Freitag, 10. September 1915

   

Die gemeinnützige Stellenvermittlung des Bundes deutscher Offiziersfrauen, Berlin SW.11, Hallesche Straße Nr. 20, hat einen großen Umfang angenommen. Der Bund war bisher in der Lage, Hunderten von Offiziersangehörigen, Witwen und Waisen und auch hin und wieder männlichen Angehörigen des Offiziersstandes standesgemäße Stellungen im ganzen Reiche nachzuweisen. Naturgemäß kann der Bund diese Tätigkeit nur auf Offiziersangehörige beschränken. Die Vermittlung ist von einer Mitgliedschaft unabhängig und für beide Teile kostenfrei. Es wird gewünscht, daß auch die Behörden mehr wie bisher die Stellenvermittlung des Bundes deutscher Offiziersfrauen in Anspruch nehmen möchten.

Sonntagswanderungen. Die Ortsgruppe Bonn des Eifelvereins führt am übermorgigen Sonntag ihre Mitglieder in die Ahrberge. Abfahrt von Bonn 6,47 Uhr, Rückkehr abends 9,02 Uhr. Der Westerwaldklub unternimmt übermorgen eine Nachmittagswanderung Remagen-Erpel-Erpeler Ley. Abfahrt von Bonn 2,29 Uhr.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

  

Anzeige im General-Anzeiger vom 10. September 1915Die Ernte der Walnüsse hat begonnen. Die Bäume liefern zwar nicht die reichen Erträge wie im letzten Jahre, doch ist das Ergebnis immerhin zufriedenstellend. Jetzt sind die beliebten Früchte in ihrer Reife so weit fortgeschritten, daß sie sich aus der grünen Hülle lösen und der leiseste Wind sie prasseln zu Boden wirft. Auch die Haselnusssträucher im königlichen Kottenforst wie auch in den Privatwaldungen bringen in diesem Jahre eine große Menge Nüsse.

Die Kriegskinder des katholischen Karl-Kinderhorts benutzten den letzten Ferientag zu einem Ausflug an die Sieg. Oberbürgermeister Spiritus hatte in liebenswürdiger Weise die freie Benutzung der Rheinbrücke gestattet, und so marschierte dann die muntere Schar unter Vorantragen von Fahnen nach Beuel und in die Siegniederungen, wo man sich das mitgenommene Kriegsbrot gut schmecken ließ. Heimwärts ging es über Schwarz-Rheindorf, wo die berühmte Doppelkirche besucht wurde. Herr Pfarrer Bremer hatte die Liebenswürdigkeit, den Kleinen die Kirche und die Malereien zu erklären. Es war für die Kinder ein schöner Ferienabschluß und wird sie anspornen, auch fernerhin gern und fleißig den Hort zu besuchen.

Schützengrabenkrieg auf der Viktorhöhe bei Godesberg.
Wie das kam? In der Pflege der Verwundeten und opferwilligen Liebesgabentätigkeit hatten alle Kreise unsers Nachbarortes mit einander in edlem Wetteifer gewirkt. Als kleine Anerkennung hatten militärische Kreise, an ihrer Spitze Kurdirektor Hauptmann Thomas, den Godesbergern ein interessantes militärisches Schauspiel zugedacht. Verwundete aus den Godesberger Lazaretten hatten im Verein mit Mannschaften unseres Ersatz-Bataillons auf der Viktorhöhe eine feldmäßige Befestigung angelegt. Die wurde gestern kriegsmäßig besetzt, verteidigt und gestürmt und hierzu waren die Godesberger eingeladen und auch sehr zahlreich erscheinen.
   Die Viktorhöhe ist von schönem Wald besetzt. Unter den hohen Fichten zogen sich nun die Gräben und Sappen und Unterstände her; die Anmarschwege und das Vorgelände waren durch Stacheldrahtspannungen und spanische Reiter gespickt und boten böse Hindernisse. Um 6 Uhr rückten zwei Kompagnien Infanterie an; die eine besetzte die Gräben, die andere verschwand bald im Waldesdunkel, aus dem sie später als Angreifer auftauchen sollte. Auch lange Reihen von Verwundeten erschienen. Zu ihnen und den erschienenen Gästen sprach Herr Hauptmann Thomas kurze Begrüßungsworte, dankte dem Besitzer des Waldstückes, Herrn Professor Wendelstadt für sein Entgegenkommen und übergab dann einem Pionieroffizier das Wort. Der Herr – das Eiserne sprach von ehrenvoller Kriegstätigkeit – hielt dann einen eingehenden Vortrag über den heutigen Schützengraben, den zweckmäßig zu bauen uns die harte Not des Krieges gelehrt. Mit großem Interesse folgte alles den gut verständlichen Erläuterungen über Gräben, Unterstände, Schützennischen, Horchposten und Hindernisse. Und dann brach der Sturm los.
   Im Walde lagen schon die dunklen Abendschatten, da kroch es den gegenseitigen Hang herauf von verblassenden Gestalten, und wie die näher kamen und sich trotz Feldgrau schärfer abhoben, gingen leise Befehle durch die Gräben und dann krachte es auf. Hier, dort, drüben; an dem Ende, an jenem. Das schwoll zu scharfem ohrenbetäubenden Knattern und verklang und verhallte wieder in Einzelschüssen und erwob sich mit rasendem Schnellfeuer und langen und kurzen Feuerpausen. In langen Schützenreihen kam der Feind heran; er ballte sich zu dichten Sturmkolonnen, zog sich wieder auseinander, sprang vor und warf sich nieder. Das Werk mußte fein werden. Das Feuer aus dem Graben aber zwang ihn nieder und trieb ihn zuletzt zurück. Der Angriff war glücklich abgeschlagen. Dann lag lautlose Ruhe über dem Walde und den Gräben und so zog der Abend herauf und auf den Gewehren leuchteten matt die Bajonette. Hundert Augen bohrten sich in die Nacht des Waldes, der in unheimlicher Stille träumte. Und in dieser deckenden Finsternis kroch es wieder heran. Da schoß eine Leuchtkugel aus der Festung über die Bäume und fiel mit weißem Licht zwischen die Stämme und noch eine und wieder eine. Und das Licht zeigte den Büchsen die Feinde. Da knatterten wieder die Gewehre, der Wald hallte wider von Gruppenfeuer und Schnellfeuer. Von beiden Seiten sprachen die Gewehre in überschlagender Hast und dann – kam der Sturm. Die Angreifer hatten die Drahthindernisse zerschnitten, durchbrochen, unterkrochen und in dichten Haufen stürzten sie sich auf die Gräben zur letzten Arbeit mit dem Bajonett. Der Sieg schien errungen.
   Tiefe Nacht lag im Walde, da wanderten in langen Reihen die Verwundeten, Bürger und Bürgerinnen den Lichtern von Godesberg zu.
    Durch den Wald zogen die Soldaten ab. Seltsam getragen klangen ihre Lieder durch Nacht und Wald.

Anzeige im General-Anzeiger vom 10. September 1915„Wenn die Schwalben heimwärts ziehen“. Von einem Waldfreund wird uns geschrie­ben: Hart und kalt hat das Schicksal des Krieges die Menschheit von der Schönheit der Natur und deren Wandlungen abgelenkt. Unser ganzes Sinnen und Trachten beanspru­chen die Tagesereignisse auf den Kriegsschauplätzen. Die Vögel brachten uns die frohe Botschaft des Frühlings, mit strahlender Schönzeit zog der Sommer ins Land und nun ver­künden bereits lange Reihen auf den Telegraphendrähten sich zum Abschiede sammelnde Schwalben den nahenden Herbst. Nach sorgfältiger Schonung auf heimatlichem Boden winkt ihnen im Süden der Tod. Wir rufen ihnen eine glückliche Heimkehr zu. Auch sie zie­hen in Feindesland, wo die Vögel nicht beurteilt werden, wie schön sie sind und wie sie singen, sondern wie sie schmecken. Im Walde drückt die wachsende Herbststimmung mehr als sonst auf Herz und Gemüt. Der beginnende Blätterfall, als Zeichen rascher Ver­gänglichkeit, mahnt uns unwillkürlich, der großen Zahl der tapferen Krieger zu gedenken, welche auf den Schlachtfeldern bereits hinabgesunken sind in die kühle Erde, ewig auszu­ruhen für die dem Vaterlande erwiesenen Heldentaten. Die Zauberworte Waldesfrieden und Waldesruhe haben jetzt einen besonders wohltuenden Klang. Trübsal und schweres Leid zeigen unzähligen schwer geprüften Menschenherzen den Weg in die Waldeinsam­keit, dort in kirchlicher Ruhe Trost zu finden für das verlorene Glück. So lange die Welt be­steht, nie hat der Wald so viele ruhig dahinziehende Wanderer gesehen, die nach stiller Betrachtung über das Elend des Krieges fromme Wünsche zum Himmel senden, für die in Feindesland mit elementarer Gewalt an den Rand des Grabes gedrängten lieben Angehö­rigen. Nie hat die Menschheit die Ruhe des Waldes so schätzen gelernt als in dieser bitte­ren Zeit des furchtbaren Krieges. Überschäumende Lebenslust, die sich mit Vorliege in der nur zu Ende gehenden Wanderzeit im Walde breit machte, bekam durch den Krieg einen schweren Schlag. Wo die Jugend Erheiterung sucht, schallt das Lied vom guten Kameraden über Berg und Tal. Zur bitteren Tatsache ist das wehmutsvoll klingende „Morgenrot“ geworden. Die kraftvollen Baumgestalten des Waldes, der unvergleichlich schöne deutsche Wald in seiner herrlichen Fülle erinnern uns aber zugleich an das starke deutsche Volk, dessen ausdauernde Kraft tief und fest wurzelt wie die deutsche Eiche.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

   

Das Viktoriatheater, welches sich seit der Wiedereröffnung der Spiele eines stets wachsenden Besuchs erfreut, bietet auch für diese Tage von Samstag bis Montag einschließlich wieder ein reichhaltiges, in jeder Weise gediegenes Programm. Nach ernsten Dramen sorgen heitere Einakter für die erforderliche Auslösung. Ein Besuch des Theaters bringt nach ernster Arbeit eine recht angenehme Ausspannung und Erholung.

Die Kriegsbeschädigtenfürsorge in der Rheinprovinz lautet der Titel einer im Auftrage des Tätigkeitsausschusses für Kriegsbeschädigtenfürsorge in der Rheinprovinz vom Landeshauptmann der Rheinprovinz in Düsseldorf unter Schriftleitung von Landesrat Dr. Horton, Düsseldorf, herausgegebenen Zeitschrift. Sie erscheint nach Bedarf, in der Regel monatlich und wird den Organen der Kriegsbeschädigtenfürsorge und den in der Kriegsbeschädigtenfürsorge tätigen Behörden unentgeltlich zugestellt. Andere Stellen und Private können das Blatt gegen einen Abonnementsbetrag von halbjährlich 1 Mark beziehen. Nr. 1 vom 4. September enthält: Amtliche Nachrichten – Bestimmungen über die Beratungsstelle für kriegsbeschädigte Handwerker in Köln – Bericht über die Sitzung des Tätigkeitsausschusses für Kriegsbeschädigte – Die autogenen Metallbearbeitungsverfahren im Dienste der Invalidenfürsorge – Literatur zur Kriegsbeschädigtenfürsorge.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)