Mittwoch, 29. Dezember 1915

     

Anzeige im General-Anzeiger vom 29. Dezember 1915

Uniformverbot für Kinder. Das Gouvernement der Festung Köln weist darauf hin, daß das Verbot des unbefugten Anlegens militärischer Uniformen auch auf Kinder Anwendung findet, die Uniformen mit vorschriftsmäßigen militärischen Achselstücken und anderen Abzeichen tragen. Zuwiderhandlungen gegen das Verbot werden nach §360 des Reichsgesetzbuches mit Geldstrafe bis zu 150 Mark oder mit Haft bestraft.

Gegen die vielfach schon erwähnte zunehmende Verwahrlosung der Jugend erläßt der stellvertretende kommandierende General des 8. Armeekorps folgende Verordnung: „Es ist verboten, jugendlichen Personen unter 16 Jahren Streichhölzer, Feuerwerkskörper, Zigarren, Zigaretten und Tabak zu verkaufen oder zur Benutzung ohne Aufsicht zu überlassen. Jugendliche Personen dürfen nur mit Genehmigung ihrer Eltern, Erzieher oder deren Vertreter und außerhalb der Wohnung nur in deren Beisein rauchen, Alkohol enthaltende Getränke zu sich nehmen. In den Abendstunden, nach 7 Uhr oder nach Eintritt der Dunkelheit, wenn diese später eintritt, dürfen jugendliche Personen Wirtschaften nur in Begleitung der Eltern, Erzieher oder deren Vertreter besuchen, falls es sich nicht um eine notwendige Einkehr auf Reisen oder Wanderungen handelt. Der Besuch von Lichtspielhäusern und Schaustellungen, die unter dem Namen Spezialitätentheater, Varietés, Tingeltangel, Kabaretts u. a. veranstaltet werden, ebenso von Wirtschaften, in denen Sänger oder Sängerinnen auftreten, ist jugendlichen Personen verboten. Ausgenommen sind besondere Jugendvorstellungen, die als solche von den Ortspolizeibehörden geprüft und zugelassen sind. Das zwecklose Verweilen von jugendlichen Personen auf öffentlichen Straßen und Plätzen in den Abendstunden ist verboten. Wirte und sonstige Geschäftsinhaber dürfen den Besuch Jugendlicher nur insoweit erlauben, als er nach den vorstehenden Bestimmungen zulässig ist. Unrichtige Angaben über das Alter jugendlicher Personen, die von ihnen selbst oder von andern gemacht werden, sind strafbar. Wenn an einzelnen Orten oder für bestimmte Bezirke schärfere Bestimmungen bestehen, so bleiben sie in Kraft“.

Anzeige im General-Anzeiger vom 29. Dezember 1915Ueber das diesjährige Weihnachtsgeschäft in Bonn
haben wir, wie in früheren Jahren, bei einer Anzahl führender Geschäfte wieder eine Um­frage veranstaltet. Danach ist das diesjährige Weihnachtsgeschäft im allgemeinen besser ausgefallen, als man der Kriegszeit entsprechend erwarten konnte. Es ist bezeichnend, daß im Vergleich zum Vorjahre Umsatz und Verdienst in fast allen Geschäftszweigen sich gesteigert haben. Dabei hat sich vor allem gezeigt, daß die weniger bemittelten Bevölke­rungskreise, die in früheren (Friedens-) Jahren nur wenig zum Weihnachtsgeschäft beitra­gen konnten, durch vermehrte Verdienstmöglichkeiten, die sich in bestimmten Industrien und vor allem im benachbarten Siegburg bieten, sehr viel kaufkräftiger geworden sind und daß gerade sie in diesem Jahre ganz bedeutend zur Hebung des Weihnachtsgeschäfts beigetragen haben. Wie im vorigen Jahre schon, waren es auch heuer wieder vor allem die praktischen Bedürfnissen dienenden Gegenstände, die vorwiegend gekauft wurden, es ist aber ein gutes Zeichen für die Kaufkraft, daß hierbei in fast allen Geschäftszweigen die guten und gediegenen Waren den Vorzug vor den billigen und natürlich auch schlechten Waren erhielten. Wenn der Umsatz in Luxusgegenständen auch bedeutend geringer war wie in Friedenszeiten, so hat doch auch er sich gegen die erste Kriegsweihnachten ent­schieden gehoben, so daß er in einigen Geschäftszweigen nicht mehr als schlecht be­zeichnet werden konnte. Wir geben die Einzelergebnisse unserer Umfrage hier wieder.
   Der Buchhandel verzeichnet ein recht gutes Weihnachtsgeschäft. Es scheint, als habe die Kriegszeit die Wertschätzung guter Bücher gesteigert, auch mögen in vielen Fällen die eingeschränkten Ausgaben für Luxusgegenstände durch Buchkäufe ersetzt worden sein. Viele Bücher sind auch zum Versand ins Feld gekauft worden. Zu den am meisten ver­langten Büchern gehören u.a. Lauffs Anne Susanne, Meyrinks Golem, dessen Feldpost­ausgabe leider zu spät für Weihnachten auf den Markt kam. Naumanns Mitteleuropa, Deutschland und der Weltkrieg, Ganghofers Trutze von Trutzberg, Lily Brauns Lebenssu­cher, Paul Kellers Ferien vom Isch, die Montanusbücher, ferner Eulenbergs letzte Bilder, die Gottfried-Keller-Biographie von Ermatinger, der zweibändige Auszug aus den Werken Friedrichs des Großen. Auch Jugendschriften und Bilderbücher gingen recht gut.
   Der Kunsthandel hatte ein besseres Weihnachtsgeschäft als im vorigen Jahre, es blieb aber hinter Friedensjahren zurück, weil in der Hauptsache nur kleinere Stücke gekauft wurden und die besser gestellten Kreise mit ihren Einkäufen zurückhielten.
   Das Weihnachtsgeschäft in Spielwaren war gut, ebenso gut wie vor dem Kriege. Es hat schon verhältnismäßig früh eingesetzt und sich so auf einen längeren Zeitraum wie sonst verteilt. Käufer waren in erster Linie Mittelstand und Arbeiter, von den Wohlhabenden wur­den wenig Spielwaren gekauft. Trotzdem wurden, ohne Rücksicht auf den Preis, gute und gediegene Sachen gekauft.
   Die Konditoreien hatten gleichfalls ein sehr gutes Weihnachtsgeschäft, an dem alle Kreise der Einwohnerschaft gleichzeitig beteiligt waren. Der Umsatz war sogar größer als in Frie­denszeiten, weil viele Waren, die sonst auch von Bäckereien hergestellt werden, infolge der behördlich geregelten Mehlverteilung jetzt von den Bäckern nur in beschränktem Maße geführt werden konnten, allerdings konnte der Reinverdienst nicht in dem Maße wie der Umsatz steigen, da die Rohstoffpreise zu hoch waren und die Verkaufspreise nicht im gleichen Verhältnis erhöht werden konnten.
   Das Geschäft in Lederwaren war zufriedenstellend. Es wurden jedoch nur kleinere Gegen­stände verlangt, diese dafür – auch als Geschenke für die Verwundeten – in größerer An­zahl auf einmal. Bei feineren Lederwaren schreckten die infolge der Lederteuerung hohen Preise vom Kaufen ab. Große Gegenstände, wie Reisekoffer und -taschen, die im vorigen Jahre noch häufig verlangt wurde, kamen diesmal gar nicht in Betracht.
   Das Damenhut- und Putzgeschäft, dessen beste Zeit ja allerdings auch sonst nicht vor Weihnachten liegt, hat sehr zu wünschen übrig gelassen. Es müßte, wenn nicht der Mittel­stand und die weniger bemittelten Kreise einige Einkäufe gemacht hätten, gerade zu schlecht bezeichnet werden.
   In Gold- und Silberwaren war das Weihnachtsgeschäft viel besser als man erwartet hatte und auch besser wie im vorigen Jahre. Es wurden auch teure und wertvolle Schmuck­stücke gekauft, in der Hauptsache wurden jedoch die mittleren und billigeren Preislagen verlangt.
Das Geschäft in Pelzwaren war zwar geringer als in Friedensjahren, aber auch der Zeit entsprechend gut und besser wie im Vorjahre.
   In Schuhwaren war das Weihnachtsgeschäft über Erwarten gut, nicht geringer wie in Frie­densjahren. Trotz der gegen früher bedeutend höheren Preise wurden in der Hauptsache gute und gediegene Waren gekauft.
   Das Geschäft in Zigarren und Zigaretten war im allgemeinen recht gut, weil der Versand ins Feld eine wichtige Rolle spielte. Das Geschäft gestaltete sich aber schwierig, weil die Kleinpackungen zu 25 Stück wegen des Holzmangels nicht in der wünschenswerten Men­ge zu beschaffen waren, es litt in den letzten Tagen auch sehr unter dem schlechten Wet­ter.
   In Damenkleidung und Modewaren war das Geschäft sehr lebhaft, auf jeden Fall besser wie im vergangenen Jahre und vielleicht sogar noch besser wie im Frieden. Käufer waren auch in diesem Geschäftszweige in erster Linie die Angestellten und Arbeiter der jetzt blü­henden Industrien, vor allem der Siegburger und der Landkundschaft. Gute Mittelwaren wurden bevorzugt.
   Der Verkauf von Branntwein und Spirituosen litt sehr unter der Regierungspolizeiverord­nung, die die Abgabe von billigeren Stoffen verbietet.
   Schokoladenwaren, Bonbons usw. wurde mehr als in Friedensjahren gekauft, infolge des Feldpostversands jedoch früher als sonst. Die letzten Tage vor Weihnachten, in denen die Einkäufe für den Hausgebrauch gemacht zu werden pflegen, litten unter schlechtem Wet­ter.
   Das Blumengeschäft war im Vergleich zu Friedensjahren gering, weil die aus Holland ein­geführten Blumen doppelt so teuer sind wie die früher aus Südfrankreich bezogenen, de­ren Einfuhr selbstverständlich fehlt.
In Glas- und Porzellanwaren war das Weihnachtsgeschäft besser als das vorjährige und der Zeit entsprechend, befriedigend. Die geringeren und mittleren Preislagen fanden eini­germaßen Absatz, bessere und teuere Sachen sind wenig gekauft worden.
   Teppiche und Orientwaren wurden wenig gekauft, der Umsatz war nur etwa ein Viertel so groß wie in früheren Jahren.
   In Kurz-, Weiß- und Wollwaren konnte die Menge des Umsatzes die der früheren Jahre zwar nicht erreichen, infolge der bedeutend höheren Preise war das Ergebnis jedoch recht gut. Die notwendigen Gebrauchswaren fanden sehr guten Absatz. Im ganzen blieb das heurige Weihnachtsgeschäft hinter dem der letzten Friedensjahre nicht zurück.
   Das Weihnachtsgeschäft in Haus- und Küchengeräten blieb hinter dem der Friedensjahre weit zurück. Es wurden vorwiegend Gegenstände für den täglichen Gebrauch gekauft, auch Metallwaren, Holz- und Ausstattungsgegenstände, im allgemeinen wurden aber nur kleinere und billigere Sachen verlangt.
   Das Weihnachtsgeschäft in Papier- und Schreibwaren wurde durch den Versand von Briefpapier ins Feld recht günstig beeinflußt, so daß es im Vergleich zu anderen Jahren befriedigend abschloß. Bemerkenswert ist, daß nur noch sehr wenig farbiges, sondern fast nur weißes Papier verlangt, dabei aber auf Gediegenheit und geschmackvolle Aufma­chung großer Wert gelegt wird.
   Seide und Samt wurden in diesem Jahre durch den hohen Preis der Wollstoffe begünstigt. Das Geschäft war infolgedessen lebhafter wie im vorigen Jahre. Ein Ausfall gegen Frie­denszeiten ergab sich jedoch daraus, daß vornehme Gesellschaftskleider und Stoffe dafür fast gar nicht gekauft werden.
   Das Geschäft in Musikinstrumenten blieb erheblich hinter dem der letzten Friedensjahre zurück. Mund- und Ziehharmonikas werden wohl vielfach gekauft, auch Mandolinen und Gitarren, größere und kostspieligere Instrumente wurden dagegen fast überhaupt nicht verlangt.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

      

Der Pommern-Verein veranstaltete am 1. Feiertage im Nordischen Hofe seine Weihnachtsfeier mit Bescherung. Knaben und Mädchen erfreuten mit Gedichten, zwei Damen durch Liedervorträge. Nach reichlicher Bescherung der Großen und Kleinen wurden praktische Gegenstände unter den Anwesenden verlost.

Einen Eimer Gelee hatte ein junger Mann von auswärts von einem Wagen gestohlen. Der Diebstahl wurde sofort bemerkt und der Eimer Gelee dem Dieb abgenommen, Das Schöffengericht verurteilte ihn gestern zu einer Gefängnisstrafe von einem Monat, worauf drei Wochen der erlittenen Untersuchungshaft angerechnet werden sollen.

Gegen die Brotgetreide-Verfütterung muß – so schreibt man uns von zuständiger Stelle – mit allen Mitteln vorgegangen werden, da die Landwirte trotz aller Verbote immer noch solches Getreide unter allen möglichen Vorwänden verfüttern. In den Kriegszeiten, in denen wir vom Ausland abgesperrt sind, muß auch das minderwertige Getreide durch Bearbeitung dem Brotkonsum nutzbar gemacht werden. Darum sind Verstöße gegen das Verfütterungsverbot ein Verbrechen, das an unserem Vaterlande im Krieg begangen wird. In allen ländlichen Kreisen sollte immer wieder mit Nachdruck darauf hingewiesen werden: Wer Brotgetreide verfüttert, macht sich strafbar und versündigt sich an dem Vaterlande.

Durch ein Versehen der Behörde hatte eine Frau aus Godesberg, der wöchentlich 2 ½ Brot zustanden, eine Brotkarte nur über 1½ Brot erhalten. Die Inhaberin einer Bäckerei verabfolgte ihr aber dennoch wöchentlich 2½ Brote. Der Irrtum wurde schließlich bemerkt und die Sache kam zur Anzeige. Sowohl die Inhaberin der Brotkarte als auch die Bäckereiinhaberin standen gestern vor dem Schöffengericht wegen Uebertretung der Bundesratsverordnung über das Bäckereiwesen. Das Schöffengericht verurteilte beide wegen Uebertretung dieser Verordnung. Die Inhaberin der Brotkarte kam mit einer Geldstrafe von 5 Mk., die Inhaberin der Bäckerei mit einer Geldstrafe von 15 Mk. davon. Letztere war schon vorher wegen einer gleichen Uebertretung bestraft worden.

Wegen Uebertretung der Bundesratsverordnung hatte sich gestern ein Bäcker aus Vilich-Rheindorf vor dem Schöffengericht zu verantworten. Er sollte morgens schon vor 7 Uhr mit der Arbeit in seiner Bäckerei begonnen haben. Der Angeklagte bestritt die ihm zur Last gelegte Beschuldigung. Das Gericht vertage die Verhandlung zur Ladung von Zeugen und Sachverständigen.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

Godesberg, 29. Dez. Das „Eiserne Kreuz von Godesberg“, welches zum Besten der Hinterbliebenen gefallener Krieger aus der Bürgermeisterei Godesberg am 12. September eingeweiht wurde und gleich am ersten Nagelungstage schon 4703 Mark erbrachte, hat bis heute eine Gesamtsumme von 18.250 Mark erreicht. Auch das Loskaufen von Neujahrsbesuchen und Neujahrswünschen ist durch Zahlung von drei Mark jetzt in seinen Dienst gestellt worden.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Von Nah und Fern.“)

     

Arndt-Eiche in Eisen. Die Nagelung brachte an den beiden Weihnachtstagen 592,06 Mark, am letzten Montag 416,16 Mark ein.

Das Pfadfinder-Korps Bonn versammelte seine Mitglieder, Freunde und Gönner am zweiten Weihnachtstag im Saale von Schumacher in Kessenich zu einer Weihnachtsfeier. Der große Saal war bis auf den letzten Platz gefüllt. Herr Oberfeldmeister Laabs begrüßte die Anwesenden und gab Weihnachtsgrüße von früheren Pfadfindern des Korps bekannt. Die aus Mitgliedern des Korps bestehende Kapelle leistete recht Erfreuliches. Die vorgetragenen Gedichte, darunter solche von dem Gründer des Bonner Pfadfinder-Korps, Herrn v. Gottberg, fanden allgemeinen Beifall und auch das von jungen Leuten flott gespielte Lustspiel fand, namentlich bei der recht zahlreich vertretenen Jugend großes Gefallen. Der Festredner ermahnte in seiner Ansprache die Jugend – Gotte – Vaterland – König – als drei Dinge, an die ein echter Deutscher nicht rütteln lassen dürfe, immer hoch und in Ehren zu halten und sprach allen, die zu dem schönen Gelingen des Festes beigetragen, den Dank der Anwesenden aus. Der Ertrag des Festes war für die im Felde befindlichen Mitglieder des Korps bestimmt.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)

Duisdorf, 27. Dez. Eine Weihnachtsfreude wurde auch den Feldgrauen aus der hiesigen Bürgermeisterei bereitet. Aus den Mitteln, die der Bürgeremeistereirat bewilligte und Sammlungen einbrachten, sind einige Tage vor Weihnachten 84 Pakete abgesandt worden. Schon jetzt ist eine erhebliche Anzahl von Feldpostkarten mit Dankesäußerungen beim hiesigen Bürgermeisteramt eingelaufen.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Von Nah und Fern“)