Freitag, 7. Mai 1915

  

Anzeige im General-Anzeiger vom 7. Mai 1915Einquartierung. Die Bürger werden darauf aufmerksam gemacht, daß die Zuweisung der Einquartierung mittels besonderer Quartierscheine erfolgt, daß daher Einquartierung nur gegen Abgabe der von der Stadt ausgestellten und gestempelten Scheine angenommen zu werden braucht.

Eine große Menschenmenge sammelte sich gestern abend in der Brückenstraße an. Eine Zeitlang war ein solches Gedränge, daß man sich kaum hindurchwinden konnte. Eine Frau wurde ohnmächtig.

Ein Mietsdiebstahl wurde gestern bei einer Zimmervermieterin in der Wolfstraße ausgeführt. Ein paar erschien und mietete ein Zimmer unter dem Vorgeben, sie wären Reisende und hielten sich mehrere Monate in Bonn auf. Am anderen Morgen war die „Dame“, die das Zimmer gemietet hatte, unter Mitnahme von Bettwäsche, Hemden und Blusen verschwunden. Dieser Fall, der nicht vereinzelt dasteht, diene als Warnung.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

 

Anzeige im General-Anzeiger vom 7. Mai 1915Riesige Heringsfänge. Blättermeldungen von der Ostsee berichten über ungeheure Heringsschwärme. Seit einigen Tagen werden in Trawemünde Heringe in solchen Massen gefangen, wie seit vielen Jahren nicht. Der andauernde Südwestwind treibt unabsehbare Heringsschwärme in die Lübecker Bucht. Die Heringe werden buchstäblich aus dem Wasser geschaufelt, anders sind die Riesenfänge nicht zu bewältigen. Die Fische stehen von der Wasseroberfläche bis auf den Grund wie eine Mauer. Die Heringe werden für 1 Pfg. das Pfund abgegeben. Obwohl sie in Lübeck und Hamburg massenhaft auf den Markt kamen, kann der Absatz mit den augenblicklichen Fängen nicht Schritt halten. Hoffentlich werden nun auch die Heringe hier in Bonn etwas billiger.

Zur weiteren Aufrechterhaltung des Volksschulunterrichts sollen die Zöglinge des Oberkursus an den Lehrer- und Lehrerinnenseminaren möglichst bald ihre Entlassungsprüfung ablegen.

Teuerungszulage für die städtischen Arbeiter. Aus christlichen Gewerkschaftskreisen schreibt man uns: Die Stadt Bonn hat kürzlich ihren Arbeitern eine Zulage bewilligt, jedoch mit der Maßgabe, daß sie nur bedürftigen Arbeitern zukommen soll. Feste Grundsätze sind dafür nicht aufgestellt und so herrscht denn in der Arbeiterschaft völlige Unklarheit darüber, wer Anspruch auf eine Zulage erheben kann. Bei der Straßenbahn hat man dagegen allen Leuten eine monatliche Zulage von 15 Mk. bewilligt. Inzwischen sind, wie uns mitgeteilt wird, in einzelnen Betrieben den Arbeitern 10% Zulage bewilligt worden. Wenn auch durch die Gewährung der Teuerungszulage die größte Not der Arbeiterschaft in etwa gelindert ist, so ist der ausgesprochene Wunsch nach Neuregelung der Lohnordnung für die städtischen Arbeiter und Straßenbahner doch wohl verständlich.

Das außerordentliche Kriegsgericht verurteilte gestern einen russischen Feldarbeiter von einem Gut bei Villip, der ohne polizeiliche Erlaubnis nach Neuß gereist war, zu drei Tagen Gefängnis. – Ein russischer Händler, dem mit seiner Familie der Aufenthalt in der Festung Köln untersagt worden war und der jetzt in Godesberg wohnt, hatte ohne polizeiliche Erlaubnis im Auftrag seines Vaters, eines Schusters, eine Reise nach Köln unternommen, um dort Leder einzukaufen. Das Gericht verurteilte ihn zu einer Gefängnisstrafe von einem Tage. (...)

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

 

Anzeige im General-Anzeiger vom 7. Mai 1915Bischof Karl Jos. Schulte von Paderborn leistete am Mittwoch den 5. Mai, auf seiner Durchreise durch unsere Stadt der Borromäusvereins-Zentrale am Wittelsbacherring einen einstündigen Besuch ab.
   Ein kleiner Kreis von Herren hatte sich zur Begrüßung des hohen Gastes eingefunden. Unter Führung einiger Mitglieder des Vorstandes besichtigte er die ausgedehnten Räume des 1913 fertiggestellten Hauses, für dessen Zweckmäßigkeit und einfache Schönheit er nur Worte des Lobes fand. Besonderes Interesse zeigte der Bischof für die Sammelstelle für Soldatenlektüre, die am 1. April bereits 1 ¾ Million Bücher und Schriften für die Mannschaften in der Front und in den Lazaretten unentgeltlich abgegeben hatte. Mit Genugtuung und Freude sprach er sich über die 70jährige Kulturarbeit und die derzeitige zeitgemäße Wirksamkeit des Vereins aus. Mittags 12 Uhr verließ der Hochwürdige Herr das Borromäushaus, um nach Paderborn weiterzureisen.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)