Montag, 6. Mai 1917

      

Im Luftkampfe gefallen ist der Student der Rechte und Staatswissenschaft Werner Andernach aus Beuel, Leutnant der Reserve in einem Dragoner-Regiment, Inhaber des Eisernen Kreuzes erster und zweiter Klasse sowie der hessischen Tapferkeitsmedaille.

Anzeige im General-Anzeiger vom 6. Mai 1917Anzeige im General-Anzeiger vom 6. Mai 1917An den Bonner städtischen Fortbildungsschulen ist beim Beginn dieses Schuljahres die Zahl der Teilnehmer am freiwilligen Abendunterricht in französischer und englischer Sprache, Stenographie und Maschinenschreiben in außergewöhnlicher Weise gestiegen. Während in früheren Jahren durchschnittlich 200 freiwillige Schüler diese Unterrichtsfächer besuchten, beträgt die Teilnehmerzahl jetzt 450. Es ist das ein erfreuliches Zeichen für den Lerneifer unserer jungen Kaufleute und Handwerker trotz des dritten Kriegsjahres.

Die 36 Brote, die in der Nacht zum 3. Mai aus einem Geschäft an der Endenicher Straße gestohlen worden sind, wurden bei einem hiesigen Konditorgehilfen wiedergefunden. Die Haussuchung schaffte noch andere gestohlene Sachen zutage. Der Dieb wurde festgenommen.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

    

Anzeige im General-Anzeiger vom 6. Mai 1917Anzeige im General-Anzeiger vom 6. Mai 1917Wegen des großen Mangels an Kleingeld hat die Verwaltung der Elektrischen Bonn-Godesberg-Mehlem neuerdings die Einrichtung von Zehnfahrkarten getroffen, die für die Strecke Bonn (Kaiserplatz) bis Godesberg (Rheinallee) gültig sind und durch die Schaffner zum Preise von 3 Mark zur Ausgabe gebracht werden. Von dieser zeitgemäßen und praktischen Einrichtung werden die Fahrgäste zweifellos ausgiebigen Gebrauch machen.

Ueber die Einrichtung eines Kuhkatasters und die Einführung von Melkbüchern erläßt der Oberbürgermeister eine Bekanntmachung, die in der vorliegenden Nummer unseres Blattes abgedruckt ist.

Anzeige im General-Anzeiger vom 6. Mai 1917Die Städtische Altkleidersammelstelle auf der Stockenstraße, die bekanntlich vor einiger Zeit eröffnet wurde, hat den Zweck, die Versorgung der minderbemittelten Bevölkerung, sowie der nach dem Kriege zurückkehrenden Soldaten mit Kleidungsstücken und Schuhwerk sicher zu stellen. Die abgegebenen Sachen werden desinfiziert und wenn es notwendig ist, wieder instand gesetzt. Der Ankauf der Sachen erfolgt jederzeit. Es wird an die Bürgerschaft die dringende Bitte gerichtet, alle entbehrlichen Sachen abzuliefern. In empfindlicher Weise macht sich auch der Ledermangel bemerkbar. Es ist deshalb beabsichtigt, in nächster Zeit in Bonn eine Sammlung vo n Altleder zu veranstalten. Gesammelt werden alle Lederabfälle wie Schuhwerk, Lederscheiden usw. Wahrscheinlich wird die Sammlung durch Schulkinder stattfinden. Der Verkauf der getragenen Sachen soll nur an Bezugsscheininhaber der Stadt Bonn erfolgen. Dieselben müssen sich durch die Lebensmittelkarte ausweisen, daß sie bedürftig sind. Wann der Verkauf beginnt, ist noch nicht festgesetzt. In Aussicht genommen ist der 1. Juli dieses Jahres.

Unser städtischer Schlachthof im Kriege. Der städtische Schlachthof, an welchem sich vor dem Kriege nur die Metzger, Viehhändler und verwandte Berufe ein regelmäßiges Stelldichein gaben, dient seit der Zeit, wo die Stadt Bonn die Lebensmittelversorgung selbst in die Hand nehmen mußte, recht mannigfachen Zwecken. Die großen modern angelegten Gebäude sind allerdings auch wie geschaffen dafür, der Lebensmittelversorgung und Aufbewahrung zu dienen. Ein Rundgang durch die Anlagen und eine Besichtigung des Lebens und Treibens auf dem Schlachthofe ist deshalb von großem Interesse. Unter liebenswürdiger Führung eines Herrn der Verwaltung war einem unserer Mitarbeiter Gelegenheit gegeben, die Anlagen zu besichtigen.
   Es war gerade ein Freitag, an dem die Besichtigung erfolgte. Der Freitag ist bekanntlich der Tag, an dem die Metzger ihre Ware für die Woche empfangen und die großen Schlachtungen stattfinden. Ein Rundgang durch die sauberen Ställe für Groß- und Kleinvieh hinterläßt auf die Besucher den allerbesten Eindruck. Grunzende Schweine, blökende Kühe, vereinzelt auch Pferde, sind in hinreichender Menge vorhanden. Wenn das Vieh auch natürlich nicht mehr von der Beschaffenheit ist wie in Friedenszeiten, so sind doch Bedenken bezüglich der Versorgung der Bevölkerung mit Fleisch, wie sie hin und wieder erfolgt sind, vollständig grundlos. Außerdem lehrt uns aber ein Rundgang über das Lager, wo die Stadt ihre Fleisch-, Fett- und Speckvorräte aufbewahrt, daß unser Lebensmittelamt recht gut gesorgt hat. Die vorhandene Menge ist ein Beweis dafür, daß es unserer Stadt in nächster Zeit an nichts mangeln wird. Allerdings ist eine Versorgung von etwa 90.000 Einwohnern mit der wöchentlich zur Ausgabe gelangenden Fett- und Fleischmenge von einschneidender Wirkung auf die vorhandenen Vorräte, aber die umsichtige und sachverständige Verteilung und Behandlung der Waren bietet eine Gewähr dafür, daß die Bevölkerung nichts zu befürchten hat. Auch werden die Vorräte in jeder Woche so viel wie möglich ergänzt. Auf jeden Fall wird aber umsichtig gewirtschaftet, dies ist der Eindruck, den jeder, der die Anlagen besichtigt, gewinnt.
   Nach Besichtigung der Lagervorräte schloß sich ein Rundgang durch die Schlachträume an. Während in einer Abteilung die hiesigen Metzger eifrig bei der Zerlegung des ihnen zur Verfügung gestellten Viehs tätig sind, ist eine andere Abteilung der Garnisonschlächterei eingeräumt, wo feldgraue Metzger unter Leitung eines Feldwebels gerade beschäftigt sind, das notwendige Vieh für die Militärverwaltung zu schlachten. Nach Beendigung der Schlachtungen wird für die hiesigen Metzger das Fleisch unter Leitung eines Vertrauensmannes verwogen, und es verdient hervorgehoben zu werden, daß eine ungerechte Verteilung hierbei nicht möglich ist. Die Metzger geben die Zahl ihrer Kunden an, die in eine Liste eingetragen werden und erhalten dann genau die ihnen auf den Kopf zustehende Menge, sodaß Vorteile oder Nachteile für den einen oder anderen Metzger vollständig ausgeschlossen sind. Um die Fleischmengen gerecht zu verteilen, ist auch die Anordnung getroffen, daß die Verteilung der einzelnen Stücke des Viehs in der Weise geschieht, daß diejenigen Metzger, die in einer Woche z. B. ein Hinterviertel erhalten haben, in der nächsten Woche ein Vorderviertel erhalten. Durch eine derartige Verteilung kommen auch die Kunden alle zu ihrem Recht. Da zufällig an dem Tage auch die städtische Wurst einer Prüfung durch eine Sachverständigen-Kommission unterzogen wurde, hatte unser Mitarbeiter Gelegenheit, sich selbst von der Beschaffenheit der Blut- und Leberwurst, die von sämtlichen Metzgern abgeliefert werden mußte, zu überzeugen. Die Probe fiel zur größten Zufriedenheit aus. Die Wurst aller Metzger ließ in keiner Weise etwas zu wünschen übrig und war von denkbar bester Beschaffenheit.
   Alles in allem muß man das Urteil dahin zusammenfassen, daß die Versorgung unserer Stadt mit Fleisch und Fett in den denkbar besten Händen liegt und alles getan wird, um den Ansprüchen der Bürgerschaft gerecht zu werden.
   Aber nicht allein zur Fleischversorgung dient der Schlachthof, wie schon oben erwähnt. An der Rampe der zum Bahnhof führenden Eisenbahnanschlüsse ist die Verwaltung mit Ausgabe von Saatkartoffeln beschäftigt. Sofort aus dem Waggon werden die Karoffeln gegen entsprechende Bescheinigung an die Bürgerschaft abgegeben. Der Rest wird durch Strafgefangene von den Wagen in die großen und luftigen Aufbewahrungsräume geschafft. Die Beschaffenheit der Kartoffeln ist vorzüglich und gibt in keiner Weise zu Bedenken Veranlassung. Auch ist durch die gute Lagerung Gewähr dafür gegeben, daß sie sich gut halten.
   Ebenfalls hat die Aluminium-Sammelstelle ihren Wohnsitz im Schlachthofgebäude aufgeschlagen. Recht willig ist die Bürgerschaft der Aufforderung zur Abgabe der Aluminiumgegenstände für die Heeresverwaltung nachgekommen. Große Mengen von abgelieferten Kesseln, Töpfen, Humpen, Bowlen und kleineren Gegenständen wie Löffel usw., sind zur Ablieferung gelangt und haufenweise in besonderen Fächern aufgeschichtet.
   Dem Schlachthof ist außerdem noch eine Abfallverwertungsabteilung angeschlossen, wo die Abfälle und Tierkadaver in entsprechender Weise verwertet und zu Dung- oder Futterzwecken verarbeitet werden. Auch diese Anlage ist mit den neuesten und vollkommensten Maschinen ausgestattet und schließt sich den übrigen modernen und in jeder Hinsicht vorbildlichen Einrichtungen des Schlachthofes würdig an.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)