Mittwoch, 12. Dezember 1917

      

Anzeige im General-Anzeiger vom 12. Dezember 1917Die Kleingeldknappheit. Man schreibt uns: Durch die Tageszeitungen ging die Notiz, daß alles Nickelgeld eingezogen würde. Die Nachricht ist unwidersprochen geblieben, und da sich auch schon wieder starke Knappheit an 10- und 5-Pfennig-Stücken bemerkbar macht, wäre es wohl angezeigt, daß sich die Stadtväter über eine erhöhte Neuauflage der 10- und 5-Pfennig-Stücke schnell schlüssig würden. Daß die Handelskammer schon längst eine weit größere Menge von 50-Pfennig-Scheinen hätte herausgeben müssen, wird nicht bestritten werden können. Zustände wie im vorigen Jahr mit zerrissenen und beschmutzten Briefmarken möchte doch niemand wieder haben. Zugleich möchte ich noch erwähnen, daß das Kupfergeld, das vor dem Kriege in Preußen kaum noch Kurs hatte, jetzt zu großer Beliebtheit gelangt ist, die Gründe liegen ja auf der Hand. Da sollte nun in Schule und Haus eifriger darauf gesehen werden, daß die Sparkassen der Kinder kein gemünztes Geld enthalten. Unsere kleinen Scheine tun dieselben Dienste, und wer klug ist, gibt überhaupt seine Ersparnisse in runden Markbeträgen der Sparkasse.
   Die weitere Ausgabe von Kriegsnotgeld steht bereits auf der Tagesordnung der übermorgigen Stadtverordnetensitzung.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

    

Tannenbäume sind Gegenstände des täglichen Bedarfs. Um Preistreibereien auf dem Tannenbaummarkt zu verhindern, erklärt das Kriegswucheramt, daß Tannenbäume für die Weihnachtsfeier als Gegenstände des täglichen Bedarfs im Sinne der Preiswucherverordnung anzusehen sind.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

Bonner Kohlenversorgung. Was hat es für einen Wert, daß die Stadt Bonn Kohlenkarten und einzelne Kohlenmarken verteilen läßt, aber nicht dafür sorgt, daß man für die Marken auch sein Quantum Kohlen bekommt. Dann wäre es doch richtiger, die Kosten für das Drucken der Karten zu sparen.
    Schreiberin dieses konnte im November für ihre Marken, trotzdem sie 3 Wochen beim Kohlenhändler lagen, keine Kohlen bekommen und jetzt im Dezember soll sie anscheinend wieder nichts erhalten. Der eine Kohlenhändler hat keine Leute, um sie zu überbringen, ein anderer hat keine hat keine Kohlen, ein dritter nimmt keine Kunden mehr an, ein vierter darf nichts verkaufen usw. Dazu erklärt die Stadt schließlich noch die Marken für verfallen.
   Was ist da zu machen und wo soll es hin, wenn es den ganzen Winter so weiter geht? Damit soll man im Krieg und bei größter Kälte durchhalten und aushalten? Es wäre ratsam, einen bestimmten Kohlenhändler anzuweisen, der die Kohlen zu liefern hätte, ähnlich wie bei Lieferung von Butter, Fett und Eiern. Außerhalb Bonns scheint es viel günstiger mit der Kohlenversorgung bestellt zu sein. In Cöln haben die Leute für den ganzen Winter ihren Kohlenbedarf im Keller und auch anderweitig hört man, daß es besser bestellt ist. Nur Bonn läßt seine Bürger in diesem Punkte im Stich. Dringende Abhülfe tut not. Im Namen vieler Bonner Bürger.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)

   

Zur Kohlenversorgung. Die Versorgung mit Brennmaterial in Bonn ist z. Zt. derartig schlecht, daß es ausgeschlossen erscheint, den einzelnen Haushaltungen für den Monat Dezember die zustehenden 4 Zentner Kohlen oder 5 Zentner Briketts zu beschaffen. Im Monat November sind einem großen Teil der Haushaltungen die 4 Kohlenkarten für den Monat faul geworden, weil es unmöglich war, Briketts oder Kohlen zu bekommen. Die Leute haben sich mit Brennholz, welches per Zentner mit 8, 9 und 10 Mark verkauft wird, ausgeholfen. In diesem Monat hat noch kein einziger Kohlenhändler seinen Auftrag an die zur Lieferung zuständige Stelle weitergeben können, da die Ortskohlenstelle die Bestellungen, welche nach Verfügung des Reichskommissars für die Kohlenverteilung abgestempelt sein müssen, abgestempelt hat und zwar aus dem Grunde, weil der Reichskommissar der Stadt Bonn nur ein Quantum von 8800 Tonnen für die Monate November, Dezember und Januar zugeteilt hat. Dieses zugebilligte Quantum entspricht dem Verbrauch von 2 Händlern und in Bonn hat man deren 62. Die Ortskohlenstelle steht nun in fortwährendem Schriftwechsel mit dem Reichskommissar, jedoch ziehen sich diese schriftlichen An- und Rückfragen bekanntlich immer sehr in die Länge und die arme Bevölkerung muß nun obendrein noch frieren.
   Die jetzigen Zustände sind unhaltbar, wenn nicht schnellstens Abhilfe geschaffen wird. Täglich sieht man große Ansammlungen bei einzelnen Kohlenhändlern, die noch etwas Vorrat haben und die Leute müssen oft stundenlang warten, bis sie zuletzt 1 Zentner Kohlen oder 1¼ Zentner Briketts bekommen. Die Wanderungen mit Handwagen, Kinderwagen und dergleichen kann man täglich in der Stadt beobachten und ist es doch ein Jammer, wenn Frauen, die Nachts in den Fabriken in Troisdorf und Siegburg gearbeitet haben und der Ruhe dringend bedürfen, nun noch stundenlang, oft sogar die ganze Zeit, welche ihnen zum Schlafen nötig ist, auf die Jagd nach Brennmaterial gehen müssen. Dazu kommt noch, daß nicht jeder einen Handwagen oder sonstiges Transportgerät besitzt, zum Leihen eines Handwagens ihre Zeit opfern und für einen Handwagen, den sie schließlich erwischt haben, pro Stunde 20 bis 50 Pfg. Leihgebühr bezahlen müssen.
   In der damaligen Reichstagssitzung erklärte der Reichskommissar, daß für den Hausbrand für die Bevölkerung ausreichend gesorgt sei. Dies trifft aber keinesfalls für Bonn zu. Es wäre doch wohl angebracht, hier umgehend Abhilfe zu schaffen und an der zuständigen Stelle in Berlin jemand vorstellig würde. Wenn nicht die Leute zu Weihnachten in kalten Räumen sitzen sollen, so wäre schnelle Abhilfe hier dringend am Platze.
   Die Lebensmittelversorgung in Bonn klappt doch. Da gibt es nicht nur Karten, sondern auch etwas für die Karten. Vielleicht lassen sich die Herren der Ortskohlenstelle einmal von ihren Herren Kollegen im Lebensmittelamte erzählen, wie solche Rätsel zu lösen sind. Eine Belehrung in dieser schweren Zeit soll man nicht von der Hand weisen. Einer, der nicht gern im ungeheizten Zimmer sitzt.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Stimmen aus dem Leserkreis“)