Dienstag, 28. September 1915

   

Anzeigepflicht der Hülsenfrüchte. Zu der Bundesratsverordnung über den Verkehr mit Hülsenfrüchten vom 26. August bestimmt der Oberbürgermeister: Wer Erbsen, Bohnen oder Linsen gedroschen oder ungedroschen mit Beginn des 1. Oktober 1915 in Gewahrsam hat, ist verpflichtet, die vorhandenen Mengen getrennt nach Arten und Eigentümer unter Nennung der Eigentümer spätestens bis zum 5. Oktober 1915 dem Geschäftszimmer für Handel und Gewerbe, Rathausgasse 10/12, Zimmer Nr. 19, in den Geschäftsstunden von 9 bis 12 Uhr vormittags unter Verwendung des vorgeschriebenen Anmeldebogens anzuzeigen. Die Anmeldebogen werden in dem Geschäftszimmer während der Dienststunden unentgeltlich verabfolgt. Nicht meldepflichtig sind u. a. Mengen unter einem Doppelzentner. Die Einzelheiten der Verordnung sind gleichfalls im städtischen Gewerbebüro zu erfahren.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

    

Anzeige im General-Anzeiger vom 28. September 1915In den Klostermannschen Anstalten wurden von den Schülerinnen 12.000 Mk. für die Kriegsanleihe gezeichnet und als gemeinsame Schulkriegsanleihe in der Sparkasse eingezahlt.

Die Singknaben des St. Remigius-Kirchenchors folgten vergangenen Samstag nachmittag einer Einladung ins Soldatenheim Koblenzerstraße 90. In großer Anzahl hatten sich die verwundeten Krieger eingefunden, sodaß die zur Verfügung stehenden Räumlichkeiten bis auf den letzten Platz besetzt waren. Ein reiches Programm brachte eine Auslese der schönsten ein- und mehrstimmigen Kunst- und Volkslieder, die in herzerfrischender Weise von dem wohlgeschulten Knabenchor, teils à capella, teils mit Instrumentalbegleitung, vorgetragen wurden. Der verehrte Dirigent, Herr Lehrer Habbig, hatte auf die Lieblingslieder der Soldaten in unserer großen Zeit Rücksicht genommen, und die Stimmen der Verwundeten vereinigten sich wiederholt mit den frischen Knabenstimmen zu einem imposanten, mächtigen Chor. Mehrere stimmungsvolle, dem Soldaten- und Weltkriegleben angepaßte Gedichte der Knaben fanden viele Anerkennung. Als äußeres Zeichen der Dankbarkeit gegenüber unseren verdienten Kriegern überreichten die Knaben eine Zigarrenspende. Nachdem die Leitung des Soldatenheims wiederholt ihre Freude und Anerkennung gegenüber dem Chor und dessen Dirigenten ausgesprochen brachte der letztere die Gefühle und Wünsche seiner Singknaben zum Ausdruck. Zum Schluß stattete ein schwer verwundeter, mit dem Eisernen Kreuz geschmückter Krieger, in schlichten herzlichen Worten seinen und seiner Kameraden Dank ab. Die von den Soldaten an die Knaben gerichteten markigen Worte werden diesen unvergeßlich sein.

Anzeige im General-Anzeiger vom 28. September 1915Die großen Regenmengen, die am Samstag, Sonntag und gestern niedergingen, waren für Feld und Garten Goldes wert. Ueberall waren die landwirtschaftlichen Arbeiten wegen der großen Bodentrockenheit ins Stocken geraten, und die allenthalben beginnende Rüben- und Kartoffelernte konnte nur mit Mühe ausgeführt werden. Von der Aussaat des Wintergetreides mußte man vorläufig Abstand nehmen, da die Körner ohne Feuchtigkeit nicht aufgehen konnten. Der Boden war derart tief ausgedörrt, daß die Gemüse- und Futterpflanzen in trockenen und sandigen Lagen unten gelb wurden und in ihrem Wachstum ein Stillstand eingetreten war. An dem starken Abfallen des Obstes war zum Teil auch die übermäßige Bodentrockenheit schuld. Der niedergegangene fruchtbare Regen hat allen diesen Uebelständen vorläufig ein Ende gemacht, und wenn sich der Regen in wenigen Tagen nochmals wiederholt, kann sowohl die Saat bestellt als auch die Rüben und Kartoffelernte ohne Schwierigkeit ausgeführt werden.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

Godesberg, 27. Sept. Das „Eiserne Kreuz von Godesberg“ erfuhr zur Benagelung in der verflossenen Woche folgenden korporativen Besuch: Die Fortbildungsschule, das Rektorat und die Jungfrauenkongregation an Herz-Jesu, die katholische Kinderbewahrschule, die Volksschulen von Plittersdorf, die Beamten und Arbeiter der Bahnmeisterei 3, das Evangelische Lyzeum, die Schwestern und Verwundeten des Lazaretts von der Heydt, die Schwestern vom Markusstift mit einer Anzahl Kindern, eine Stammtischgesellschaft, die Häuser Waldburg, Unverzagt, Mendelsohn-Bartholdy, Malepartus, Arndt und Philadelphia vom Pädagogium, die Volksschulen von Muffendorf, der Postbeamtenverein, die Jungfrauenkongregation von Plittersdorf, der katholische Jünglingsverein von Godesberg I und der katholische Gesellenverein. Auch goldene und silberne Anstecknägel wurden gekauft. Der letzte Wochenertrag betrug 2013 Mark gegen 2527 Mark in der voraufgegangenen Woche, sodaß mit Einschluß der am Einweihungstag erlösten 4703 Mark innerhalb der erst vierzehntägigen Ausstellungszeit schon der stattliche Gesamtbetrag von 9243 Mark bisher erzielt worden ist.

Godesberg, 27. Sept. Am kommenden Sonntag wird unserer Bürgerschaft ein vaterländischer Abend mit eigenartigem Gepräge geboten werden. Abweichend von der bisherigen Gepflogenheit, werden diesmal unsere Feldgrauen selbst die Veranstalter sein. Etwa 76 Verwundete des hiesigen Reserve-Lazaretts II (Markusstift) haben zusammen mit dem Pflegepersonal einen Musik- und Gesangverein, sowie einen Theaterverein gebildet und werden am kommenden Sonntag zum ersten Mal öffentlich auftreten.

Godesberg-Rüngsdorf, 27. Sept. Von Schülern der hiesigen Volksschule sind mit Einwilligung ihrer Eltern aus ihren Spargroschen insgesamt 1100 Mark auf die dritte Kriegsanleihe gezeichnet worden.

Anzeige im General-Anzeiger vom 28. September 1915Muffendorf, 27. Sept. Unter Führung des Gemeindeverordneten Jülich hat eine Kommission, bestehend aus dem Bürgermeister Zander, den Beigeordneten Prof. Dr. Wendelstadt und Fritzen, sowie des früheren Gemeindevorstehers Liemersdorf, sich durch eingehende Ortsbesichtigung davon überzeugt, welches Unrecht den hiesigen Bürgern geschehen ist, die seit den Godesberger Eingemeindungsbestrebungen mit teilweise meterhoch stehendem Kellerwasser zu kämpfen haben. Die Kommission erkannte an, daß die durch Zwangsmaßregeln der früheren Gemeindeverwaltung von der Wasserkalamität heimgesuchten Hausbesitzer gesundheitlich in hohem Maße geschädigt sind und alsbald Abhülfe notwendig sei. Die früher den Eingemeindungsgegnern zwangsweise entfernten Röhrchen zur Entwässerung der Keller können nun wieder gelegt werden, bis die Kanalisation des ganzen Ortes zur Durchführung gelangt. Dank der wohlwollenden Einsicht unserer neuen Gemeindeverwaltung wäre damit die Geschichte des Muffendorfer Röhrchens, die eine große Anzahl von Strafmandaten und einige Prozesse zu verzeichnen hat, endlich in friedliche Bahnen gelenkt. Die Muffendorfer werden ihrem neuen Bürgermeister diese gerechte Tat nicht vergessen.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Von Nah und Fern.“)

  

Herbstanfang. Vorgestern hatten wir Herbstanfang, und programmmäßig, wie es ihnen die Natur vorschreibt, haben uns mit gestrigem Tage die Schwalben verlassen. Ein altes Volkswort sagt: Maria Geburt – Jagt alle Schwalben furt! Am 24. hatten wir Maria Geburt. Die Folge des Wegzugs der Schwalben wird sich bald, sofern die warme Witterung anhält, in einer lästigen Zunahme der Fliegen und Mücken bemerkbar machen.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)