Dienstag, 9. Mai 1916

      

Anzeige im General-Anzeiger vom 9. Mai 1916Bahnwärterinnen und Schaffnerinnen wird nun auch die Staatsbahnverwaltung einstellen. Der Eisenbahnminister v. Breitenbach weist in einem Erlaß auf den Mangel an männlichen Kräften hin und empfiehlt, geeignete Frauen auch im Bahnwärter- und Weichenstellerdienst zu beschäftigen, wo es sich um Strecken mit einfachen Verhältnissen handelt, so daß die Sicherheit des Betriebes nicht gefährdet ist. Es sollen nur durchaus zuverlässige und körperlich gut geeignete Frauen zur Ausbildung herangezogen werden, die nach ihrer Persönlichkeit die volle Gewähr für eine gewissenhafte Wahrnehmung des Bahnwärter- und Weichenstellerdienstes bieten. Die sonst vorgeschriebene einmonatige Beschäftigung im Bahnbewachungs-, Signal- und Weichenstellerdienst darf für die Frauen erforderlichenfalls angemessen verlängert werden. Vor Heranziehung zur selbständigen Wahrnehmung des Dienstes haben die Frauen eine Prüfung abzulegen. [...]

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

    

Robert Kothe-Abend. Robert Kothe wird am Samstag im Bonner Bürgerverein eine Auslese seiner schönsten Lieder zur Laute singen. Bei dem diesmaligen Abend des Münchener Künstlers kommt zum ersten Male eine Neuheit zum Vortrag, die in dem vergangenen Jahre in Berlin, München, Breslau und anderen Städten großen Beifall gefunden hat, Es sind das die Lieder für Vorsänger mit Laute und einem kleinen Frauenchor.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

    

Freie Vaterländische Vereinigung. In der letzten, leider schwach besuchten Versammlung der Freien Vaterländischen Vereinigung hielt Herr Oberlehrer Grube aus Godesberg einen bedeutungsvollen und zeitgemäßen Vortrag über die Verhältnisse in den sog. Baltischen Provinzen, die uns geschichtlich, sprachlich und kulturelle so nahe stehen und als Deutschrußland uns bekannt und liebes Nachbarland geworden und geblieben sind. Nachdem der Reichskanzler in seiner letzten großen Rede vom 5. April herzerfrischende Ausblicke in die Neugestaltung des deutschen Macht- und Kulturgebietes geöffnet hat, darf auch im vollsten Vertrauen auf unsere starke und umsichtige Reichsregierung über das neue deutsche Kultur- und Kolonialgebiet im Osten gesprochen werden, das dem deutschen Reiche und Volke alte und große vaterländische Gebiete als Erwerb und Besitz der alten deutschen Hanse wiederbringen und die Ostsee mehr als bisher zu einem deutschen Meer und Handelsgebiet gestalten wird. Aus gründlichen Quellen gab der Redner anschauliche Schilderungen der nationalen, kirchlichen und Schulverhältnisse, der landwirtschaftlichen und sozialen Lage jener Lande, wo ein Siedlungsgebiet für zwei Millionen unterdrückter, beraubter und nach Sibirien verschleppter Stammesgenossen nach dem Frieden sich öffnen wird. Kurland allein, so groß wie Belgien, ganz Agrarstaat, kann mit Litauen Millionen von Ansiedlern aufnehmen und ernähren. Auch die voraussichtliche Zukunft Polens wurde nach verschiedenen Vorschlägen behandelt und die treue, gemeinsame Blut- und Friedensarbeit mit unseren österreichischen Bundesgenossen dabei besonders hervorgehoben. In der nächsten Sitzung soll die wichtige und bedeutsame Frage der baltischen Provinzen weiter besprochen werden.

Flurschäden werden jetzt vielfach dadurch angerichtet, daß Leute, besonders auch Kinder, auf Wiesen und Feldern Blumen suchen. Es wird dadurch nicht nur eine in der heutigen Zeit doppelt unwirtschaftliche Sünde begangen, sondern auch eine strafbare Handlung. Eltern, Schulen und Spaziergänger sollten genau darauf achten und gegebenenfalls die Kinder auf das Strafbare ihrer Handlungen aufmerksam machen und zur Anzeige bringen.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)