Donnerstag, 8. April 1915

  

Anzeige im General-Anzeiger vom 8. April 1915Esset auch Süßwasserfische! Die Fischnahrung ist berufen, während des gegenwärtigen Krieges eine besonders wichtige Rolle zu spielen, weil wir in der Lage sind, mit ihr unsere Fleischvorräte in sehr erheblichem Maße zu strecken; denn der Fisch in seinen verschiedenen Formen ist durch seinen Nährgehalt, namentlich durch seinen Reichtum an Eiweiß, aber auch durch seine leichte Verdaulichkeit besonders geeignet, das Warmblüterfleisch auf unserem Tisch zu ersetzen und bringt zugleich eine willkommene Abwechslung in die Reihe unserer täglichen Gerichte. Dies ist für die Seefische oft genug betont worden; es gilt aber auch für die Fische des Süßwassers, die uns andauernd in großen Mengen zur Verfügung stehen und in einer Mannigfaltigkeit, die jeder Geschmacksrichtung und jedem Grade pekuniärer Leistungsfähigkeit Rechnung trägt. Gerade dieser letztere Umstand macht es wünschenswert, daß diejenigen, die teure Fischsorten zu bezahlen in der Lage sind, auch solche kaufen. Gerade die vornehmsten Fischsorten des Süßwassers, wie z.B. Forelle, Lachs, oft auch Karpfen und Schleie stehen gegenwärtig niedriger im Preise als in normalen Zeiten, weil mit Unrecht fast jedermann – auch der Begüterte – bestrebt ist, die Ausgaben für seine Lebenshaltung wesentlich einzuschränken, und weil Gastereien und Festlichkeiten, bei denen diese Fische besonders gebraucht werden, wenig oder gar nicht stattfinden. Da die genannten Fischsorten – abgesehen natürlich vom Lachs – in überwiegendem Maße von unserer hochentwickelten Teichwirtschaft erzeugt und auf den Markt gebracht werden, so ist es auch im Interesse dieses wichtigen Zweiges unserer Landwirtschaft dringend zu wünschen, daß diese Ware einen flotten Absatz findet, so zwar, daß sich der in ihr schlummernde Aufwand von pfleglicher Arbeit und Futterkosten bezahlt macht, d.h. daß sie nicht zu Schleuderpreisen abgesetzt wird. Auch alle sonstige Süßwasserfischarten, wie Aal, Hecht, Barsch, Brassen u. a. m., die in Flüssen und Seen gefangen werden, sind gegenwärtig infolge geringerer Nachfrage meist billiger als zu Friedenszeiten und sollten viel eifriger gekauft werden.

  (Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

  

Kartoffeln und Schweine. (Inform. uns. Berl. Red.) Der Bundesrat hält, wie wir erfahren, in dieser Woche keine Sitzung ab, nur die Ausschüsse versammeln sich, um neue wirtschaftliche Maßnahmen zu beraten. Die Mitteilung über das Ergebnis der Kartoffelbestandsaufnahme in Deutschland hat im Bundesrat überrascht, man hatte ein günstigeres Ergebnis erwartet, man glaubt, daß die Vorräte von den Landwirten durchschnittlich um 85 Prozent zu niedrig angegeben worden sind. Da der Reichskanzler ermächtigt ist, eine zweite Zählung im April oder im Mai vornehmen zu lassen, wird nach dem jetzigen Eintritt besseren Wetters, das die allgemeine Oeffnung der Kartoffelmieten gestattet, eine genauere Zählung sich ermöglichen lassen. Ueber den neuen Zählungstermin ist eine Entscheidung noch nicht getroffen. In Anbetracht des vorläufigen Zählungsergebnisses wird es nach der Auffassung an zuständiger Regierungsstelle notwendig sein, noch etwa 2 ½ Millionen Schweine abzuschlachten, um die für die menschliche Ernährung erforderlichen Kartoffelvorräte zu sichern. Falls ein freihändiger Verkauf von Schweinen in genügendem Maße nicht stattfindet, wird zu Enteignungen geschritten werden.

Anzeige im General-Anzeiger vom 8. April 1915

Anzeige im General-Anzeiger vom 8. April 1915

Ankauf von Schweinen. Mit dem Ankauf halbreifer Schweine (Lebendgewicht 120 bis 180 Pfund) durch die Zentral-Einkaufsgesellschaft m. b. H. wird jetzt energisch vorgegangen. Zu diesem Zweck sind überall Vertrauensleute bestellt worden. Die Preise sind nach sechs Gewichtsklassen festgesetzt und bewegen sich von 55 bis 60 Mark für den Zentner Lebendgewicht. Der vom Bundesrat bestimmte Uebernahmepreis ist um 3 bis 6 Mark niedriger. Falls freiwillig nicht sofort alle Schweine der Gesellschaft zur Verfügung gestellt werden, haben die Landräte die Enteignung aller Schweine der genannten Gewichtsklassen unverzüglich vorzunehmen. Das ganze Einkaufsgeschäft soll mit größter Beschleunigung zur Durchführung kommen.

 (Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

  

Schulgärten, Turn- und Spielplätze sollen, so bestimmt ein Ministerialerlaß, überall da, wo deren Verwendung im Interesse der Schule durch den Krieg Hindernisse entgegengestellt wurden, zu Kartoffel- und Gemüseanpflanzungen verwendet werden.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)