Sonntag, 18. März 1917

        

Die Hochseeschlacht vor dem Skagerrak. Der Vortrag des Kapitänleutnants von Bebber, zu dem die Deutsche Kolonialgesellschaft, der Frauenbund der Deutschen Kolonialgesellschaft, der Deutsche Flotten-Verein und der Flottenbund Deutscher Frauen auf Donnerstag, 22. März, in den Bürgerverein einladen, verdient besondere Aufmerksamkeit. Aus den verschiedenen Städten Deutschlands und Oesterreichs liegen Berichte über den Erfolg des zeitgemäßen Vortrages und der vortrefflichen, zum großen Teil aus dem Reichsmarineamt herrührenden Lichtbilder vor.

Rheinische Turner als Helden. Nach den neuesten Erhebungen innerhalb des rheinischen Turnkreises sind bis jetzt 2603 Turner auf dem Felde der Ehre geblieben. 4122 wurden mit dem Eisernen Kreuz ausgezeichnet.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

      

Beamtenbestechung. In einer hiesigen Volksschule ereignete sich letzter Tage folgendes: Die Fibelschützen wurden geprüft, ob sie reif waren, in die höhere Klasse aufzusteigen. Ein Kleiner bestand die Prüfung nicht und es wurde ihm angezeigt, daß er die unterste Klasse repetieren müsse. Am folgenden Tag erschien er bei der den Lehrer vertretenden Lehrerin, brachte eine Zigarrenkiste mit und sagte: „Fräulein ich han Kaffeemutt gesammelt, dä well ich Dir schenke.“ Schmeichelnd fragte er dann: „Sag Fräulein, kann ich net doch steige?“ Dabei kramte er in der Tiefe seiner Tasche, zog drei Pfennig heraus, reichte sie der Lehrerin und sagte: „Dann schenke ich Dir die och!“ Tapfer widerstand die Lehrerin der ungewöhnlichen Versuchung, blieb treu ihrem Diensteide und sagte: „Siehst Du, das kommt davon, daß Du im vorigen Jahre so faul gewesen bist, jetzt musst Du wieder zu den Kleinen.“ Als der Versucher sah, daß nichts zu machen war, zog er traurig von dannen.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

      

Offensivgeist. Unsere Kriegslasten stehen erst dann im rechten Licht, wenn wir sie in Vergleich setzen mit unseren Kraftquellen und den Lasten der Feinde. Unsere Geldwirtschaft hat den Stürmen des Kriegs getrotzt, sie wird auch den künftigen Anforderungen standhalten.
   
Zwar steht dahin, ob Begeisterung und Opferfreude der ersten Kriegszeit, das trutzige Zusammenstehen aus der Stunde der Gefahr hinüberzuretten seien in die Zeit des Friedens. Aber was zweifellos als Gewinn aus schwerer Heimsuchung uns bewahrt bleiben wird, ist der geläuterte Ernst der Lebensauffassung, die Arbeitsamkeit und Betriebsamkeit, die gespornten deutsche Erfindungsgabe und Organisationskunst, das deutsche Volksvermögen mit seinen reichen Einkommensquellen, von denen freilich manche neu erschlossen und neu gefaßt werden müssen.
    Eine ausreichende Kriegsentschädigung wird uns die Neuordnung der wirtschaftlichen Dinge erleichtern. Mit ihnen werden wir reicher, ohne sie ärmer, aber nicht wirtschaftsunfähig sein. Die Aussichten auf eine solche Entschädigung steigen natürlicherweise in dem Maße, als wir unsere Ueberlegenheit, unseren Sieg vollständig machen, indem wir zu den militärischen Erfolgen den geldwirtschaftlichen Sieg hinzufügen. Können wir das? Die neue englische Anleihe war als Kraftprobe gedacht; sie schließt, wobei nichts verkleinert werden soll, jedenfalls nicht so ab, daß sich die Hoffnungen jenseits des Kanals auch nur halbwegs erfüllt hätten. Das neue Geld deckt knapp den Bedarf von 5 bis 6 Monaten, die ersehnte Umwandlung der schwebenden kurzfristigen Schulden in eine langfristige Anleihe aber ist so gut wie völlig mißlungen. Und das, obwohl der englische Markt eine Schonzeit von mehr als 1½ Jahren genossen hätte! Dabei ist England, dessen Schwierigkeiten sich häufen (U-Bootkrieg, Ernährungssorgen, Beeinträchtigung der Einfuhr und der Ausfuhr, eine Hauptstütze der Entente oder sollte es sein. Daß die Stütze brüchig wird, ist umso beachtlicher, als das Zusammenraffen langfristiger Kapitalien im eigenen Lande den Bundesgenossen nachgerade auf bedrohliche Schwierigkeiten stößt. Zudem wachsen die Verschuldungen ans Ausland (Amerika übte von Anfang an eine zärtlich wohlwollende Neutralität, während es für uns nur Neutralität-„Ersatz“ hatte); und die Kriegsaufwendungen geldlicher Art sind doppelt so hoch wie die unsrigen.
    Demgemäß ergibt sich beim Abmessen der beiderseitigen Widerstandskraft ein mehrfaches Missverhältnis zuungunsten der Feinde. Also wird der Sieg auf dem Gebiete der Finanzen unser sein, wenn die Einsicht in die eigenen Kraft und die Erkenntnis der feindlichen Lage bei uns daheim jenen hochgemuten Offensivgeist wecken, den Hindenburg kündigt: „Das deutsche Volk wird seinen Feinde nicht nur mit den Waffen, sondern auch mit dem Gelde schlagen.“ Und einmal muß da drüben die Erkenntnis aufdämmern, daß ein Weiterkämpfen nur die Opfer – und den deutschen Vorsprung steigert.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)