Montag, 1. Oktober 1917

     

Anzeige im General-Anzeiger vom 1. Oktober 1917Der Westerwaldverein (Hauptverein) hat gestern in Bonn eine Vertreterversammlung abgehalten, zu der Mitglieder von 12 Ortgruppen und Untervereinen erschienen waren. Landrichter Eichhoff aus Neuwied, der die Verhandlungen leitete, wünschte in seiner einleitenden Ansprache einen deutschen Frieden, kennzeichnete Wilsons dummdreiste Anmaßung und gedachte mit herzlichen Worten unserer Kämpfer zu Lande, zu Wasser und in der Luft sowie ihrer Führer und des Kaisers. Es wurde berichtet, daß der Verein über ein in Kriegsanleihe angelegtes Vermögen von 22.000 M. verfügt und auf dem Salzburger Kopf einen für den Turmbau bestimmten Landbesitzt von 51,35 Ar hat. Die Zahl der Ortsgruppen und Untervereine hat sich während des Krieges nicht verändert, ihre Arbeit hat sich aber auf das Notwendigste beschränken müssen. Die Schüler- und Lehrlingsherbergen auf dem Westerwald waren, wie in den vorhergegangenen Kriegsjahren, auch in diesem Sommer nicht geöffnet. Es wurde angeregt, im nächsten Jahre die Herbergen offen zu halten, ein endgültiger Beschluß darüber aber der nächsten Ausschußsitzung überlassen. In dem Bericht über den deutschen Touristentag in Eschwege wurden die Ortsgruppen u. a. darauf hingewiesen, daß die Militärbehörde das Jugendwandern unterstütze und daß nach Friedensschluß Baracken sowie Matratzen und Decken für Jugendherbergen abgegeben werden könnten. […]

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

     

Die gestrige vaterländische Versammlung im Bürgerverein war überaus gut besucht. Oberbürgermeister Spiritus begrüßte die Anwesenden und führte aus, der zahlreiche Besuch der Versammlung, die der Werbung für die 7. Kriegsanleihe gelte, lasse hoffen, daß auch diese Anleihe in Bonn wie die bisherigen, womöglich noch höher gezeichnet werde. Denn die Bonner Bürgerschaft denke und empfinde vaterländisch. Wie könne es auch anders bei einem Rheinländer sein, der im schönsten Teile unseres Vaterlandes wohne. Es komme aber nicht nur auf das Denken, sondern jetzt in erster Linie auch auf das Handeln an. Dies müsse sich zeigen zunächst in dem Zeichnen der Kriegsanleihe. Vaterländisch handeln müsse man auch in dem Sinne, daß man die Beschwernisse der Zeit mit Opfermut ertrage. Mit stolzer Genugtuung könne er der Bonner Bürgerschaft nachsagen, daß unsere Stadt im treuen Durchhalten mit in der ersten Reihe aller Städte stehe. Schließlich gelte es, vaterländisch zu handeln gegenüber denjenigen, die Unzufriedenheit und Unentschlossenheit zu erregen suchten. Die Bürgerschaft dürfe sich nicht bange lassen machen und sie werde es nicht tun, davon sei er fest überzeugt. Mit Zuversicht müsse man vorwärts schauen. Vor uns liege unser Vaterland, bestrahlt von der Morgenröte einer glückverheißenden Zukunft. Justizrat Falk aus Köln entwarf mit lebendigen Schilderungen ein Bild der Begeisterung unserer Kriegsfreiwilligen. Sie alle trotzen dem gewaltigen Ansturm unserer Feinde und schützten mit ihrem Blut unsere Gauen. Und heute wieder vereinigt sich das deutsche Volk in alter Treue um seinen Kaiser, von dem es Wilson zu trennen suchte. Voll Zuversicht könne unser Volk in die Zukunft blicken. Die Fronten stehen fest und die Ernährung ist gesichert. Auch die Stimmung im Volke ist eine gute. Zwar wehen nicht mehr wie im Anfange die Fahnen in unseren Straßen, aber an die Stelle der jubelnden Zuversicht ist ernste Stille und unüberwindliche Beharrlichkeit getreten. Der Wille zum Durchhalten ist Gemeingut des deutschen Volkes geworden. Mögen auch die Parteien teilweise mit einander streiten, die Losung der Stunde ist dennoch: Kampf und Sieg. Das deutsche Volk ist standhaft und treu, einig und geschlossen, zielbewußt und fest. Reichstagsabgeordneter Kuckhoff zeigte der Zuhörerschaft in fesselnder Schilderung die aus sich geborene Entwicklung Deutschlands in den mannigfachsten Beziehungen und belehrte sie darüber, wie aus diesem Vorrang Deutschlands heraus sich der Beruf gebildet habe, die Führerschaft in der Welt zu übernehmen. Und um diese Führerschaft zu sichern, gelte es, den gewaltigen Kampf zu Ende zu führen. Englands Vorherrschaft müsse gebrochen werden, sonst sei all das Ringen umsonst. Nicht wie England die Freiheit auffasse, wolle sie Deutschland verstanden wissen. Deutschland wolle frei sein, ohne die anderen zu knechten. In diesem Sinne sind wir noch heute zum Frieden bereit, zum Kampfe entschlossen. Beide Redner zeigten am Schlusse ihrer mit großer Aufmerksamkeit und reichem Beifall aufgenommenen Ausführungen, daß es heute unsere Pflicht gegenüber dem Vaterland sei, ihm durch Zeichnung der 7. Kriegsanleihe die Mittel an die Hand zu geben, um die angegebenen herrlichen Ziele zu erreichen. […] Die Stimmung der Versammlung fand ihren Ausdruck in dem am Schlusse mit zuversichtlicher Begeisterung gesungenen Liede, Deutschland, Deutschland über alles!

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)