Donnerstag, 1. Februar 1917

    

Zur Sparsamkeit im Gas- und Stromverbrauch fordert die Stadtverwaltung dringend auf, da die Kohlenzufuhr in den letzten Wochen stark zurückgegangen ist und voraussichtlich noch weiter zurückgehen wird.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

     

Anzeige im General-Anzeiger vom 1. Februar 1917Die Wendung des Krieges durch die Verkündung des scharfen U-Bootkrieges darf auch von unserer Bonner Bürgerschaft als eine Erlösung von allen Zweifeln über die weitere Entwicklung der Dinge begrüßt werden. Der Hungerkrieg, den uns England zugesagt hat, wird nunmehr England selbst in schärfster Weise bedrohen. Es wird uns deshalb leichter werden, in den nächsten Monaten die Rationierung der Nahrungsmittel noch weiter zu ertragen, denn wir dürfen die Hoffnung hegen, daß nunmehr das Ende des Weltkrieges nicht mehr allzu fern sein wird. Wir hatten schon gestern angedeutet, daß der scharfe U-Bootkrieg bevorstehe. Landtagsabgeordneter Bacmeister hatte von der Entschließung unserer Reichsregierung in seinem Vortrag am Dienstag abend bereits seinen Hörern Kenntnis gegeben. Wie aus den Ausführungen Bacmeisters, die wir namentlich wegen der Konfliktfrage mit Nordamerika zur Beruhigung gerne veröffentlichen würden, hervorleuchtete, wird die Wirkung des verschärften U-Bootkrieges derart sein, daß wir in einer ziemlich genau zu berechnenden Zeit den englischen Schiffsraum stark vermindert haben werden, was für die Ernährung und Kriegsführung Englands die schwersten Folgen nach sich ziehen wird. Außerdem haben wir noch das Hindenburg-Programm zu Lande als wichtigen Machtfaktor in den kommenden Ereignissen einzusetzen. Einzelheiten ergeben sich aus den Ausführungen des Kanzlers im Haushaltsausschuß, aus welchen hervorgeht, daß die Obersten Leitungen in Heer und Marine den Dingen, die sich in den nächsten Wochen zu Wasser und zu Lande abspielen werden, mit vollstem Vertrauen entgegensehen.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

      

Kein Reiseverbot. Wie von zuständiger Stelle mitgeteilt wird, wird an eine Einschränkung des Reiseverkehrs durch Einführung von Erlaubnisscheinen einstweilen nicht gedacht. Man erwartet vielmehr, daß das Publikum freiwillig seine Reisebedürfnisse auf das unumgänglich notwendige Mindestmaß beschränkt, und man hofft, daß es dadurch möglich sein wird, von Gewaltmaßnahmen, die unser gesamtes Wirtschaftsleben schwer schädigen können, abzusehen. Einstweilen erscheinen auch den maßgebenden Stellen die durchgeführten Fahrplanbeschränkungen und die Einschränkung des Urlauberverkehrs als hinreichend, um den vorübergehenden Verkehrsschwierigkeiten abzuhelfen. Eine freiwillige Beschränkung des Vergnügungsreiseverkehrs wird schon deswegen dem Publikum nicht schwer werden, weil das Reisen zurzeit mit erheblichen Unbequemlichkeiten verknüpft ist.

Das Kammergericht hat eine Entscheidung getroffen, welche für Hausbesitzer von besonderem Interesse sein dürfte. Der Oberbürgermeister von Bonn hatte am 31. März 1916 ein Verbot erlassen, Kuchen zu backen. Frau R., welche in dem Hause von W. eine Konditorei gepachtet hatte, erklärte darauf W., daß sie dann auch keine Miete bezahlen könne. W. nahm darauf Rücksprache mit Frau R. und erklärte ihr, er werde dafür sorgen, daß sie die Erlaubnis zum Backen von Kuchen erhalte. Als Frau R. dann weiter Kuchen backte, wurde sie zur Verantwortung gezogen und erklärte, der Hauseigentümer habe sie veranlaßt, nach wie vor Kuchen zu backen. Gegen den Hauseigentümer W. wurde daraufhin Klage erhoben, weil er die Mieterin seiner Konditorei angestiftet habe, trotz des Verbotes Kuchen zu backen. Sowohl das Schöffengericht als auch die Strafkammer verurteilten W. zu einer Geldstrafe, weil er seine Mieterin angestiftet habe, unbefugt Kuchen zu backen. Diese Entscheidung focht W. durch Revision beim Kammergericht an und bestritt entschieden, sich einer Anstiftung im Sinne des § 48 des Strafgesetzbuchs schuldig gemacht zu haben. Er habe seiner Mieterin nur die Zusicherung gegeben, er werde sich beim Oberbürgermeister bemühen, damit Frau M. die Erlaubnis erhalte, Kuchen zu backen. Die Anordnung des Oberbürgermeisters sei auch ungültig, da sie mit der durch die Gewerbeordnung gewährleistete Gewerbefreiheit in Widerspruch stehe. Das Kammergericht wies aber die Revision als unbegründet zurück und führte u. a. aus, die Rechtsgültigkeit der Anordnung des Oberbürgermeisters unterliege keinerlei Bedenken, die Feststellung, daß Anstiftung vorliege, sei zwar nicht völlig unbedenklich, trotzdem sei dem Urteil der Strafkammer zu folgen, daß W. durch das Mittel des Missbrauchs seines Ansehens seine Mieterin angestiftet habe, unberechtigt Kuchen zu backen.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)