Montag, 19. April 1915

  

Sonnig und klar war gestern der Sonntag, weitsichtig die Luft. Doch wehte ein herber Ostwind, der im Schatten und da, wo er frei heran strich, frösteln machte. In den beiden letzten Nächten deckte Reif die Erde und die Wärme sank bedenklich auf den Gefrierpunkt zu. Immerhin zeigte das Thermometer in der vergangenen Nacht noch drei Grad über Null an. – Während die Bäume und Sträucher, besonders die Kastanien, schon stellenweise im Laub stehen – die Poppelsdorfer Allee zeigt schon ein grünes Laubdach – ist die Blüte der Obstbäume noch nirgendwo so recht zum Durchbruch gekommen. Hier und da schimmert wohl das Violett eines Pfirsich- oder das Weiß eines Frühpflaumenbaumes, aber allgemein ist die Hauptblüte noch nicht. Das hängt auch den kalten Ostwinden zusammen.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

Anzeige im General-Anzeiger vom 19. April 1915Godesberg, 19. April. Am Samstag abend fand im Saale der Wirtschaft Schäfer eine Versammlung der Anwohner des nordwestlichen Teiles von Godesberg statt, um über die Mittel und Wege zu beraten, damit hier an der Wurzerstraße (Unterführung Bonnerstraße) eine Haltestelle der elektrischen Straßenbahn Bonn-Godesberg-Mehlem errichtet werde. Der nordwestliche Ortsbezirk Godesberg ist dicht bevölkert und enthält die sämtlichen in Godesberg bestehenden industriellen Anlagen, wie Schlachthof, Güterbahnhof, Gas- und Elektrizitätswerk, die Fabriken des Schillerwerks, die Fabrik chemischer Produkte von Kleutgen und Meier, die Godesberger Bade-Apparate –Fabrik und die Fabrik Emag für physikalische Meßapparate. In all diesen Industriewerken sind viele auswärtige Arbeiter beschäftigt, die genötigt sind, die elektrische Straßenbahn von Bonn her sowie auch aus der Richtung von Mehlem tagsüber mehrmals zu benutzen. Für sie bedeutet diese neue Haltestelle der Wurzerstraße eine große Weg-Ersparnis, ebenso entspricht diese Haltestelle dem berechtigten Bedürfnisse aller Anwohner der Nordstraße, Stiftstraße, Wörthstraße, Weißenburgerstraße, Elsässerstraße, Pionierstraße, sowie größtenteils der Friesdorfer- und Bonnerstraße, deren Einwohnerzahl auf 1500 bis 2000 zu schätzen ist. Ueberdies wird diesen in der Erreichung der seitherigen Haltestelle an der Jungbluth’schen Wirtschaft oft auch mancherlei Schwierigkeit geboten durch die Sperrung des Straßenübergangs in der Plittersdorferstraße vonseiten der Staatseisenbahn. Durch das Fehlen einer eigenen Wartehalle sind bekanntlich dort auch recht viele Ueberstände, die oft zu Unzuträglichkeiten geführt haben. Mit dieser Neueinrichtung einer Haltestelle an der Wurzerstraße würde die Haltestelle Godesberg I mit einem Schlage wesentlich entlastet. – Aus der Versammlung wurde eine Kommission von drei Mitgliedern (Druecke, Mangels und Gantenberg) gewählt und mit den Weiterarbeiten betraut. Es sollen Massenunterschriften gesammelt und mit diesen an den Verkehrsverein zur weiteren Veranlassung herangetreten werden, zugleich werden auch die Leitungen der industriellen Werke diesbezügliche Anträge einbringen. Man hofft allgemein, daß die Durchführung des zweifellos berechtigten Verlangens von unserem Herrn Bürgermeister Zander an zuständiger Stelle erlangt werden wird.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Von Nah und fern“)

     

Das Siebengebirge und die anderen Ausflugsorte der Umgegend waren an dem gestrigen prachtvollen Frühlingssonntag sehr besucht. Die Bahnen konnten den Verkehr nur schwer bewältigen. Die elektrische Siebengebirgsbahn fuhr am Abend mit überfüllten Zügen nach Bonn zurück und konnte die Vielen, die an den Haltestellen Römlinghoven, Oberkassel warteten, nicht mehr befördern.

Pietätlosigkeit. In letzter Zeit ist es des öfteren vorgekommen, daß Agenten von auswärts in Familien vorsprachen, sobald die Nachricht vom Tode eines im Felde Gefallenen eingetroffen ist. Sie erweisen sich dann ungemein lästig und bieten sich an, die Photographie des Verstorbenen für billiges Geld zu vergrößern. Es ist bekannt, wie „billig“ meist später Verpackung usw. berechnet wird. Man weise deshalb derartigen Leuten höflich, aber energisch die Tür. Will man eine Vergrößerung des Bildes eines uns teuren Toten anfertigen lassen, dann gibt es leistungsfähige Geschäfte genug am Platze.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)