Dienstag, 16. Mai 1916

     

Anzeige im General-Anzeiger vom 16. Mai 1916Arndt-Eiche in Eisen. In der verflossenen Woche stieg die Gesamteinnahme auf über 62.000 Mark. Am Mittwoch, 10. Mai, erschienen die Schüler und Schülerinnen der Israelitischen Religionsschule Bonn und Umgegend unter Führung der Herren Rabbiner Dr. Cohn und Religionslehrer Baum. Es wurden vaterländische Lieder gesungen und Gedichte aufgesagt; Herr Rabbiner Dr. Cohn hielt eine Ansprache und schloß mit einem Kaiserhoch, in welches die Anwesenden begeistert einstimmten.
   Außer verschiedenen Bonner Firmen, welche teilweise erhebliche Beträge für die Zwecke der Arndt-Eiche stifteten, haben ferner noch die Nagelung vorgenommen der Skatklub Runder Tisch, Kaiserhalle, welcher eine Adlerfeder nagelte, sowie das chemische Institut Saal III.
In Aussicht genommen ist die Kriegsnagelung ferner von dem Uhrmacherverein Bonn und dem Rabatt-Sparverein Bonn, ebenso von dem Verein für National-Stenographie und der Vereinigung Alter Burschenschafter.
   Sonntag, 14. Mai, nachm. 5 Uhr, hat der Männergesangverein Bonner Liederkranz genagelt, und am Sonntag, 21. Mai, nachm. 6 Uhr, wird die Bonner Liedertafel zur feierlichen Kriegsnagelung an der Arndt-Eiche erscheinen.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

     

Holländisches Speisefett wurde in der jüngsten Zeit in Bonn abgesetzt, das zunächst zum Preise von 4,50 Mark verkauft wurde, dessen Preis aber allmählich bis zu 4 Mk. sank. Wie wir nach einer amtlichen Auskunft mitteilten, war der Gewinn der Bonner Händler an dem Verkauf verhältnismäßig gering. Die Zentral-Einkaufs-Gesellschaft in Berlin hat nun veranlaßt, daß dieses „holländische Speisefett“ in Bonn beschlagnahmt wurde, da es sich tatsächlich um holländische Süßrahmbutter handelte, für die der Höchstpreis für Auslandsbutter in Höhe von 3,10 Mark vorgeschrieben ist, zu dem jedoch angeblich nicht einmal der Einkauf in Holland erzielt werden konnte, von den sonstigen Risiken zu schweigen. Vorteil hat die Bonner Bürgerschaft von dieser Beschlagnahme nicht, da die Verbraucher, die bisher das „holländische Speisefett“ kauften, nunmehr die jeweils vorhandenen Vorräte an ausländischer und einheimischer Butter und Margarine aufzehren.

Beratung für zeitgemäße Kleidung. Viele Frauen haben in unserer Zeit den Willen, sich so zu kleiden, daß es mit dem vaterländischen Gefühl und einer gewissen Sparsamkeit und Einfachheit übereinstimmt, aber es fehlt ihnen der gute sachverständige Rat. Nach Rücksprache mit dem „Verein für Verbesserung der Frauenkleidung“ und der Hauswirtschaftlichen Kriegshilfe soll versucht werden, eine Beratungsstelle zweimal wöchentlich in bequem gelegenem Lokal zu eröffnen. Rat erteilt eine Dame von gutem Geschmack und sozial gebildet, sowie eine geschickte, anerkannte Damenschneiderin. Der Rat wird mit 30 Pfg. bezahlt. Es wird Rat erteilt für Form und Farbe der Kleidung, für Anwendung und Wiederinstandsetzung getragener Kleidung, in Blusenschnitten und Besatzartikeln, in Kleidung für schwierige Figuren etc. Die Pariser Mode wird ausgeschaltet und die Wiener herangezogen. Hausschneiderinnen werden tunlichst empfohlen. Die Praxis muß ergeben, ob ein Bedürfnis für solche Beratung vorliegt. In der Hauptsache soll sie bescheidenen sparsamen Frauen dienen, aber auch allen, die sonst Rat wünschen.

Die Ueberführung der Leiche des im Lazarett „Barmherz. Brüder“ verstorbenen Vize-Feldwebels Freytag zur Bahn und zur Weiterbeförderung in seine Heimat Holstein fand gestern mittag ½ 2 Uhr statt vom Bonner Talweg aus. Am Morgen hatte im Lazarett unter Beteiligung von Offizieren und verwundeten Soldaten eine kleine Trauerfeier stattgefunden, in der Lazarett-Geistlicher Schäfer in einer biblischen Ansprache Worte des Trostes und der Kraft sprach, sonderlich für die anwesende trauernde Mutter, die aus der Ferne ans Sterbebett des viel leidenden Sohnes geeilt war, der als Kriegsfreiwilliger mit in den Kampf gezogen war und sich wiederholt ausgezeichnet hatte. Eine Anzahl Offiziere, eine große Schar Kameraden und das Begleitkommando der 160er mit Kapelle gaben das letzte Geleit dem gestorbenen Helden und Ritter des „Eisernen Kreuzes“, dem der Geistliche an der Bahre den Vers nachrief:
   So fahr denn wohl! Dein Kampf ist aus,
   Es öffnet sich für Dich das große Vaterhaus
   Das Christus uns erworben!
   Ein Ende hat Dein Leben dieser Zeit,
   Doch selig bis Du in der Ewigkeit.
   Du lebest doch – wiewohl Du bist gestorben,
   Fahr wohl! – Fahr wohl!

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

    

Der Kriegsausschuß für Konsumenteninteressen besprach die Nahrungsmittelorganistion in Bonn in seiner Sitzung am Sonntag abend. Eine Anzahl Wünsche, die sich zu Anträgen an die Stadtverwaltung verdichteten, wurden laut. Die Anträge beziehen sich auf die Errichtung einer städtischen Schweinemästerei, auf die Wurstbereitung in Eigenbetrieb der Stadt, auf die schärfere Kontrolle des Butterverkaufs, die besondere Berücksichtigung von Kranken, Wöchnerinnen, Säuglingen und kleinen Kindern bei der Milchrationierung, auf eine Verordnung im Sinne des Münchener Vorbildes gegen das Hamstern durch Festsetzung von Höchstmengen, über die hinaus kein Haushalt Vorräte wichtiger Lebensmittel haben dürfe, auf die Beschaffung ausreichender Mengen Gemüse und Obst unter Festsetzung erträglicher Höchstpreise, auf die Verpflichtung der Händler, keine Ware absichtlich verderben zu lassen, die Bereitstellung von Zuckermengen für die Einmachzeit und auf Maßnahmen, die der Massenverpflegung dienen sollen. Ferner will man an die Stadtverwaltung herantreten, um die Milchpreise des Gemeinnützigen Milchausschanks herabzusetzen und beim Bundesrat Erleichterungen für Hausschlachtungen für die kleinen privaten Aufzüchter zu erwirken suchen. Es wurde bekannt gegeben, daß die Regierung die Ziegenzucht in besonderem Maße fördern will und dieserhalb demnächst in Bonn eine Ziegenzucht-Ausstellung stattfindet. Aus der Erklärung § ging hervor, daß regelmäßig 2007 Personen städtischen Speck für 5000 Familien beziehen. Nicht allgemein bekannt dürfte die Feststellung gewesen sein, daß einzelne Personen mit bis zu 30 Brotbüchern an die Verkaufsstellen gehen und sich dafür von den Brotbuchinhabern bezahlen lassen, also ein Gewerbe daraus machen, durch welches die Gesamtheit der Verbraucher natürlich geschädigt wird.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)