Donnerstag, 1. Juli 1915

  

Anzeige im General-Anzeiger vom 1. Juli 1915Der Bonner Wehrbund hatte den verflossenen Sonntag von einer gemeinsamen Uebung seiner Abteilungen frei gehalten, um diesen Gelegenheit zu eigener Betätigung zu geben. Zurzeit werden neben den vom Kriegsminister angeordneten Uebungen Vorbereitungen zu einem Wettkampf getroffen, für dessen Verlauf eine im Feindesland von unseren Feldgrauen unternommene Veranstaltung vorbildlich ist. Kommen auf dem westlichen Kriegsschauplatz nach 30tägigem Ausharren im Schützengraben die Kämpfer in Ruhestellung, so werden nach vorliegenden Berichten an manchen Orten Leibesübungen verschiedener Art getrieben, um die steif gewordenen Knochen wieder gelenkig zu machen. Von Fuß-, Faust- und Schlagballspielen wird berichtet und auch von Wettkämpfen in volkstümlichen Uebungen, die im Kampfe verwendbar sind. Um Abwechslung in die sonntäglichen Unternehmungen des Wehrbundes zu bringen, soll an einem Sonntag im Juli auch ein Wettkampf veranstaltet werden, um den jugendlichen Mitgliedern Gelegenheit zu geben, ihre körperliche Geschicklichkeit zu zeigen. Eine 120 Meter lange Laufbahn wird angelegt, auf der sich als Hindernisse Hürden befinden, unter einer auf niedrigen Böcken liegenden Leiter durchgekrochen werden muß und schließlich ein 4 bis 5 Meter breiter Drahtverhau zu überwinden ist. Dann soll die Geschicklichkeit im Werfen von Handgranaten, im Hoch- und Weitsprung gezeigt werden, die Ausdauer und das Ordnungsverhalten der Mannschaften im Lauf und auch die Fertigkeit im Exerzieren. Alle Uebungen sollen im Anzug mit 2 ½ Kilogramm schwerer Rucksackbelastung mit gerolltem Mantel vorgenommen werden. Jugendlicher Ehrgeiz, den Sieg zu erringen, wird hoffentlich die Triebkraft sein zur Erzielung guter Leistungen.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

   

Anzeige im General-Anzeiger vom 1. Juli 1915In einer Sandgrube an der Kölner Chaussee hatten am 9. April Knaben gespielt. Einer von ihnen war beim Ausheben von Schützengräben verschüttet worden und totgeblieben. Die eingeleitete Untersuchung ergab, daß den Ziegeleibesitzer keine Schuld an dem Unfall trifft. Gestern stand er vor dem Schöffengericht unter der Anklage, eine Kiesgrube nicht genügend umzäunt zu haben. Er behauptete, die Kinder seien gegen seinen Willen in die Kiesgrube eingedrungen und hätten die Arbeiter, die sie wegwiesen, mit Steinen bombardiert. Er könne alles mögliche tun, die Kinder verschafften sich aber immer wieder Zutritt, in dem sie den Drahtzaun entfernten. Auch diesmal hätten sie ganze Enden des Drahtes zur Anlage von Hindernissen vor den Schützengräben benutzt. Nach Vernehmung des Baumeisters Thoma als Sachverständigen und mehrerer Zeugen erkannte das Schöffengericht auf Freisprechung des Ziegeleibesitzers, den keine Schuld treffe.

Eine große Aufregung machte sich in Godesberg zu Anfang der Mobilmachung geltend, als die eingezogenen Mannschaften in einer dortigen Wirtschaft verpflegt wurden. Die Eingezogenen beschwerten sich darüber, daß sie für eine Flasche Godesberger Wasser einschließlich der Flasche 40 Pfg. und für eine Postkarte mit Freimarke 15 Pfg. bezahlen mußten. In einer Godesberger Zeitung wurde die Sache in sehr scharfen Worten besprochen. Dem Inhaber der Verpflegungsstation ist von der Intendantur das 8. Armeekorps der Betrieb dieser Station und der Kriegsverpflegungsstation gekündigt und entzogen worden. Die Einwohner der Bachstraße, die die Eingezogenen auf ihrem Wege vom Bahnhof zur Verpflegungsstation durchziehen mußten, hatten vor ihren Häusern Tische mit Mineralwasser, das von der Gemeinde Godesberg umsonst zur Verfügung gestellt worden war, sowie mit Kaffee, Limonade und Schnittchen aufgestellt und riefen den Vorbeimarschierenden zu, sie möchten nur zugreifen, es werde alles umsonst hergegeben. Ein Schneidermeister aus der Bachstraße soll bei dem ersten Truppentransport den Eingezogenen zugerufen haben, geht nicht zu dem ... der bewuchert euch. Es ist eine Schande, daß er den Soldaten 30 Pfg. für eine Flasche Wasser, 40 Pfg. für Kaffee, und 50 Pfg. für ein Schnittchen abnimmt. Der Beklagte stand gestern wegen Beleidigung vor dem Schöffengericht. Er bestritt durchaus, die Aeußerung getan zu haben. Sein Verteidiger fand es sehr auffällig, daß der Kläger nicht gegen den mit Namen genannten Verfasser des Eingesandts vorgegangen sei. Der Kläger behauptete, er habe das im Drange der Geschäfte vergessen. Nach längerer Verhandlung, in der ein Zeuge mit Bestimmtheit bekundete, daß der Schneidermeister die unter Anklage gestellten Aeußerungen getan hatte, erkannte das Schöffengericht auf 20 Mark Geldstrafe.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

  

Verwundetenfahrt. Am Freitag wird der Moseldampfer „Prinz Heinrich“ von Bonn mit einer großen Anzahl Verwundeter aus den hiesigen Lazaretten nach Andernach und zurück fahren.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)