Mittwoch, 14. November 1917

 

Anzeige im General-Anzeiger vom 14. November 1917Aus dem städtischen Lebensmittelamt. Die Belieferung der Stadt mit Kartoffeln geht jetzt flott voran. Die Stadt hat bald ihren gesamten Winterbedarf in den Mieten und städtischen Kellern eingelagert. Die Haushaltungen haben jedoch von der gebotenen Möglichkeit, Kartoffeln einzukellern, recht wenig Gebrauch gemacht; denn nur insgesamt 22.000 Zentner sind in die Häuser gebracht worden, während es doch eigentlich 70.000 Zentner sein müßten. In der nächsten Woche werden wieder drei Pfund Kartoffeln als Brotersatz auf Warenkarte ausgegeben, ferner werden von nächster Woche ab auch wieder auf die Kartoffelkarte sieben Pfund ausgegeben, ohne daß eine Vorentnahme möglich ist. Alle Vorstellungen auf eine Mehrzuweisung von Kartoffeln, die von der Stadt erhoben und durch den Regierungspräsidenten unterstützt worden sind, scheinen sich nicht zu verwirklichen. Die Reichskartoffelstelle will erst völlige Klarheit über das wirkliche Ergebnis der Kartoffelernte haben. Die letzte Aufnahme ist so schlecht ausgefallen, daß sie der Ernte unmöglich entsprechen kann, es ist deshalb eine Nachprüfung angeordnet worden. […]
   Infolge der Verkehrsschwierigkeiten war in der letzten Zeit in den Geschäften der Altstadt eine gewisse Knappheit an Zucker vorhanden. Sie ist jetzt vollständig beseitigt, die Geschäfte konnten wieder reichlich beliefert werden. […]
   In der nächsten Woche wird wieder mit dem Verkauf von Altkleidern und Schuhen in der städtischen Altkleiderstelle an der Gangolfstraße begonnen werden. […]
   Der städtische Lebensmittelausschuß hat sich auch mit der Frage der öffentlichen Bewirtschaftung gebrauchter Möbel beschäftigt, er wird mit entsprechenden Maßnahmen demnächst an die Oeffentlichkeit treten. Auf diesem Gebiete ist schon seit Monaten eine ungeheure Preistreiberei zu beobachten und das Bestreben einzelner, sich große Mengen gebrauchter Möbel zu sichern, um sie bei noch weiter steigenden Preisen mit großem Nutzen zu verkaufen. […]

Die zum Kriegsdienst einberufenen städtischen Beamten, Angestellten und Arbeiter sollen in diesem Jahre wieder Weihnachtsgaben von der Stadt erhalten. Bei der Stadtverordnetenversammlung werden dafür 4500 M. gefordert. Es sollen berücksichtigt werden Mannschaften (Gemeine und Gefreite) mit Ausnahme der in Bonn dienenden, ferner Feldwebel, Offizierstellvertreter und Unteroffiziere, soweit sie sich an der Front oder in den besetzten Gebieten befinden.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

 

Die ersten Muscheln wurden gestern morgen am städt. Verkauf auf dem Wochenmarkt zum Preise von 15 Pfg. für das Pfund verkauft. Der Andrang zu der Verkaufsstelle war groß. Allgemein spricht man die Hoffnung aus, daß auch in Zukunft nur die Muscheln selbst und nicht wieder, wie im Vorjahre, sogenanntes Muschelfleisch oder Muschelwurst verkauft wird.

Das Schöffengericht. […] – In der Verhandlung gegen drei Frauen aus Köln, welche sich im Juni im Landkreise Bonn einige Pfund Kartoffeln bei Bauersleuten käuflich erworben hatten und dafür nach der unerbittlichen Gesetzesvorschrift bestraft werden mußten, machte der Vorsitzende die interessante Bemerkung: „Ja, da können wir nicht im geringsten etwas dagegen tun. Von den zur Anzeige gebrachten Uebertretungen der Kriegsverordnungen haben wir hier von dieser Stelle aus allein schon 1500 derartiger Fälle bisher aburteilen müssen und bei der Königlichen Staatsanwaltschaft Bonn lagen bis Ende Oktober schon wieder 4000 neue Sachen dieser Art vor.“ […] – Der 50jährige Ackerer Wilhelm Na. von hier war mit 2 Monaten Gefängnis bestraft worden, weil er im Juli dieses Jahres die Schlachtung von zwei Schweinchen vorgenommen hatte, ohne die schriftliche Erlaubnis des Oberbürgermeisters hierzu gehabt zu haben. Der Angeklagte machte geltend, daß er als Schwerarbeiter die kurz vorher gekauften Schweinchen, welche zusammen nur 70 Pfd. wogen, für sich und seine starke Familie dringend benötigt habe. Seine Verteidigung wies darauf hin, daß, da das Schlachten von Spanferkeln bis zu 30 Pfund gesetztlich erlaubt sei, der Angeklagte nur mit je 5 Pfund das Höchstgewicht überschritten habe. Die Wohlfahrt des Landes sei damit nicht geschädigt worden, vielmehr habe es im Interesse des Vaterlandes gelegen, um dadurch Futter zu sparen. Das Gericht ermäßigte die Strafe auf 1 Monat Gefängnis. […]

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

     

Vortragsabend: Wir möchten hierdurch auf den heute Mittwoch abend 8¼ Uhr auf Einladung des „Ortsvereins zur Bekämpfung der öffentlichen Unsittlichkeit“ im Katholischen Vereinshaus, Josefstraße 46, stattfindenden Vortragsabend nochmals ganz besonders hinweisen. Herr Bundesdirektor Pastor Stuhrmann aus Godesberg hat seit Jahren Gelegenheit gehabt, auf seinen vielen Reisen durch ganz Deutschland Einblicke in unser Volksleben zu gewinnen: der 2. Redner, Herr Garnisonspfarrer Radermacher aus Cöln-Deutz hat aus der Seelsorge unter unserer waffenfähigen Männerwelt reiche Erfahrungen schöpfen können. Männer und Frauen aller Stände sind zu diesen Vorträgen herzlich und dringend eingeladen. Der Eintritt ist frei.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)