Dienstag, 20. Juli 1915

   

Anzeige im General-Anzeiger vom 20. Juli 1915Seine Durchlaucht Prinz Adolf zu Schaumburg-Lippe vollendet am heutigen 20. Juli sein 56. Lebensjahr. Der Prinz befindet sich beim Stabe eine Armeekorps auf dem westlichen Kriegsschauplatz.

Zur Frage der Errichtung eines Kriegserinnerungs-Standbildes in Bonn wird uns geschrieben: Es liegt nur zu nahe, daß Stammtischler für eine Figur der „Bonna“ Stimmung zu machen versuchen. Ich mache folgenden Vorschlag: Man errichte in den Rheinanlagen unterhalb des Alten Zoll dem Dichter des unvergänglichen Liedes „Sie sollen ihn nicht haben, den freien deutschen Rhein“, Nikolaus Becker, ein derartiges Denkmal in Holzbildhauerei. Becker war ein Bonner, an seinem Geburtshause (Sternstraße 64) erinnert eine Gedenktafel an ihn. Godesberg hat z. B. längst eine Straße nach ihm benannt, Bonn noch nicht. Ein würdigeres und ehrenvolleres Denkmal könnte ihm nicht gesetzt werden. Er hat am Rhein noch kein Denkmal. Um das Standbild vor Hochwasserbeschädigungen zu schützen, müßte es auf einen möglichst hohen Granitsockel gestellt werden, auf dessen Vorderseite der Anfang seines Rheinliedes eingemeißelt werden könnte.

Die Ueberführung von Leichen Gefallener vom Kriegsschauplatz in die Heimat ist bis auf weiteres eingestellt worden, weil nach einer kriegsministeriellen Bekanntmachung vom 16. d. M. die Ausgrabung von Leichen für die Monate Juli, August und September nicht mehr gestattet werden kann.

Der Sanitätshundeverein Bonn veranstaltete Samstag für Führer und Hunde einen Ue­bungsmarsch von etwa 32 Kilometer. Morgens um 6 Uhr gings von der Beethovenhalle, wo sich trotz der frühen Stunde schon zahlreiche Neugierigen eingefunden hatten, über Beuel, Hangelar nach Siegburg, wo grade Wochenmarkt stattfand und Führer und Hunde von der Bevölkerung aufs freudigste begrüßt wurden. Den Damen gefielen die schönen Hunden augenscheinlich vorzüglich, während die Männerwelt das mit militärischem Schneid ausgeführte Antreten und Halten der Hunde, sowie deren vorzügliche Marschrich­tung lobend anerkannte. Am Ausgang Siegburgs überraschte die Frau des Sanitätshunde­führers Müller aus Siegburg jeden Führer mit einer vollgepfropften Blase süßer und rauch­barer Liebesgaben. Unter den Klängen eines stolzen Marschliedes ging es weiter auf Bir­linghoven zu, wo hinter dem freundlichen Dorfe an einem Wiesenbache Rast gemacht wurde. Führer und Hunde „teilten was im Beutel, war's Brot nur oder Wurst, sie löschten auch im Graben, weil sie nichts anders haben, zusammen ihren Durst“. Durch Holtorf, Kü­dinghoven, Limperich und Beuel gings im Gleichschritt nach Bonn zum Kaiserplatz. Ein kurzes Kommando: Abteilung halt! Front! Ausrichten! Führer und Hunde standen wir Mau­ern. Tretet weg! Und Führer und Hunde strebten müde und hungrig, doch frohgemut Mut­ters Kochtöpfen zu.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

    

Anzeige im General-Anzeiger vom 20. Juli 1915„Fürs Militär“. Eine aus Bonn stammende Verkäuferin bestahl in einem Kölner Geschäfte fast täglich die Ladentheke, gab von dem Geld dem Dienstmädchen des Hauses einen Teil mit, und dann gingen beide in eine nahegelegene Wirtschaft und traktierten „aus Mitleid fürs Militär“, wie sie sagten, dort anwesende Soldaten. Die Diebin, die einmal bestraft ist, erhielt an der Kölner Strafkammer vier Monate, das Dienstmädchen vier Wochen Gefängnis.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

An die Bonner Marktfrauen! Täglich liest man in der Zeitung lange Artikel über die Preiszunahme für Obst und Gemüse. Uns Kriegern hier draußen ist solches kaum verständlich. Ein Urteil können wir uns, die wir fast ein Jahr die Heimat nicht gesehen, kaum erlauben. Aber das Gefühl, daß mit diesem Artikel gewuchert wird, überkommt uns doch. Wäre es da nicht richtiger, wenn Ihr den Familien, deren Söhne mit Blut und Leben mit dafür gesorgt haben, daß Ihr überhaupt noch Obst und Gemüse auf den Markt bringen könnt, durch Regeln der Preise helfen würdet, daß auch sie alle ohne Zagen dem Kriegsende entgegen sehen können. Auch Ihr Marktfrauen habt mehr oder weniger Vater, Sohn und Verwandte hier vorm Feinde, denen es, genau wie uns, nicht vergönnt ist, frisches Obst und Gemüse zu essen. Daher vergönnt diesen Genuß wenigstens denen, die für uns daheim zittern und bangen. Damit kommt Ihr nicht allein der Pflicht nach, auch andere leben zu lassen, sondern Ihr helft mit an dem großen Werke, für das wir alle kämpfen, durchhalten und durchkämpfen, für Ehre und Ruhm des Vaterlandes. Wir appellieren an das alte Ehrgefühl der Bonner Marktfrauen, daß Bonn bald allen anderen Städten vorbildlich in für jede Familie erschwinglichen Preisen vorangeht.
Im Felde, 16. Juli 1915. Mehrer Bonner Jungen.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)

   

Anzeige im General-Anzeiger vom 20. Juli 1915Keine Ausfuhr heimischen Obstes! In der Presse ist davon die Rede gewesen, daß fremde Händler die Obstgebiete im hessischen und im preußischen Rheingau sowie an der Bergstraße bereisen und an Obst aufkaufen, was sie nur bekommen können. Auch wurde behauptet, daß große Mengen von Obst in Schiff und Bahn nach Holland ausgeführt würden. Demgegenüber können wir, so schreibt die Voss. Ztg., aufgrund von Erkundigungen an zuständiger Stelle feststellen, daß die Ausfuhr heimischen Obstes verboten ist und daß eine Ausfuhrerlaubnis für frisches Obst unter keinen Umständen erteilt wird. Vom 1. Juli an ist auch die Ausfuhr von frischen Kirschen, die bis Ende Juni gestattet war, untersagt und gesperrt.

Deutsche Jugend, opfere deine Sparpfennige den Kriegswaisen! Mit dieser Aufschrift werden gegenwärtig Sparkarten in den Schulen von den Lehrpersonen an alle Schulkinder verteilt. Durch diese Spende sollen Mittel zur Erziehung und Ausbildung von Kriegswaisen aufgebracht werden. Das Sparen geschieht durch Erwerbung von Sparmarken im Werte von je 10 Pfg., die von den Lehrpersonen verabfolgt werden. Jede Karte enthält Raum für 10 Zehnpfennigmarken. Von der ersparten Mark werden 90 Pfennige für die Kriegswaisen verwandt. Betragen die Ersparnisse ein Mark, so erhält das betreffende Kind ein Gedenkblatt, Größe 53 mal 42 Ztm., welches die Bilder unseres Kaisers, des Kaisers von Oesterreich und der bedeutendsten Feldherren im jetzige Kriege enthält. Diese Gedenkblätter werden durch die Schule gegen Rückgabe der Karte ausgehändigt. Die Sammlung wird am 1. April 1916 abgeschlossen. Diese Jugendspende steht unter der Aufsicht der Staatsregierung. An der Spitze der Einrichtung stehen folgende Herren: Ehrenvorsitzender: Dr. Kruse, Regierungspräsident in Düsseldorf, 1. Vorsitzender: Gerdes, Kgl. Schulrat, 2. Vorsitzender und Geschäftsführer Lehrer Reimickens, Kassenwart: Rektor Valentin in Essen.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)