Mittwoch, 8. September 1915

  

Anzeige im General-Anzeiger vom 8. September 1915Die dauernd Untauglichen. Zur Frage der Wehrpflicht der im Frieden dauernd untauglich bezeichneten Wehrpflichtigen verbreitet das Wolffsche Telegraphen-Büro folgende amtliche Mitteilung: In Abänderung des § 15 des Reichsmilitärgesetzes und des § 27 des Gesetzes vom 11. Februar 1888 durch den vom Reichstag bereits verabschiedeten Gesetzentwurf wird eine nochmalige Musterung der früher dauernd untauglich befundenen Wehrpflichtigen im Kriege möglich. Dies entspricht in erster Linie dem Rechtsempfinden des Volkes. Zahlreiche Eingaben erforderten die Einbringung eines solchen Gesetzes aus Gerechtigkeitsgründen. Durch den freiwilligen Eintritt einer großen Anzahl früher als dauernd unbrauchbar bezeichneten Wehrpflichtigen ist erwiesen, daß sich eine Menge jetzt Tauglicher unter diesen befinden. Zeit und Natur beseitigen häufig Mängel, die die frühere Entscheidung begründeten. Es wäre ebenso unbillig wie ungerecht und entspräche nicht dem Grundgedanken der allgemeinen Wehrpflicht, ältere Leute ins Feld zu schicken, so lange noch taugliche abkömmliche jüngere Leute vorhanden sind. Von einer Verlängerung der Wehrpflicht über das 45. Lebensjahr hinaus, wie oft behauptet wird, ist nicht die Rede.

Die Bestimmungen über die polizeiliche Anmeldung werden vom Oberbürgermeister aufs neue in Erinnerung gebracht. Reichsdeutsche, die in Bonn in Gast- oder Privathäusern dauern oder vorübergehend, auch besuchsweise Wohnung nehmen, müssen sich unverzüglich, spätestens 12 Stunden nach Beziehen der Wohnung bei der Polizei anmelden. Für Ausländer ist die Meldepflicht auf acht Stunden nach der Ankunft verkürzt. Erfolgt die Anmeldung nicht rechtzeitig, so werden nicht nur der Mieter, sondern auch der Vermieter mit wenigstens 30 M. Geldstrafe bestraft.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

    

Anzeige im General-Anzeiger vom 8. September 1915Neue Ehrentafel. Unsere Universität hat eine neue, am 1. September abgeschlossene Ehrentafel der im Dienste des Vaterlandes gefallenen Dozenten, Assistenten, Studenten und Angehörigen aufgestellt. Sie zählt Namen, Todestag und nähere Umstände von 3 Dozenten, 3 Assistenten, 176 Studierenden und einem Angestellten der Universität auf. Der Rektor widmet die in Heftform gedruckte Ehrentafel „als Zeichen teurer und dankbarer Erinnerung“ den Angehörigen der Gefallenen. Außerdem wird sie in großem Format am Schwarzen Brett, in der Aula und in den Hörsälen angeschlagen.

Zur Besserung der Aufschriften bei Feldpostsendungen hat das Kriegsministerium ein neues Verfahren angeordnet. Sämtliche Formationen des Feldheeres, nötigenfalls auch des Besatzungsheeres, haben ihren Unteroffizieren und Mannschaften umgedruckte Postkarten mit der richtigen Aufschrift auszuhändigen. Diese müssen den Angehörigen zugeschickt werden. Bei dem Umdruck soll streng darauf geachtet werden, daß die Angabe der Formation einfach, klar und der amtlichen Bezeichnung entsprechend geschieht. Abkürzungen sind nur so weit zulässig, als sie jeden Zweifel ausschließen. Diese Postkarten sollen aber nicht ausschließlich und fortlaufend verwendet werden. Sie dienen vielmehr den Absendern von Sendungen an Heeresangehörige als Vorlage für die Aufschrift. Es genügt deshalb, wenn sie in angemessenen Zwischenräumen und bei Uebertritt eines Truppenteils zu einem anderen Verband oder von Mannschaften zu anderen Formationen verschickt werden.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

Anzeige in der Deutschen Reichs-Zeitung vom 8. September 1915Petroleum. In Nummer 7814 des Sprechsaals ereifert sich ein „Unus pro multis“ über einen Wucherer und Vaterlandsfeind, der einen Vorrat von 40 000 Liter Petroleum hat und dennoch einer armen Frau kein halbes Liter davon abgeben wollte. Ich halte das für einen guten Witz, denn heute gibt es keinen Grossisten, der ein solches Quantum Petrole­um besitzt. Diejenigen Händler, die noch größere Mengen Petroleum hatten, haben in ih­rem eigenen Interesse dafür gesorgt, daß es bis zum 1. September, an dem bekanntlich der Höchstpreis von 32 bzw. 34 Pfg. festgesetzt worden ist, losgeschlagen war. Keiner die­ser Großhändler hat den Preis wieder bekommen, den er dafür bezahlt hat; er war froh, bis zu dem bestimmten Termin das Petroleum los zu sein, um nicht tausende von Mark zu verlieren. Ich kann Ihnen eine Fall nennen, in dem einige Händler zusammen am 12. Juli 15 000 Liter Petroleum erhielten, die im Einkauf 42 Mark mehr kosteten, als nach dem Höchstpreise, der drei Tage später in Kraft treten sollte, dafür zu erzielen war. In einem an­deren Falle hatte zur Zeit der Bundesratsverordnung eine Einkaufsgenossenschaft sechs Tankwagen mit Petroleum unterwegs, die bereits bezahlt waren. Der Unterschied zwi­schen Einkauf und Höchstpreis betrug hier 50 000 Mark zum Schaden der Einkaufsgenos­senschaft. Kann man nun mit Recht von einzelnen Bürgern solche Opfer verlangen? Dem Petroleum-Mangel ist heute noch immer nicht abgeholfen. Einzelne Geschäfte erhalten 10 oder 12 Liter für die Woche zugesagt und Großhändler bis zu 60 Liter. Was das auf jeden einzelnen Kunden für die Woche ausmacht, kann sich jeder selbst ausrechnen. An vielen Geschäftstüren findet man die Aufschrift, daß kein Petroleum zu haben sei. Derjenige Geschäftsmann, der heute noch im Besitz von teuer eingekauftem Petroleum ist, muß ihn zu dem festgesetzten Höchstpreis von 32 Pfg. abgeben oder er behält ihn im Keller und hat garnichts davon. Verkauft er ihn zu einem höheren Preis, als der Bundesrat vor­schreibt, so läuft er Gefahr, ins Gefängnis zu wandern. Sie sehen also, geehrter „Herr Unus pro multis“, auch die Sache hat ihre zwei Seiten. Ein Geschäftsmann

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)

    

Anzeige im General-Anzeiger vom 8. September 1915Goldsammlung. Nachdem bei Wiederbeginn der Schulzeit unsere Jugend von Ferienreisen zurückgekehrt ist, sei nochmals darauf aufmerksam gemacht, daß die hiesigen Sparkassen für Umwechslung von mindestens M. 50 Gold hübsch ausgestattete Gedenkblätter ausstellen, die für die Inhaber wertvolle Erinnerungen an unsere große Zeit darstellen. Mögen also die Schüler und Schülerinnen, die in den Ferien keine Gelegenheit dazu hatten, sich bei Verwandten und Freunden um Sammlung von Goldmünzen bemühen.

Geständig. Die am 4. ds. Mts. wegen der Ermordung der Ehefrau Schönefeld vom außerordentlichen Kriegsgericht verurteilte Witwe Höfer aus Lengsdorf, die in der Verhandlung nicht zu einem Geständnis zu bewegen war, hat nachträglich die Tat eingestanden und ein Gnadengesuch eingereicht.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)