Freitag, 5. Mai 1916

     

Anzeige im General-Anzeiger vom 5. Mai 1916Militärische Jugendübungen der Fortbildungsschüler. Der Schulvorstand der städtischen Fortbildungsschule hat beschlossen: Vom 1. April 1916 ab werden mit Rücksicht auf die Kriegsverhältnisse bis auf weiteres für alle Fortbildungsschüler der Stadt Bonn vom Tage des Eintritts in das 16. Lebensjahr ab militärische Jugendübungen am Sonntag nachmittag mit mindestens zwei Stunden durchschnittlich wöchentlich als Pflichtunterricht dem jetzigen Pflichtunterricht hinzugefügt. Zur Teilnahme an allen diesen Uebungen sind auch diejenigen Schüler verpflichtet, die von dem werktätigen Unterricht beurlaubt sind. Für solche Schüler, deren werktätiger Pflichtunterricht gekürzt werden muß, kann durch Beschluß des Schulvorstandes die zweistündige sonntägige Uebung um die ausfallende werktägige Unterrichtsstundenzahl ausgedehnt werden. Statt der zweistündigen Uebung an jedem Sonntage können vom Direktor der Fortbildungsschulen in 14tägigen Abstand Ganz-Nachmittag-Uebungen angesetzt werden. Die Schüler sind alsdann verpflichtet, von Beginn bis Schluß an diesen teilzunehmen. Die Zeit für das Hingehen zum Sammelplatz vor der Uebung und das Zurückgehen nach Hause nach der Uebung ist in den Uebungsstunden nicht eingeschlossen. Beurlaubung von den militärischen Jugendübungen sind ebenso wie beim übrigen Unterricht, so rechtzeitig vorher beim Direktor zu beantragen, daß dieser eine Entscheidung treffen kann. Für Pünktlichkeit und Regelmäßigkeit der Teilnahme, für Fernbleiben wegen Krankheit oder Beurlaubung, sowie in bezug auf Betragen vor, bei und nach den Uebungen gegen Führer und andere Teilnehmer an den Uebungen gelten dieselben Bestimmungen und sind in Uebertretungsfällen dieselben Strafen anwendbar, die in Orts-Statut und Schulordnung für andere Uebertretungen festgesetzt sind.
   Der Beschluß des Schulvorstandes ist vom Regierungspräsidenten genehmigt worden. Die Uebungen werden in den nächsten Tagen beginnen. Der Oberbürgermeister ersucht die Arbeitgeber, dafür zu sorgen, daß ihre Lehrlinge, die zur Teilnahme an den Uebungen verpflichtet sind, an diesen regelmäßig und pünktlich teilnehmen.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

     

Die Mechanische Jute-Spinnerei und Weberei in Bonn hielt gestern in Frankfurt am Main ihre Hauptversammlung. Nach dem Bericht des Vorstandes konnte der Fabrikbetrieb wegen Mangels an Rohstoffen nur einige Monate lang und dazu nur in geringem Umfange aufrechterhalten werden. Die Gesellschaft hofft, den Betrieb in der nächsten Zeit wieder teilweise in Gang setzen zu können. (...)

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

Godesberg, 4. Mai. Wir erhalten folgende Zuschrift:
An die Redaktion des General-Anzeigers, Bonn.
Die verehrliche Redaktion bitte ich ergebenst, unter den Nachrichten von Godesberg folgende Erklärung aufzunehmen.:
   „In Godesberg geht das Gerücht, daß bei Herrn Prof. Wendelstadt auf der Victorshöhe große Mengen Lebensmittel gestohlen worden seien. Das Gerücht ist durch eine von mir erfundene Geschichte , die ich als Aprilscherz am Biertisch erzählt habe, entstanden. Ich konnte nicht annehmen, daß meine in jeder Beziehung unwahrscheinliche Erzählung von einem Zuhörer ernst genommen wurde. Die von mir angegebenen Zahlen (es sollten 30 Zentner auf einer Handkarre weggeschafft worden sein, waren so übertrieben, daß ein einfaches Nachdenken die Geschichte als Witz erkennen lassen mußte. Die Tatsache, daß im Hause des Herrn Wendelstadt ein geringfügiger Diebstahlt vorgekommen war, bei dem nachgewiesenermaßen nur einige Pfund Lebensmittel entwendet wurden, war den Anwesenden bekannt und sie war die Veranlassung zu dem Gespräche, welches zu der scherzhaften Uebertreibung führte.
   Ich muß diesen Scherz heute umsomehr bedauern, als ich den genannten Herrn in den ganz unbegründeten Verdacht des „Hamsterns“ gebracht habe, und gebe daher diese Erklärung ab, um die vollkommen unwahren Gerüchte aus der Welt zu schaffen.
Ing. Frz. Bauersachs.“ (Beamter der Gemeinde Godesberg)
   In derselben Sache haben wir gestern eine Erklärung unseres Gewährsmannes gebracht, wonach es sich bei dem Diebstahl u. a. um 10 Zentner Speck, 3 Faß Rüböl und 3 Sack Mehl handle. Der Speck habe sich im Kühlraum des Gemeinde-Schlachthauses befunden und sei von da in die Wohnung des Eigentümers gebracht worden. In der Nacht auf diesen Vorgang sei der Diebstahl erfolgt. Die Diebe seien bekannt. Auf Grund des $ 11 des Preßgesetzes ersucht uns das Bürgermeisteramt Godesberg „mitzuteilen, daß diese Angaben aus der Luft gegriffen sind.“
   (Unser Gewährsmann erklärt uns in der Angelegenheit auf unsere nochmalige gestrige Anfrage, Ingenieur Bauersachs habe ihm vor etwa 14 Tagen bei gelegentlicher Besprechung des Gerüchts aufs entschiedenste und glaubwürdigste erklärt, daß der Diebstahl in dem von uns angegebenen Umfange stattgefunden habe. Da Herr B. hinzufügte, daß er die unserem Gewährsmann übermittelten Angaben am Morgen nach dem Diebstahl von einem Polizeibeamten erfahren habe und daß er, B. auch genau wisse, wer der Dieb sei, so lag für unsern Gewährsmann keinerlei Grund vor, an einen Scherz zu glauben, zumal Herr B. als Gemeindebeamter tätig ist und ihm bekannt war, daß unser Gewährsmann ständiger Mitarbeiter unseres Blattes ist. Red.)

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Von Nah und Fern.“)

Städtische Eier. Unter diesem Stichwort wurde gestern im Sprechsaal Klage darüber geführt, daß Einwohner, die mehr als 3000 Mark Einkommen haben, von der städtischen Verkaufsstelle keine Eier erhalten. Insbesondere treffe die pensionierten Beamten mit einem Einkommen von 3001 – 3050 Mark diese Maßnahme hart, namentlich aber würden die Altpensionäre, die doch fast alle im Alter von 70 – 80 Jahren ständen, ganz besonders empfindlich betroffen. Da bin ich doch anderer Meinung. Nach menschlichem Ermessen haben Altpensionäre, die im Alter von 70 – 80 Jahren stehen, kaum noch für eine Familie zu sorgen. Sie allein sind es also, die ihre Pension zu verzehren haben. Was macht aber ein Angestellter mit 3000 Mark Gehalt, der für eine Frau und mehrere Kinder zu sorgen hat? Wie soll dann dieser auskommen, der von morgens bis abends beschäftigt ist und niemals in die Lage kommt, 3000 Mark Pension zu beziehen. Wenn schon eine Aenderung eintreten soll, dann müssen zuerst die Familienväter berücksichtigt werden. Vielleicht läßt sich die Stadt herbei, die Gehaltsgrenze von 3000 Mark auf 5000 Mark festzusetzen, wie dies auch bereits die Stadt Köln getan hat. M.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)

    

Einführung von Zuckerkarten. Für die Stadt Bonn wird nunmehr auch die Zuckerkarte eingeführt. Die Ausgabe soll am Sonntag, den 7. Mai ds. Js., in verschiedenen Lokalen, die noch bekannt gemacht werden, erfolgen. Die Verbrauchsmenge ist festgesetzt worden auf 750 Gramm (1 ½ Pfund) für jeden Kopf. Wer also eine Zuckerkarte haben will, der begebe sich am Sonntag, den 7. Mai, in die bezeichnete Ausgabestelle und lege dort sein Brotbuch vor, denn nur gegen Vorzeigung des Brotbuches werden Zuckerkarten verabfolgt. Wer die Zuckerkarte am 7. Mai nicht abholt, kann erst eine am 15. Mai erhalten und kann auch von diesem Zeitpunkt ab erst seinen Bedarf an Zucker einkaufen. Die Zuckerkarte sieht 3 Abschnitte vor. Für jede Person kann in der Zeit vom 1. bis 10. Mai ½ Pfund Zucker in den Geschäften entnommen werden, dann wieder das zweite halbe Pfund in der Zeit vom 11. bis 20. Mai und das dritte halbe Pfund in der Zeit vom 21. bis 31. Mai. Der Abschnitt der Zuckerkarte, auf dem der Brotbuchbezirk und Nummer aufgedruckt sind, ist gut aufzubewahren, denn nur gegen Verabfolgung dieses Abschnittes wird für den nächsten Monat eine neue Zuckerkarte ausgegeben. Die Verabfolgung neuer Karten geschieht in den Geschäften, die noch bekannt gemacht werden. Wenn jemand die Menge Zucker, die ihm nach der Zuckerkarte zusteht, nicht ganz für seinen Haushalt verbraucht, so muß er die Karte vernichten. Er darf sie nicht etwa dem Geschäft abgeben, damit Mißbrauch damit getrieben werden kann. Nur bei strenger Befolgung der Vorschriften wird es möglich sein, der Bürgerschaft zum Einmachen eine größere Menge Zucker besonders zuweisen zu können.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)