Donnerstag, 4. März 1915

 

Anzeige in der Deutschen Reichs-Zeitung vom 4. März 1915Die Verlustliste Nr. 168 ist erschienen; (...) Infolge einer Vereinbarung der Zeitungsverleger werden Einzelauszüge aus den Verlustlisten künftig nicht mehr gebracht. Wir bitten, die Listen in unserer Geschäftsstelle einzusehen.

Warnung vor lügenhaften Nachrichten. Das Stellvertretende Generalkommando des 18. Armeekorps teilt mit: In letzter Zeit sind wiederholt beunruhigende Gerüchte über deutsche Niederlagen verbreitet worden; diese Gerüchte entbehren jeglicher Begründung. Es wird dringend gebeten, die Verbreitung derartiger lügenhafter Nachrichten zur Anzeige zu bringen, damit ihre Bestrafung veranlaßt werden kann.

Der Bonner Bergwerks- und Hüttenverein teilt in dem Bericht des Vorstandes über das Geschäftsjahr 1914 mit, daß der erzielte Betriebsüberschuß einschließlich des Gewinnvortrages von 285.189,56 Mark aus 1913 1.163.054 Mark beträgt. Wie für jede Industrie hatte auch für die Zementfabrik der Krieg Schwierigkeiten im Gefolge; besonders durch die Preissteigerung der Jutesäcke, dann auch die Einberufung mehrerer Arbeiter, durch den eingeschränkten Eisenbahntransport. Trotzdem daß einige alte Betriebsanlagen außer Betrieb gesetzt werden mußten, brauchte die Gesellschaft keine Arbeiter zu entlassen oder den Lohn herabzusetzen. Der Bau des Wohlfahrtshauses mußte in Anbetracht der Lage vertagt werden. Die Betriebskrankenkasse beteiligte sich an der Kriegsanleihe mit 10.000 Mark. Seit dem Kriegsausbruch wurden 118 Werksangehörige zum Heeresdienst einberufen, 110 stehen davon im Felde; 8 starben den Tod fürs Vaterland, 24 wurden verwundet, 4 erhielten das Eiserne Kreuz. Die Zuwendungen für Kriegsunterstützung an Familien der einberufenen Werksangehörigen betrugen in den ersten 5 Monaten 8761,38 Mark. (...) Der Bericht schließt: Die wirtschaftliche Lage im allgemeinen, wie der für die Kriegszeit geradezu glänzende Stand unseres Geldwesens, nicht zuletzt auch die Kraft und Einigkeit aller deutschen Volkskreise, berechtigten uns aus voller Ueberzeugung zu dem Ausspruch: Deutschlands Industrie kann und wird durchhalten bis ein Friede erkämpft ist, der den dargebrachten Opfern entspricht und Deutschland die Stellung in der Welt erringt, die ihm zukommt.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

 

Anzeige im General-Anzeiger vom 4. März 1915Böse Folgen eines Studentenulks. Ein 22jähriger Student des Rechtswissenschaft an der hiesigen Universität hat sich vor dem außerordentlichen Kriegsgericht für den Bereich der Festung Köln wegen Widerstandsleistung gegen die Staatsgewalt zu verantworten. Er hatte Mitte Januar abends auf dem Marktplatz mit mehreren Kommilitonen gelärmt, war dem Gebot des einschreitenden Polizeibeamten nicht gefolgt, und hatte sich, als dieser ihn gewaltsam entfernen wollte, von ihm losgerissen und nach dem Beamten geschlagen. Vorher suchte ein anderer Student den Beamten abzulenken, indem er ihn ersuchte, doch einmal nach den Kandelabern auf dem Markt zu sehen, denn er selbst habe soeben einen elektrischen Schlag bekommen. Der Beamte ließ sich aber nicht irreführen und verfolgte den ersten Studenten über den Markt.
  
Vor dem Kriegsgericht gab der Angeklagte an, er sei von dem Beamten geschlagen worden und habe in Notwehr gehandelt. Das außerordentliche Kriegsgericht entschied: Der Beamte befand sich in rechtmäßiger Amtsausübung gegen den die Ruhe störenden Studenten. Da dieser den Marktplatz nicht verlassen wollte, mußte der Beamte Gewalt anwenden und dagegen leistete der Angeklagte Widerstand. Die Studenten wollten den Beamten hänseln, was aus der Meldung des einen Studenten über die elektrische Ladung des Marktkandelabers hervorgeht. Eine tätliche Widerstandsleistung des Angeklagten liegt somit vor. Unter Annahme mildernder Umstände wurde der Student zu 400 Mk. Geldstrafe, im Nichtzahlungsfalle 50 Tagen Gefängnis verurteilt.

Der Eisenbahner-Verein Bonn veranstaltet angesichts der Notwendigkeit, möglichst weite Kreise unserer Bevölkerung über die zur Sicherstellung der Volksernährung während des Krieges zu ergreifenden Maßnahmen aufzuklären, am heutigen Donnerstagabend im Saale des Kath. Gesellenhauses für seine Mitglieder und deren erwachsenen Angehörigen Vorträge, zu denen auch Nichtmitglieder freien Zutritt haben.

 (Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

„Lehm op“. Sie brachten in Ihrer gestrigen Nummer die Notiz, daß das hiesige Husaren-Regiment am 7. März sein 100jähriges Bestehen feiert. Von einer Festlichkeit soll, wie ja auch nicht anders anzunehmen ist, Abstand genommen werden. Die Bonner werden es sich nicht nehmen lassen, an diesem Tage der Husaren durch Zusendung von Liebesgaben ins Feld zu gedenken. Wünschenswert wäre es, wenn an diesem Tage auch der bedürftigen alten „Lehm op’s“, die die Feldzüge von 1866 und 1870/71 mitgemacht haben, gedacht würde. Gar manche Veteranen wohnen hier, denen eine kleine „Liebesgabe“ an diesem Ehrentage zu gönnen wäre. Ein alter „Lehm op“.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)

 

Anzeige in der Deutschen Reichs-Zeitung vom 4. März 1915Es gibt noch Gold. Herr Lehrer Schäfer sammelte in diesen Tagen des 1. und 2. März in der Gemeinde Röttgen, woselbt er tätig ist, noch 730 Mark in Gold.

Eine neue Art der Verlustliste. In nächster Zeit werden am Anfang der deutschen Verlustlisten besondere Listen mit der Ueberschrift „Unermittelt Liste Nr. ....“ erscheinen. Diese Listen erhalten die Namen von Angehörigen der deutschen Armee, die in der Gefangenschaft oder in deutschen Lazaretten gestorben sind und bei denen der Truppenteil nicht festgestellt werden konnte, sowie solche mit Regimentsangabe, deren Richtigkeit aber nicht feststeht. Sie gelangen, mit fortlaufender Nummer versehen, von Zeit zu Zeit zum Abdruck.

Märzwetter. Mit Schneesturm hat der März sich eingeführt und mit Regenschauern und heftigen Windböen scheint er seine Herrschaft fortsetzen zu wollen. Hin und wieder wird der Himmel wolkenfrei. Dann leuchtet hell und warm die Frühlingssonne, unter deren belebender Kraft an Bäumen und Sträuchern Knospen schwellen und junge Zweige ans Licht streben. Aber bald darauf verfinstert sich wieder der Himmel und der Sturm zerrt und reißt in den Baumkronen und eine kalte Regendusche ergießt sich über die Erde.

Sammelt weiter! Obwohl vom Bürgermeisteramt in Beuel seit mehreren Monaten fortwährend Goldgeld gesammelt wurde, hat die Sammlung im Monat Februar noch weit über 12.000 Mark ergeben.

Wer hat noch überflüssige Noten? Deutsche Soldaten, meist Rheinländer, haben in Lille einen Gesangverein gegründet, der an den freien Nachmittagen die Verwundeten in den Lazaretten Lilles und der Nachbarorte besucht, um sie durch Lieder zu erfreuen. Es fehlt den Sängern aber am wichtigsten, nämlich an Noten. Da bitten sie uns, in unserem Leserkreise zu fragen, wer überflüssige Noten, besonders Noten für bekannte Volkslieder und vierstimmige Männerchöre nach Lille schicken kann. In erster Linie richten wir die Bitte an unsere Bonner Gesangvereine, die ganz gewiß altes Notenmaterial in einer staubigen Ecke ihrer Notenschränke aufbewahren, ohne es je zu gebrauchen. Bei unseren sangesfreudigen Kriegern im Felde würden diese vergessenen Noten wieder eine Zweckbestimmung finden. Man adressiere sie an: Reservist Karl Schaefer, Festungsfernsprecher-Abteilung in Lille, Feldpoststation 3. (...)

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)