Mittwoch, 21. Juli 1915

  

Der Bonner Wehrbund veranstaltete am verflossenen Sonntag keine gemeinsame Uebung seiner Abteilungen, um deren Mitgliedern Gelegenheit zu geben, sich auf das am nächsten Sonntage stattfindende Wetturnen vorzubereiten. Nur wer freiwillig wollte, konnte sich an den Uebungen Knien, Hinlegen und den verschiedenen Arten des Kriechens sowie dem Meldedienst beteiligen. Die Uebungsstätte war der Spielplatz an der Kölnstraße. Am kommenden Sonntag wird den jungen Wehrbündlern Gelegenheit geboten, körperliche Geschicklichkeit in den mannigfachsten Uebungen zu erproben. Außer einem Dreikampf im Werfen von Handgranaten, Hochspringen, 100-Meter.Lauf werden als Einzelwettkämpfe, Zielwerfen mit Handgranaten, Hindernislauf und als Mannschaftswettkämpfe Eilbotenlauf, Lauf über 1000 Meter, Exerzierübungen veranstaltet. An diesen Uebungen kann jeder junge Mann im Alter von 16 bis 18 Jahren teilnehmen.

Mit dem Lebensmittelwucher werden sich die Stadtverordneten in der übermorgigen Sitzung beschäftigen. Auf der Einladung zur Stadtverordnetensitzung steht als 11. Punkt die schon mitgeteilte Anfrage des Stadtverordneten Henry.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

  

Als Ausdruck ihres vaterländischen Empfindens und der tiefen Dankbarkeit gegen unsere heldenmütigen Krieger hat Frau Justizrat Conzen den Betrag von 5000 Mark gestiftet, deren Zinsen in erster Linie als Beihülfe für Kriegsbeschädigte der Stadt Bonn ohne Unterschied der Konfession verwendet werden sollen, um sie wieder erwerbsfähig zu machen (Beihülfen zu künstlichen Gliedern oder deren Erneuerung usw.) und falls solche nicht mehr vorhanden sind, für Hülfsbedürftige, die an den Schlachten des gegenwärtigen Krieges teilgenommen haben, und falls deren keine mehr vorhanden sind, ganz allgemein für Hülfsbedürftige.
  
Ueber die Annahme und Anlegung der Schenkung als Sophie Conzen-Stiftung, die vom Armenrat empfohlen wird, werden die Stadtverordneten am Freitag beraten.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

  

Dolmetscher gesucht. Das Bezirkskommando in Bonn ersucht sprachenkundige ungediente nur garnisondienstfähige Landsturmpflichtige sich sofort spätestens bis zum 21. d. M. als Dolmetscher zu melden.

Als Oberschwester ist gegenwärtig auf dem österreichischen Kriegsschauplatze eine deutsche Studentin tätig, nämlich Fräulein cand. Phil. Maria Liessem, deren Familie auch in der hiesigen Gegend wohlbekannt ist. Der Vater, ein geborener Lengsdorfer, ist Lehrer in Köln, der Großvater war über 50 Jahre Lehrer in Lengsdorf. Nachdem Fräulein Liessem ihre Studien in Köln und Bonn beendet, reiste sie wenige Tage vor Ausbruch des gegenwärtigen Krieges auch noch studienhalber nach England. Es gelang ihr, mit dem letzten unbehelligt auslaufendem Dampfer London zu verlassen und, obgleich ein französisches Schiff den Dampfer verfolgte, glücklich in ihr deutsches Vaterland zurückzukehren. Sofort stellte sie sich im Festungslazarett Metz als Krankenpflegerin dem Roten Kreuz zur Verfügung und war hier 2½ Monate tätig. Dann ging sie mit dem Feldlazarett nach Lille in Frankreich und waltete dort bis in die vorderste Feuerlinie ihres neuen edlen Berufes. Darauf wurde sie von der Leitung nach dem galizischen Kriegsschauplatze geschickt. Hier erhielt sie für ihre hervorragenden Leistungen als Krankenpflegerin die österreichische silberne Ehrenmedaille mit der Kriegsdekoration und wurde zur chirurgischen Oberschwester ernannt. Sie ist gegenwärtig noch in Galizien tätig.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)