Freitag, 1. Dezember 1916

     

Kriegsvortrag. Am heutigen Freitag, abends 8 ½ Uhr, wird im Hörsaal 9 der Universität der Rechtsanwalt Dr. Berg, Bürgermeister von Wesenburg in Mecklenburg, in einem öffentlichen Vortrag die Frage behandeln: „Bedeutet der Weltkrieg den Bankerott des Christentums?“ Der Redner, ehemaliger Korpsstudent, hat als Freiwilliger an den Kämpfen in Ostpreußen und Rußland, u. a. an der Schlacht in Masuren teilgenommen. Er hat später die Leitung eines Soldatenheims in Warschau übernommen und auch die übrigen Soldatenheime im Osten besucht.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

     

Anzeige im General-Anzeiger vom 1. Dezember 1916Wichtig für Kriegsbeschädigte. Der Ausschuß für Kriegsbeschädigtenfürsorge Landkreis Bonn schreibt uns: „Es melden sich im Feuerwerks-Laboratorium Siegburg dauernd viele Kriegsbeschädigte persönlich zur Arbeitsannahme, ohne sich vorher bei der zuständigen Beratungsstelle für Kriegsbeschädigte ins Benehmen gesetzt zu haben. Das Feuerwerks-Laboratorium ist nicht imstande, jeden Kriegsbeschädigten einzustellen. Die Leute setzen sich nicht nur der unangenehmen Abweisung aus, sondern machen sich unnötige Reisekosten, wenn sie ohne schriftlichen Ausweis der Beratungsstellen kommen und ihnen deshalb stets der Anspruch auf Fahrpreisermäßigung verloren geht. Im allgemeinen werden nur noch solche Leute eingestellt, welche noch gebrauchsfähige Arme und Hände haben. Auch für Lungen- und Nervenkranke hat das Feuerwerks-Laboratorium keine Arbeitsgelegenheiten.“

Ueber Kriegslehren und Frauenfragen sprach Frau Schreiber-Krieger aus Berlin in den Gesellschaftsräumen des Weinrestaurants Schwarz vor einer zahlreich erschienenen geladenen Zuhörerschaft. Die Rednerin führte aus, wie die Frauen, zu Anfang des Krieges ihren Anteil an demselben im Dulden, Hingeben, Pflegen erblickten. Bald kam ihnen eine Ahnung von der enormen sozialen Arbeit, die durch die Frauen zu leisten sei, daß sie getan wurde, ist vor allem dem Einfluß der Frauenbewegung zu verdanken. Heute ruht die Last der Hälfte der gesamten Volkswirtschaft auf den Frauen. Der jetzt so vielfach erhobenen Forderung des Frauendienstjahres gesteht die Rednerin nur Wert zu als einer Zeit für die Hebung der körperlichen Wehrkraft. Sie sieht das Frauendienstjahr als geleistet an durch das Jahr vor dem Kinde. Eine wichtige, aus dem Krieg den Frauen erwachsende Aufgabe erblickt die Rednerin darin, daß diese in erster Linie es sein müssen, die nach dem Kriege die internationalen Fäden wieder anknüpfen müssen und dazu helfen, daß die Eigenart unseres Volkes auch bei den anderen verstanden wird. Dieser Krieg wird gegen die Seele eines Volkes von 40 Millionen Menschen geführt, die Frauen müssen die Achtung für die deutsche Seele wieder aufrichten. Anzeige im General-Anzeiger vom 1. Dezember 1916Die Kriegslehren haben auch in der Frage der Verheiratung der Lehrerinnen und Beamtinnen anders denken gelehrt. Es werden manche Härten bei Rückkehr der Krieger in die alten Berufe für die Frauen entstehen, wenn sie ihnen den Platz dafür zu machen haben. Mancher Lohndruck auf Frauenarbeit wird bitter gefühlt. Mit Dank ist es daher zu begrüßen, daß in das neugeschaffene Reichsarbeitsamt auch eine Frau berufen ist, um die Interessen ihres Geschlechtes zu vertreten. Das Deutsche Reich wird auch nach dem Krieg die Frauenarbeit brauchen, es wird kein Platz für müßige Frauen in Deutschland sein. Vielfach muß für eine bessere Vorbildung zur Ausbildung der Frau gesorgt werden, auch für die soziale Arbeit, in welcher vor allem gut geschulte, bezahlte Kräfte tätig sein sollten. Für ehrenamtliche Frauenarbeit wird trotzdem genügend Gelegenheit sich bieten. Hoffentlich werden dann auch die Frauen zu kommunaler Gleichberechtigung gelangen, und die Rechtsstellung für sie verbessert werden. – Die Zeit nach dem Krieg wird eine Fülle von Kontrasten, ernstester Kulturkämpfe bringen, nur selbständige, verantwortliche Mensche werden ihr gewachsen sein.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

      

Kein Papiermangel, nur höhere Papierpreise! Ein Teil der Papierfabrikanten und Papierhändler hat bei der Bemessung von Preisaufschlägen für Papierlieferungen das Maß, das hierbei als berechtigt anerkannt werden kann, weit überschritten. Im Publikum wie bei Behörden ist so die falsche Meinung erweckt worden, daß im Deutschen Reiche eine an Papiernot grenzende Papierknappheit herrsche. Einige Behörden und industrielle Körperschaften haben daraufhin öffentlich erklärt, die Erteilung von Druckaufträgen erheblich einzuschränken, was zur Folge hatte, daß sich bei vielen Buchdruckereien, die bisher ihren Betrieb noch aufrecht erhalten konnten, die Beschäftigung fast bis zum Stillstand vermindert hat, ohne daß den Uebelständen auf dem Papiermarkte abgeholfen worden wäre. Der Deutsche Buchdrucker-Verein und der Verband der Deutschen Vereine des Druckgewerbes und der Papierverarbeitung haben deshalb Veranlassung genommen, zu erklären, daß ein wirklicher Mangel an Papieren, die zur Herstellung geschäftlicher und behördlicher Drucksachen benötigt werden, nicht besteht und sich nur teilweise bei einzelnen Sorten eine gewisse Rücksichtnahme auf die Beschaffenheit mangels einzelner Rohstoffe notwendig macht. Für behördliche wie private Drucksachen-Verbraucher liegt sonach keinerlei Grund vor, in der Verwendung von Druckarbeiten sich Beschränkungen aufzuerlegen, die ihnen die Erfüllung ihrer amtlichen und geschäftlichen Aufgaben erschweren und für das ohnehin unter den Folgen des Krieges empfindlich leidende Buchdruckgewerbe von nachteiliger Wirkung sind. Eine Zurückhaltung in der Erteilung von Druckaufträgen ist umso weniger am Platze, als sich die Buchdruckereien bei der Preisfestsetzung für ihre Arbeiten, wie bekannt, mit ganz mäßigen Aufschlägen begnügen, die über das unbedingt Notwendige nicht hinausgehen.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)