Montag, 15. Oktober 1917

     

Im Großen Hauptquartier am 70. Geburtstag Hindenburgs. Im Stadttheater, das bis auf den letzten Platz besetzt war, erzählte gestern abend Dr. Koernicke, der Bürgermeister der Stadt, in der sich seit längerer Zeit das Große Hauptquartier befindet, überaus fesselnd, wie Hindenburgs 70. Geburstag im Hauptquartier selbst gefeiert wurde. Der Redner, bekanntlich ein Bonner, kennzeichnete kurz, aber treffend und packend die machtvolle Persönlichkeit und die Bedeutung Hindenburgs und betonte, mit welcher Liebe und Zuneigung die Bürgerschaft seiner Stadt an dem Feldmarschall hänge. Die ganze Stadt sei prächtig geschmückt gewesen, eine unabsehbare Menschenmenge aus Stadt und Land habe vom frühen Morgen bis zum späten Abend die Straßen belebt. Als erster beglückwünschte der Kaiser den Feldmarschall. […] Dr. Koernicke erwähnte die einfache Lebensweise im Großen Hauptquartier und daß auch der Kaiser sich mit der jedem deutschen Bürger zustehenden Brotmenge begnüge. Der Kaiser sei in den drei Kriegsjahren schneeweiß geworden, aber seine lebhaften Augen, sein zwar schmäler gewordenes, aber jugendfrisches, gebräuntes Gesicht seien voller Tatkraft. […] Bürgermeister Dr. Koernicke stellte dann dem Hindenburggeist, der so große Erfolge aufzuweisen hat und uns den endgültigen Sieg und dauernden, glücklichen Frieden verheißt, den Geist der Zwietracht gegenüber, der als sog. Friedensgeist unser Volk zu entzweien droht. […] Jetzt gebietet die Stunde, der 7. Kriegsanleihe wieder zu einem gewaltigen Erfolge zu verhelfen. Näher dem Frieden bringt uns die gewappnete Faust, die Hindenburg verkörpert, und die deutsche Kraft auch in finanzieller Hinsicht. Die letzten silbernen Kugeln, die den Krieg entscheiden sollen, müssen und werden auf unserer Seite sein. Der Redner schloß mit einem dreifachen Hurra auf den auf den Retter Ostpreußens, den Helfer und Beschützer unseres Vaterlandes, den Sieger in diesem Weltkriege. Die Zuhörer stimmten begeistert in die Hurrarufe ein und brachten dann dem Bürgermeister Dr. Koernicke minutenlange Beifallskundgebungen dar, die sich mehrmals wiederholten, als er sich an die Brüstung einer Loge zeigte. […]

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

       

Die Kgl. Eisenbahndirektion Köln macht bekannt, daß wegen der fortgesetzt steigenden Wagenknappheit zur Beschleunigung des Wagenumlaufs auch an Sonn- und Festtagen Wagenladungen entladen und beladen werden müssen.

Das Kapellenfest zu Ehren der hl. Märtyrer Cassius, Florentius und Malusius wurde gestern in Endenich in einer der ernsten Zeit entsprechenden Weise gefeiert. Gegen 9½ Uhr morgens bewegte sich eine Prozession, an der u. a. der Kirchenvorstand, die kirchliche Gemeindevertretung, die Schulkinder, die kirchlichen und weltlichen Vereine usw. teilnahmen, von der Endenicher Pfarrkirche aus nach der Märtyrer-Kapelle am Kreuzberge, woselbst um 10.15 Uhr ein feierliches Hochamt zelebriert wurde. Nachmittags fand dann die kirchliche Feier in üblicher Weise statt. Gegen 5½ Uhr abends bewegte sich eine gegen sonst verhältnismäßig kleine Prozession von der Märtyrer-Kapelle aus nach der Pfarrkirche in Endenich, wo die Schlußfeier stattfand. Von der sonst üblichen Beleuchtung der Kirche und der Häuser, dem Abbrennen von Feuerwerk und dem Mitführen von Lampions in der Prozession hatte man auf Wunsch der Geistlichkeit diesmal Abstand genommen, was zur Folge hatte, daß die in Friedenszeiten sehr große Zahl von Zuschauern in der Nähe der Kirche stark beschränkt war.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)