Samstag, 19. Mai 1917

    

Das „Verhör“. Die Bevölkerung muß sich endlich daran gewöhnen, daß ihre Ansprüche, die sie zu Friedenszeiten an die Aufmachung des äußeren Menschen zu stellen gewohnt war, in diesen Zeiten der Bekleidungsknappheit auf ein ganz geringes Maß zurückgeschraubt werden müssen. Der oft heißersehnte Bezugsschein kann daher nur dann ausgestellt werden, wenn ein eingehendes Verhör über die noch vorhandene Bekleidung die Notwendigkeit der Anschaffung ergeben hat. Dadurch sieht manch einer seine sorgsam gehüteten Kleider-Geheimnisse mit grausamer Hand an das Licht des Tages gezogen. Und doch erfüllen die hiermit betrauten Beamten nur ihre Pflicht; sie müssen sich genau an die Bestandsliste der Reichsbekleidungsstelle halten, wenngleich sie häufig viel lieber dem stürmischen Drängen der Antragssteller nachgeben würden. Denn stürmisch geht es manchmal auf dem Bekleidungsamt zu. Manche versuchen es, durch die Gewalt ihres Redestroms das gefühllose Herz des Beamten zu erweichen. In solchen Fällen haben die Angestellten, deren Aufgabe ohnehin nicht leicht ist, einen schweren Stand. Sie haben die Anweisung, weitgehende Rücksicht auf alle zu üben, die manchmal längere Zeit auf die Ausfertigung des Bezugsscheines waten müssen. Aber ihre Geduld wird doch manchmal einer starken Belastungsprobe unterworfen, wenn sich der Antragsteller allen sachlichen Zureden gegenüber unzugänglich erweist. Ohnehin sucht das Bekleidungsamt, die scharfen Bestimmungen der Reichbekleidungsstelle zu mildern, soweit dies innerhalb des Rahmens der Vorschriften irgendwie zulässig ist. Eine Ausfertigung über diesen Rahmen hinaus wird auch durch die größten rednerischen Künste nicht zu erreichen sein. So ergeben sich zwei Verhaltungsmaßregeln, die alle die es angeht, beherzigen mögen:
   Man trete an die Bezugsscheinausgabestelle nur mit solchen Forderungen heran, die man angesichts der bestehenden Bestimmungen und der Zeitlage vor sich selbst verantworten kann, und begründe das, was man als dringend notwendig verlangen zu können glaubt – kurz und bündig.

Kaninchen und Hühner hatten im Januar und Februar vier junge Burschen aus Bonn auf ausgedehnten Streifzügen im Westerwald und im Kreise Rheinbach in größerem Umfang gestohlen. Sie waren von der Bonner Kriminalpolizei festgenommen worden, als sie mit einer Beute von neun Hühnern und elf Kaninchen aus Morenhoven nach Bonn zurückkehrten. Bei ihren Raubzügen waren sie mit Dolchen und Revolvern bewaffnet. Die Strafkammer des Landgerichts verurteilte sie gestern wegen Bandendiebstahls zu Gefängnisstrafen von drei und zwei Jahren, sechs und vier Monaten, außerdem die Mutter und die Schwester des einen Burschen wegen Hehlerei zu acht und sechs Monaten Gefängnis.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)

     

Kinos. In den Lichtspielen wird der fünfte amtliche Kriegsfilm: „Hinter der Ostfront“ vorgeführt. Im Brennpunkt dieses Films steht die Gestalt unseres Hindenburg. Der Film macht uns zugleich mit der ostpreußischen Landschaft bekannt und den historischen Stätten der Russenkämpfe. Außerdem wird ein Drama „Das Zechenkind“ und ein neuer Lungfilm „Rosa Pantöffelchen“ gezeigt. [...]

Die hauswirtschaftliche Kriegshilfe (Nationaler Frauendienst) veranstaltet im Einvernehmen mit dem städtischen Bekleidungsamt wieder eine Sammlung von Stoffresten aller Art, damit auch die kleinsten Abfälle bei dem jetzigen Stoffmangel einer neuen Verwertung zugeführt werden können. Es ist daher im eigenen wie im vaterländischen Interesse Pflicht jeder Hausfrau, nach Kräften zu der Sammlung beizutragen. Die Sammelstellen werden im Anzeigenteil bekannt gegeben.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

    

Gesuche um Zurückstellung von der Einberufung müssen spätestens drei Tage vor dem Gestellungstage beim Bezirkskommando eingehen und bereits von der zuständigen Zivilbehörde begutachtet sein. Zurückstellungsgesuche, die später eingehen, können nicht berücksichtigt werden. Es empfiehlt sich – jedoch nur in dringenden Fällen – die Gesuche schon vor Ablauf einer Zurückstellungsperiode zu erneuern und nicht erst bis zur Beordnung warten, wie es vielfach geschieht.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)