Sonntag, 12. September 1915

  

Bonner Stadttheater. Bekanntlich ist zwischen den Städten Bonn und Köln eine Vereinbarung getroffen worden, wonach durch die Vereinigten Kölner Stadttheater im Bonner Stadttheater wöchentlich zwei Schauspielvorstellungen und alle 14 Tage eine Opernvorstellung gegeben wird. Der Oberbürgermeister ladet in der heutigen Nummer unseres Blattes für die Theaterspielzeit 1915/16 zum Abonnement ein. Für die Vorstellungen werden Dauerkarten für zwei Reihen, A und B ausgegeben, derart daß auf eine Reihe wöchentlich eine Schauspielvorstellung und alle vier Wochen eine Opernvorstellung fällt. Der Preis für die Dauerkarte beträgt für die Zeit vom 1. Oktober bis 1. Januar einschließlich Kartensteuer und Kleiderablagegebühr Reihe A oder B 1. Rang und 1. Sperrsitz 30,50 M, 2. Sperrsitz und Fremdenloge 22,25 M. Wenn man in Betracht zieht, daß neben den Schauspielvorstellungen auch Opernvorstellungen gegeben werden, so darf man den Preis für die Dauerkarte als sehr gering bezeichnen. Ein besonderer Vorteil dürfte auch darin zu erblicken sein, daß die Zeichnung einer Dauerkarte für die erste Hälfte der Spielzeit nicht verpflichtet, auch für die zweite Hälfte eine Dauerkarte zu lösen.

Der Reichsverband der deutschen Gastwirtsverbände hat an die Reichsregierung eine Eingabe gerichtet, in der gegen die zunehmende Beschränkung des Gastwirtgewerbes durch Alkoholverbote, Früherlegung der Polizeistunde, Verbote von Veranstaltungen usw. Einspruch erhoben wird. Diese Maßnahmen ständen im scharfen Gegensatz zu dem hohen Grade von Tugend und Sittlichkeit unseres deutschen Volkes, der sich nicht nur in ernster Schlacht, sondern auch daheim in dem Drange zum Durchhalten und zur Mithilfe offenbare. Unser deutsches Volk verdiene nicht die aus solchen Maßnahmen sprechende sittliche Herabsetzung, es bedürfe nicht solcher polizeilicher Erziehungsmittel.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

   

Anzeige im General-Anzeiger vom 12. September 1915Ein weiser Richter. Im benachbarten Beuel wohnt eine sehr reiche Witwe, die vor ihrem Besitztum zwei prächtige Nussbäume stehen hat. Mehrere verwundete Soldaten, die dieser Tage dort vorübergingen, besahen sich mit Wohlgefallen den reichen Ertrag der Bäume und einer von ihnen warf im Weitergehen einen Stein in die Bäume. Dies hatte dir Witwe durch ein Fenster bemerkt: im höchsten Grade aufgebracht, eilte sie vor die Tür und machte den Soldaten in wohlgesetzter Rede das Verwerfliche ihres Tuns klar. Damit aber nicht genug, eilte sie zum Bürgermeister, dem sie den Fall vortrug. Nachdem sich die Frau in etwa beruhigt hatte, frug der Bürgermeister, wie hoch sie den Schaden taxiere. „Mindestens vier Stück haben sie mitgenommen“ entgegnete die Witwe in aufgeregtem Tone. Der Bürgermeister schüttelte bedenklich das Haupt und erklärte dann der Witwe, er werde die Sache in Ordnung bringen. Noch am selben Tag traf bei der Frau ein Paket ein, das ein ganzes Pfund Baumnüsse enthielt und obendrauf lag ein eigenhändiges Schreiben des Herrn Bürgermeisters, daß die Nüsse als Ersatz für die von den Soldaten requirierten vier Nüsse gelten sollen. Die überzähligen Nüsse möge sie als Vorschuß betrachten für den Fall, daß sich noch einmal ein Unbefugter an ihren Nüssen vergreifen würde.

Hausieren in Eisenbahnzügen. In den D-Zügen werden häufiger von mitfahrenden Frauen und Mädchen sogenannte Wohlfahrtspostkarten verkauft. Es sei darauf hingewiesen, daß das Hausieren in den Zügen streng verboten ist und auch für wirkliche oder angeblich wohltätige Zwecke keine Ausnahmen davon gemacht werden kann.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

   

Beförderungsverbot für Ansichtspostkarten nach dem Ausland. Aufgrund des § 5 der Postordnung vom 20 März 1900 werden bis auf weiteres nach dem Auslande gerichtete Postkarten mit Abbildungen von Städten, Stadtteilen, Ortschaften, Landschaften, besonders hervorragenden Baulichkeiten, Denkmälern Deutschlands, Oesterreich-Ungarns, Belgiens, der Türkei und der von den verbündeten deutschen, österreichisch-ungarischen und türkischen Heeren besetzten feindlichen Gebieten mit nachbezeichneten Ausnahmen von der Postbeförderung ausgeschlossen. Unter das Verbot fallende Sendungen sind vorkommendenfalls von den Postanstalten an den Absender zurückzugeben oder, wenn dieser nicht bekannt ist, nach den Vorschriften für unzustellbare Sendungen behandelt. Von dem Verbote werden nicht betroffen 1) Postkarten nach Oesterreich-Ungarn mit Abbildungen von Städten, Stadtteilen, Ortschaften, Landschaften, besonders hervorragenden Baulichkeiten, Denkmälern Oesterreich-Ungarns und 2) Postkarten nach der Türkei mit Abbildungen von Städten, Stadtteilen, Ortschaften, Landschaften, besonders hervorragenden Baulichkeiten, Denkmälern der Türkei.

Brotpreise. Der Vorstand der Bonner Bäcker-Innung hat beschlossen, vom 15. d. M. ab das Feinbrot zu 85 Pfg. und das Schwarzbrot zu 70 Pfg. zu verkaufen. Beide Brote sind ¼ Pfund schwerer als bisher.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)