiter in den einzelnen Druckereien verringert wird. Sie wollen sich an den Reichskanzler wenden und auf die Notwendigkeit der besseren Papierversorgung der Druckereien aus sozialen Gründen hinweisen.

Für 7000 Mark Leder wurde gestern nacht aus einer hiesigen Lederfabrik gestohlen.

Am Schöffengericht Bonn hatten sich am Freitag der 47jährige Pflasterer Heinrich Ko. und dessen jetzt 17jährige Tochter Ottilie von hier zu verantworten, weil sie nach einer Gerichtssitzung zwei Zeugen auf dem Heimwege schwer beleidigten und sie sogar des Meineides bezichtigten; eine Erscheinung, der Zeugen häufig ausgesetzt sind. Beide Angeklagte waren am 22. November vom Kriegsgericht zu Bonn wegen Kartoffeldiebstählen, die sie an zwei Stellen in der Gemarkung Godesberg begangen hatten, zu 1 Monat Gefängnis bzw. 30 Mark Geldstrafe verurteilt worden. Beim Ausgange aus dem Sitzungslokal riefen sie den beiden Hilfsfeldhütern Fuchs und Krutwig aus Godesberg, die als Zeugen gegen sie vernommen worden waren, zu: „Ihr Lumpen, ihr Meineidigen, ihr müßt vergehen wir Gras auf der Erde“. Als auf der Straße diese Angriffe fortgesetzt wurden, kehrten beide Zeugen sofort um und stellten beim Staatsanwalt Strafantrag. In der vorgestrigen Sitzung wurde nun den beiden Angeklagten als strafmildernd zugestanden, daß sie sich damals wegen der verhältnismäßig hohen Bestrafung in begreiflicher Aufgeregtheit befunden und daß sie ferner nachträglich ihre Entschuldigung bei den beiden Beleidigten zum Ausdruck gebracht hatten. Deshalb erachtete das Gericht ein Monat Gefängnis gegen Heinrich Ko. ausnahmsweise für eine ausreichende Sühne, während bei dessen Tochter, die damals noch jugendlich war und ihrer Beschimpfung eine weit weniger häßliche Form gegeben hatte, von einer Freiheitsstrafe abgesehen und auf eine Geldstrafe von 30 Mark erkannt wurde. Außerdem wurde den Klägern das einmalige Einrücken des Urteils in den Bonner General-Anzeiger zuerkannt. […]

Strafkammer Bonn. Die 23jährige Ehefrau des zum Heere einberufenen Richard Hi. von hier hatte im November einen von der Stadt Bonn auf sie ausgestellten Schein über Kohlenzulage dahin gefälscht, daß sie aus „drei“ Mark „dreißig“ Mark machte, und den Mehrertrag für den Ankauf von Kohlen zu erschwindeln suchte. Als sie damit an die Armenkasse kam, um das Geld zu erheben, wurde der Betrug sofort entdeckt. Das Gericht ließ im vorliegenden Falle Milde walten in Berücksichtigung ihrer gesamten Lage und erkannte gegen sie wegen Urkundenfälschung auf nur 2 Wochen Gefängnis. […]

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

  

Anzeige im General-Anzeiger vom 13. Januar 1918An die Frauen Bonns! Wenn auch die Weihnachtstage vorüber sind, so habt Ihr Bonner Frauen hoffentlich doch den köstlichen Schatz der Liebe, den die Weihnacht in Euren Herzen entzündet hat, mit hinübergenommen in das neue Jahr. An Euch geht der Ruf, Herzen und Hände zu öffnen, um von Eurem Reichtum abzugeben. Zunächst wende ich mich da an Euch, Ihr Mütter Bonns. Versetzt Euch in Gedanken zurück in die Zeit, als Ihr für Euren Erstgeborenen all die kleinen Sachen, Windeln, Jäckchen, Hemdchen, all das zierliche Zeug genäht habt zu einer Zeit, als die Stoffe dafür noch reichlich zu kaufen waren. Laßt von der Liebe, die Ihr damals empfandet, überströmen auf die heutigen jungen Mütter, die es so schwer haben, denen das Notwendigste fehlt. Geht an Eure Leinenschränke, sie sind noch heute der Stolz der Hausfrauen. Tretet Ihr mit Gedanken der Liebe an Eure Schätze, so findet sich ganz sicher ein Stück, das Ihr entbehren könnt; hier ein Bettuch, dort eidn paar Servietten, die entbehrlich geworden sind, sich aber zu Windeln eignen, ein Herrenhemd, ein enger Unterrock, alte Taschentücher und vor allen Dingen Kleinkinderwäsche. Alles, was weiß ist oder wärmt, kann verwendet werden. Nehmt es heraus und legt es zurecht; in der „Weißen Woche“ vom 12. bis 21. Januar werden Sammlerinnen in jedes Haus kommen, die die Sachen abholen und zur Sammelstelle bringen. Unendlich groß ist die Not für die kleinen Wesen; ein großer Mensch kann sich einschränken mit dem, was er hat, aber das Neugeborene bringt nichts mit auf die Welt und sollte gerade heute, wo es Ersatz zu schaffen gilt für all die Menschenleben, die der Krieg gefordert hat, doppelt gehegt und gepflegt werden. Das kleine Menschenkind kann Wärme und Behaglichkeit nicht entbehren, wenn es gedeihen soll, deshalb ist es notwendig, daß jeder gibt, was er irgendwie entbehren kann. Wenn dann später die Fahnen den Frieden verkünden, dürfen auch wir Frauen die Gewißheit haben, daß wir mitgeholfen haben, den Sieg zu erringen, nicht den Sieg durch Kampf und Tod, sondern den über uns selbst, der notwendig ist, wenn wir Altgewohntes und Liebgewordenes zum Wohle des Vaterlandes opfern müssen. C. v. Z.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Aus der Rheinprovinz. Bonn“)