Mittwoch, 15. November 1916

    

In der Versammlung des Handels- und Gewerbevereins Montag abend wurde zunächst die Frage eines früheren Ladenschlusses an den Wochentagen während der Kriegszeit besprochen. Der Vorsitzende, Herr Hubert, bemerkte, es sei zwischen 7 und 8 Uhr abends bekanntlich wenig zu tun, deshalb sei angeregt worden, schon um 7 Uhr zu schließen. In der Besprechung traten mehrere Redner für die Beibehaltung des 8-Uhr-Ladenschlusses ein, andere, besonders aus dem Bekleidungsgeschäft, empfahlen, um 7 Uhr zu schließen. Der Hauptzweck eines früheren Ladenschlusses ist vor allem, wie Herr Kalt bemerkte, den Gasverbrauch einzuschränken. [...] Auf Vorschlag des Herrn Fischer einigte man sich auf einen ½8-Uhr-Ladenschluß, jedoch soll Samstags und die letzten 14 Tage vor Weihnachten bis 8 Uhr offengehalten werden. Eine weitere Anregung, mittags etwa von 1 bis 2½ Uhr die Geschäfte geschlossen zu halten, fand allgemein Widerspruch, auch die Anregung verschiedener Angestelltenverbände, Sonntags schon um 1 Uhr zu schließen, soll vorläufig wenigstens – nicht berücksichtigt werden. Zu der aufgeworfenen Frage, ob am diesjährigen Weihnachtsabend, einem Sonntag, nicht über 7 Uhr hinaus offen gehalten werden könnte, sprachen die meisten Redner den Wunsch aus, am Weihnachtsheiligabend um 7 Uhr zu schließen. Herr Kall erwähnte die vor kurzem in der Bonner Zeitung gebrachte Zusammenstellung über die billigsten und teuersten Städte und bemerkte dazu, Bonn sei keineswegs teurer wie unsere Nachbarstadt Köln. [...]

Das Soldatenheim im Gesellenhause war letzten Sonntag wieder bis auf das letzte Eckchen besetzt. Den Besuchern wurden wieder schöne musikalische, gesangliche, ernste und heiter Gedichtvorträge geboten. Herr Pastor Stahl hielt einen belehrenden Vortrag über Amerika. Herr Klutmann erwähnte den Heldentod des Prinzen Heinrich von Bayern als Beweis der Aufopferung auch unserer Fürsten für das Vaterland. Ein lustiges Theaterstück wurde flott gespielt. Zum Schluß bot die Kapelle des Bonner Ersatzbataillons der 160er noch ein Streichkonzert.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

     

Katholischer Arbeiterverein. In einer gut besuchten Versammlung des Arbeitervereins sprach am Sonntag Herr Pfarrer Stein von St. Marien über das Thema: „Die Arbeit im Lichte des Christentums“. Ausgehend von der Erklärung des Begriffs der Arbeit schildert Redner, wie die Arbeit im Heidentum gänzlich der Verachtung anheimgefallen und das ausschließliche Los der Sklaven war, während das Christentum stets ein Freund und Förderer der Arbeit gewesen sei. Das Christentum ist die Religion der Arbeit. Christus hat die Arbeit geadelt und sie durch sein Beispiel und seine Lehre zur sittlichen Pflicht gemacht. Auch bedeutete Redner in vortrefflicher Weise den Vorwurf, als ob das Christentum den Fortschritt hindere. Der Vortrag fand allgemein Beifall. Die nächste Versammlung findet am 10. Dezember statt. Hoffentlich werden dann wiederum recht viele katholische Arbeiter den Weg zum Arbeiterverein finden.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

     

Fortfall der Frauenabteile in den Personenzügen. Anläßlich der zugunsten des Güterverkehrs verfügten Zugverminderung ist eisenbahnamtlich angeordnet worden, daß die Frauenabteile in den Personenzügen fortfallen sollen. Es soll dadurch der Platz besser ausgenutzt werden, da erfahrungsgemäß die Frauenabteile oft gar nicht, meist aber nur der schwach besetzt sind. Aus dem gleichen Grunde sollen auch nach Möglichkeit keine besonderen Abteile für Reisende mit Hunden eingerichtet werden.

Gedächtnisfeier. Die am vergangenen Sonntag vom Bezirksverband der katholischen Jünglingsvereine von Bonn und Umgebung veranstaltete Gedächtnisfeier für die gefallenen Krieger ist im Ganzen gut und erhebend verlaufen. Die Beteiligung der Verbandsmitglieder an der Generalkommunion war durchweg befriedigend. Am Nachmittag war es erbaulich zu sehen, wie etwa 1000 Jünglinge, die aus allen Richtungen herbeigeeilt waren, die Herz-Jesukapelle am Hofgarten bis auf den letzten Platz füllten. Herr P. Müller, S. J., richtete in seiner Predigt einen warmen Appell an die jugendlichen Zuhörer, ihre gefallenen Brüder, Verwandten und Freunde nicht zu vergessen, ihnen stets ein christliches Gedenken zu bewahren und sich nach ihrem Vorbild im Leben als Helden der Pflicht zu bewähren. Nach der Andacht ging es in geordnetem Zuge unter klingendem Spiel und mit Fahnen zum großen Saale des Bürgervereins, wo der Bezirkspräses, Kaplan Lüstraeten – Beuel, um 5 ½ Uhr die weltliche Feier eröffnete. Als Gäste waren erschienen Oberbürgermeister Spiritus, Landrat Geheimrat v. Nell, die Schulinspektoren Schley und Baedorf, Fortbildungsschuldirektor Vinz, Dechant Böhmer, Direktor Dr. Stoffels – Albertinum, der Diözesanpräses des Jünglingsvereins Pfarrer Opfergelt u. a. In seiner Gedenkrede behandelte P. Dosttheus. O. F. M., oratorisch fein und eindrucksvoll das Thema: Wir dürfen, wir wollen, wir werden unsere gefallenen Helden nicht vergessen. Denn treue Liebe geht über das Grab hinaus. Die jungen Helden haben für die höchsten Güter ihr Leben gelassen, sie sind in den Tod gegangen aus Liebe zur Pflicht. Ewiger Lohn ist ihnen sicher. Die Rede klang aus in der Mahnung: Werdet auch ihr treudeutsche, pflichtbewusste Männer, reine und lautere Charaktere.
   Darauf richtete Oberbürgermeister Spiritus frische Worte an die Jünglinge: Mir als Oberbürgermeister der Stadt Bonn und dem Herren Landrat des Landkreises Bonn ist es eine aufrichtige Freude, vielhundert Jünglinge hier versammelt zu sehen im Dienste vaterländischer Bestrebungen. Zweck der Zusammenkunft ist ja die Bekundung vaterländischen Empfindens und Denkens. Der Zweck eures Bestrebens ist es, brave, tüchtige Bürger in unserem geliebten Vaterlande zu werden. Fahrt fort in dieser Arbeit! Der Segen des Allerhöchsten wird nicht fehlen. Wir danken vor allem euren Geistlichen und Lehrern, die sich dieser Erziehungsarbeit freudig hingeben. Ihr habt den Wahlspruch. Tapfer und treu! Einen schöneren Spruch könnt ihr euch nicht wählen. Seid tapfer wie eure Brüder draußen, seid tapfer, wenn auch euch der Kaiser ruft. Doch wir wollen hoffen, daß ihr nicht mehr hinausmüsst, wollen zu Gott hoffen, daß es den draußen Stehenden gelingen möge, einen baldigen, ehrenvollen Frieden uns zu bringen. Seid aber auch tapfer im Leben, in allem, was ihr unternehmt, tapfer im Kampf gegen Unglauben und Unsittlichkeit, tapfer in allen Schwierigkeiten des Lebens. In jeder Familie ist in unseren Tagen irgend eine Not oder Bedrückung. Da müsst ihr euren Eltern helfen. Seid frohen Mutes, habt helle Augen, macht euren Eltern Mut. Dann zeigt ihr Tapferkeit des Lebens. Seid fromm und wacker, ihr braucht deshalb keine Kopfhänger zu sein! Seid treu! Treue, das ist eins der schönsten Worte und Begriffe in unserer deutschen Sprache. Seid treu euren Eltern und Erziehern; im Himmel wird es euch gelohnt werden. Seid treu eurer Heimat! Wo ist eine sonnigere Heimat als hier, wo ein schönerer Strom als der Vater Rhein? Hier in Bonn und Umgebung hat die Natur uns reich bedacht. Dankt Gott, daß ihr diese Heimat habt. Seid aber auch würdig dieser Heimat. In welchem Berufe ihr auch sein möget, seid treu bis ans Ende. Und wenn ihr euer Heimat treu seid, dann seid ihr auch treu dem Vaterland. Keiner hat ein schöneres Vaterland als der Deutsche. Und wenn wir hier unseres Vaterlandes gedenken, dann gedenken wir auch unseres Kaisers. Er ist tapfer und treu. Tapfer im Osten und Westen, treu in dem, was er sich vorgenommen hat, das Ringen des Vaterlandes zu einem guten Ende zu führen. Ihm wollen wir heute Treue geloben. Und zum Ausdruck dieser treuen Gesinnung fordere ich euch auf, mit mir in den Ruf einzustimmen: Se. Majestät, unser Kaiser, er leben!
Hurra, Hurra, Hurra!
  
Dann stimmte die Versammlung in ein Huldigungslied ein. Das Programm des Abends war sonst recht reichhaltig. Treffend gewählte Deklamationen, tadellose musikalische Darbietungen des Orchesters des Jünglingsvereins an der Stiftskirche wechselten mit gemeinschaftlichen Liedern und geschickt gestellten Bildern ab. Gegen 8 Uhr war die Feier zu Ende. Möge die gewaltige Kundgebung mit dazu beitragen, in den Herzen unserer Jugendlichen das Andenken an die gefallenen Krieger – aus dem Bezirksverbande sind es jetzt 100 – lebendig zu erhalten, die da gestorben sind für uns.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)