Sonntag, 21. Oktober 1917

     

Anzeige im General-Anzeiger vom 21. Oktober 1917Zehn Munitionsarbeiterinnen senden uns folgendes Schreiben: In Ihrer geschätzten Zeitung haben Sie wiederholt rühmend hervorgehoben, daß mehrere junge Damen der gebildeten Stände, meist Studentinnen, sich als einfache Arbeiterinnen für Munitionsherstellung haben anwerben lassen. Auch uns hat es gefreut, daß unser Vorgehen Nachfolge gefunden hat. Wir dürfen sagen: Unser Vorgehen, denn seit einem halben Jahre sind wir auf Veranlassung der Vaterländischen Frauenvereins bei der hiesigen Zweigstelle des Feuerwerk-Laboratoriums Siegburg als Arbeiterinnen tätig. Davon viel Aufhebens zu machen, fanden wir uns nicht veranlaßt, war es doch nur die Erfüllung einer Pflicht. Das Vaterland rief. So hoffen und wünschen wir denn, daß noch viele weitere folgen mögen.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)

       

Antrag auf Schließung der Fortbildungsschule. Stadtv. M. Schmitz stellte namens seiner Freunde folgenden Antrag mit der Bitte, ihn auf die Tagesordnung der nächsten Stadtverordneten-Versammlung zu setzen:
„Stadtverordneten-Versammlung wolle beschließen, die Verwaltung möge baldigst Schritte tun, um die Schließung der Fortbildungsschule herbeizuführen, eventl. den ältesten Jahrgang sofort zu entlassen.“

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

       

Geschäftszeit. Der Handels- und Gewerbeverein ersucht die Handel- und Gewerbetreibenden Bonn’s dringend, vom 1. November ab die Geschäfte an allen Wochentagen, außer Samstags und Montags, nur in der Zeit von 8½ Uhr vormittags bis 6 Uhr nachmittags offen zu halten.

Anzeige im General-Anzeiger vom 21. Oktober 1917Ueber 7 Millionen Bücher und Schriften hat die Zentrale des Borromäus-Vereins in Bonn als Sammelstelle zur Versorgung von Lesestoff für die Truppen im Felde und in den Lazaretten während der drei Kriegsjahre, vom 1. August 1914 bis 1. August 1917, versandt. Wie sich die Zentrale eine solch erfreuliche Fülle beschaffen konnte? 853.060 wurden ihr geschenkt; die Reichsbuchwoche von 1916 stellte dabei den Löwenanteil – 6.27.529 aber mußte sie mit einem Kostenaufwand von 162.173,27 Mark erwerben. Nun sind keine Barmittel mehr verfügbar und auch ihr Vorrat an Büchern und Schriften ist in kurzer Zeit erschöpft, aber in Feld, Lazarett und Gefangenenlager ist der Bedarf an Lesestoff keinesfalls gedeckt. Im Gegenteil, die Zentrale wird alltäglich – es ist dies buchstäblich zu verstehen – aufs Dringendste um Schriften ersucht! „Sie tun ein unbeschreiblich gutes Werk“, die Leute „lechzen förmlich nach Lesestoff“: „es ist so wichtig, immer wieder eine geistige Auffrischung zu gewinnen“, so wird uns stets aufs neue geschrieben. Und so geht denn an alle vaterländisch Gesinnten, vorab aber an unsere Gönner, Mitglieder und Freunde, der flehendliche Ruf: Helft uns also, schickt uns, was immer Ihr an Büchern und Schriften entbehren könnt. Aber auch Geldspenden sind freudig willkommen: etwa hier und da einmal wieder der Gewinn vom Skat- oder Kegelabend oder eine Sammlung am Stammtisch oder im Kränzchen oder sonst bei passender Gelegenheit, die sich namentlich dann bietet, wenn in gehobener Stimmung die Herzen besonders gebefreudig sind. Den Lesestoff schicke man an die Zentrale des Borromäus-Vereins in Bonn, Wittelsbacherring 9, die Geldspenden überweise man durch Zahlkarte ihrem Konto 15205 bei dem Postscheckamt Köln.

Anzeige im General-Anzeiger vom 21. Oktober 1917Gold oder Edelsteine zu tragen, während weite Kreise trauern und darben, ist unwürdig. Es stört die Eintracht und die Entschlossenheit zum Durchhalten. Das Gold gehört unbedingt auf die Reichsbank, um ihre Goldrüstung zu stärken, die Edelsteine werden im neutralen Auslande heute teurer als früher bezahlt und verbessern den Stand unserer Währung. So erzielte jüngst ein Schmuck, der auf 550 Mark geschätzt war, 684 Mark, ein anderer 6732 statt 5500, ein Brillant 316 Mark, 66 Mark über der Schätzung. Die Verkaufsstelle am Münsterplatz (Rhein.-Westf. Diskontogesellschaft) wird gern den Verkauf vermitteln.

Vom Vorgebirge schreibt man uns: In den letzten Tagen ist durch die „Mitteilungen an die Präsides“ an die Präsides ein merkwürdiges Anliegen gestellt worden, nämlich unter den Mitgliedern der Jungfrauenvereine für die Teilnahme an der Munitionsfabrikation zu werben. Was soll man dazu sagen? Vom seelsorgerischen Standpunkte möchte man am liebsten mit aller Entschiedenheit dagegen wirken. Denn das dürfte doch nicht zu bestreiten sein, daß die Mädchen dort manchen Gefahren für Leib und Seele ausgesetzt sind. Was nun die Gefahren für die Seele anlangt, so ist in den „Mitteilungen“ gesagt, daß alles, was geschehen kann, um diese Gefahren auf ein möglichst geringes Maß zu reduzieren, wirklich geschehen sei. Die Versicherung, daß der Hochwürdigste Herr Erzbischof seine Zustimmung für diese Werbetätigkeit erklärt habe, muß doch wohl hinreichende Bürgschaft dafür sein, daß die Arbeit bei der Fabrikation von Munition nicht mehr als nächste Gelegenheit zur Sünde zu betrachten ist. Und was nun die Gefahren für den Leib angeht, so kann man nach den vielfachen Erfahrungen dieselben nicht unbedingt in Abrede stellen. Soll man sich deshalb abhalten lassen, das zu tun, was für unsere Brüder im Felde durchaus notwendig ist? Was soll aus diesen werden, wenn die Waffen fehlen? Was würden unsere heimkehrenden Krieger sagen, wenn ihnen durch Mangel an Munition der schon nahe Sieg aus den Händen gewunden würde? Könnten unsere Jünglinge Jungfrauen noch hochachten, die aus feiger Furcht so ganz im Interesse unserer Feinde gehandelt haben? Wir meinen deshalb, es sei Pflicht, an dieser vaterländischen Tätigkeit Teil zu nehmen, auch für solche Jungfrauen, die sonst nicht darauf auszugehen brauchen, eine solche Gelegenheit zu reichem Lohne sich zu Nutze zu machen. Im Tagelohn arbeiten mag ja sonst nicht besonders ehrenvoll sein: aber höchst ehrenvoll ist es, für das Vaterland sich aufzuopfern.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)

In Nr. 386 der Reichszeitung wird mitgeteilt, daß der Kohlenausschuß der Stadt Bonn beschlossen hat, die Kirchen bis zum 15. November nicht mehr mit Brennstoff zu beliefern, wohl aber soll es Theater und Kinos gestattet sein, Brennstoff zu beziehen. Ein seltsamer Beschluß! Man sollte doch den Kirchen in dieser Beziehung mindestens das zubilligen, was man den beiden anderen genannten Anstalten gewährt, und zwar aus folgenden Gründen: 1. Die Kirchen sind meist wegen ihrer Lage und Bauart mehr der Kälte ausgesetzt als Kinos und Theater. 2. Die Kirchen dienen dem höchsten Zwecke der Gottesverehrung, Kinos und Theater wesentlich der Unterhaltung und Bildung. 3. Zum Besuch der Kirche ist jeder katholische Christ unter schwerer Schuld verpflichtet; der Besuch des Kinos und Theater ist ins Belieben gestellt. 4. Der Gottesdienst in unseren Kirchen beginnt am frühen Morgen, um oder vor 6 Uhr, also zur Zeit, da sich die Kälte sehr bemerkbar macht; Kinos und Theater werden dagegen meist nachmittags oder abends besucht. 5. Mit besonderer Rücksicht auf die Schuljugend sollten die Kirchen bei kaltem Wetter geheizt werden. Jeder, der die vielen dürftig gekleideten und mangelhaft ernährten Schulkinder betrachtet, die am Morgen pflichtgemäß der Schulmesse beiwohnen, muß wünschen, daß der Kohlenrat den Kirchen das Heizen ermöglicht. Es sei zugegeben, daß bei den Andersgläubigen das Bedürfnis zum Heizen der Kirchen geringer ist, da die zugrundeliegenden Verhältnisse verschieden sind. Daß der genannte Beschluß mit 8 gegen 1 Stimme erfolgt ist, legt den Gedanken nahe, daß Katholiken im Kohlenrat nur mit einer Stimme vertreten sind, was aber, wie wir in Erfahrung gebracht haben, nicht zutrifft.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Stimmen aus dem Leserkreis“)