Mittwoch, 10. Februar 1915

 

Anzeige im General-Anzeiger vom 10. Februar 1915Die Bonner Bäcker-Innung beschloß, vom 6. Febr. ab das Brot, Schwarz- und Feinbrot zu einem einheitlichen Preise von 70 Pfg. zu verkaufen, damit auch das Publikum weiß, daß das Brot in allen Geschäften zu gleichen Preisen zu haben sei. (...)

Kriegskochkurse sind in der hiesigen Fortbildungsschule eingerichtet worden. Die Meldungen zum ersten Kursus waren so zahlreich, daß gestern gleich der zweite eingerichtet werden mußte. Der eine Kursus kocht Dienstags und Mittwochs, der andere Donnerstags und Freitags abends von 7 ½ bis 10 Uhr. Zweck der Einrichtung ist Frauen und Mädchen anzuleiten, nahrhafte und schmackhafte Gerichte möglichst billig zu bereiten. Die Teilnahme an dem Kursus ist uentgeltlich. Für das von ihnen bereitete Essen zahlen die Teilnehmerinnen jedesmal 10 Pfg. Nach der Zubereitung erhält jeder das Rezept der Speise aufgeschrieben.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

 

Anzeige in der Deutschen Reichs-Zeitung vom 10. Februar 1915Die Pflichten der Hausfrau! Mehrere Bonner Hausfrauen fanden es angebracht, einen Vortrag über Hausfrauenpflichten zuhören zu können- Laut Bekanntmachung im General-Anzeiger, sollte es uns allen vergönnt sein, einen solchen Vortrag in der Lese anzuhören. Diese vielen Damen waren nicht wenig bestürzt beim Verlangen eines Eintritt-Geldes von nicht weniger als 50 Pfg. Wäre es nicht ratsamer, eine solche Einladung, es braucht ja nicht gerade Lese zu sein, vor allem aber den wirklichen Hausfrauen zukommen zu lassen. - "Ist es ein Vortrag für alle oder nur für die besser Situierten?" - Das ist der Wunsch aller Hausfrauen E.L.,H.L.,C.S,K.B.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)

 

Sterbegeld für die Hinterbliebenen gestorbener Krieger wird nur dann gewährt, wenn der Gestorbene vor seiner Einberufung Ernährer der Hinterbliebenen gewesen ist und der Sterbefall innerhalb der ersten drei Wochen nach erfolgtem Austritt aus der versicherungspflichtigen Beschäftigung erfolgte oder dessen Angehörige die Weiterversicherung rechtzeitig bewirkt haben. (...)

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)

 

Anzeige im General-Anzeiger vom 10. Februar 1915Eigenartige Zustände in Lengsdorf
hatten wir in der Nummer 39 vom 16. Mai 1914 des „Volksmund“ geschildert, die uns nach Versicherungen von vielen Seiten geradezu als unhaltbar erschienen. Uns leitete dabei nur das Bestreben, zur Klärung der Verhältnisse beizutragen; eine Beleidigung der in betracht kommenden Persönlichkeit, des Ortspfarrers, hat uns durchaus fern gelegen. Auch hatten wir keineswegs die Absicht, die Sache ironisch zu behandeln, und wenn einzelne Ausdrücke oder Wendungen in dem Artikel als Ironie empfunden werden können, so ist dies nach unserer Ansicht eine lediglich subjektive Auffassung. Uns lag vor allem daran, soviel wie möglich die Stimmung wiederzugeben, die gegen den Pfarrer in der Ortschaft bestand. Wie wir es überhaupt als den Beruf der Presse betrachten, vorhandene Mißstände überall aufzudecken. Aber wie so oft im menschlichen Leben, so mußte auch diesmal wieder derjenige büßen, der nur Gutes gewollt hatte. Der „Volksmund“ wurde wieder der Beleidigung angeklagt. Der Strafantrag richtete sich gegen den verantwortlichen Schriftleiter und den Verfasser des Artikels; es wurde aber durchgeführt gegen den Sohn der Besitzerin unseres Blattes, der die Aufnahme des durchgesehenen und vollständig gesetzten, aber noch zurückgestellten Artikels, über den in einigen Fällen noch die Ermittlungen fortgesetzt werden sollten, angeordnet hatte. Der Angeklagte wurde, weil das Anzeige im General-Anzeiger vom 10.2.1915Gericht den Wahrheitsbeweis nicht in allen Fällen als gelungen erachtete, zu hundert Mark Geldstrafe nebst den Kosten verurteilt; außerdem wurde dem als Nebenkläger zugelassenen Ortspfarrer die Befugnis zuerkannt, das Urteil einmal auf Kosten des Angeklagten im „Volksmund“ zu veröffentlichen.
   Die Verhandlungen vor der Strafkammer, zu der sich eine ganze Anzahl Zeugen freiwillig gemeldet hatte, ergaben indessen ein Bild von den in Lengsdorf herrschenden Zuständen, daß tatsächlich ein recht unerfreuliches ist. Wir nehmen gerne mit dem Ausdruck des Bedauerns zurück, was in dem Artikel behauptet worden ist, aber nicht nachgewiesen werden konnte. (...) Auch hat der Pfarrer nicht in öffentlicher Versammlung aufgefordert, das Lokal eines gewissen Wirtes nicht mehr zu besuchen. Sondern er hat nur in einer Zusammenkunft von 14 Vertrauensleuten der Zentrumspartei gesagt, das Lokal des betreffenden Wirtes könne er zu einer Versammlung nicht benutzen, weil der Wirt seinen religiösen Pflichten nicht genüge. (...) Das Geicht war der Ansicht, die Zusammenkunft der Vertrauensleute sei keine öffentliche Versammlung. Der Wirt hat die Schädigung aber wohl empfunden, die ihm aus der Aeußerung des Pfarrers entstanden ist. Das Gericht war auch der Ansicht, es läge noch keine Mißhandlung vor, wenn der Pfarrer die Kinder in der Schule verprügelte. Anzeige im General-Anzeiger vom 10. Februar 1915Durch Zeugenaussage wurde festgestellt, daß dies in zwei Stunden über vierzig mal geschehen sei; und der Vater eines Gezüchtigten sagte aus, dem Jungen sei das Blut unter den Nägeln hervorgequollen. (...) Das Verhältnis des Pfarrers zu dem bei den Pfarreingesessenen beliebten Kaplan war auch nicht das sonst übliche. Die Meinungsverschiedenheit beschränkte sich nicht nur auf die Seelsorge im allgemeinen, sondern auch auf die Behandlung der Jugendlichen, die der Kaplan in einem Verein leitete. Wir wollen auf diese Meinungsverschiedenheiten in der jetzigen Zeit nicht näher eingehen. Wie wir überhaupt jetzt alles zu vermeiden suchen, was irgend Zwietracht hervorrufen oder vorhandene vertiefen könnte. (...)
   Auf die Einzelheiten, die durch die Gerichtsverhandlung bekannt wurden, wollen wir nicht eingehen. Wir glauben dadurch der jetzt so notwendigen Eintracht besser zu dienen. Auch hier nicht weiter erörtern, daß die Zeugen in ihren eidlichen Aussagen den Pfarrer Nolte als den Ausgangspunkt der Zwietracht und Erbitterung in Lengsdorf hinstellten. Wir haben auch heute erst recht das Empfinden, dieser Pfarrer sei nicht am richtigen Platze. In dem Urteile heißt es ausdrücklich, er habe nach seiner subjektiven Auffassung geglaubt, seine Pflicht erfüllt zu haben, durch Beseitigung der Mißstände in der Pfarre, in der Wahl seiner Anzeige im General-Anzeiger vom 10.2.1915Mittel aber sei er zu weit gegangen, besonders dadurch, daß er seine geistliche Macht und weltliche Dinge verquickte. Das letzte Wort ist in dem Prozesse noch nicht gesprochen. Allgemein herrschte der Eindruck, durch die Verhandlungen sei nicht der Verurteilte gerichtet, sondern dem Pfarrer, ein reichlich schlechter Dienst erwiesen worden. (...)
   Die hiesige Tages-Presse hat den Prozeß nicht übergehen können. Recht eingehend und durchaus sachlich hat die Bonner Zeitung berichtet, ohne Stellung zu nehmen. Die Deutsche Reichszeitung führt aus der Urteilsbegründung an, mehrere Behauptungen des Artikels seien als unwahr nachgewiesen; andere Behauptungen seien nicht als Tatsache angeführt, sondern als allgemeine Kritik und zwar in einem höhnischen Tone und deshalb seien sie strafbar. Der General-Anzeiger brachte gestern aus Lengsdorf die Notiz über die Verurteilung eines Studenten Josef R. aus Bonn wegen Beleidigung des Pfarrers Nolte. In dem Urteil, heißt es hier, wurde festgestellt, daß der Pfarrer in keiner Weise seine Befugnisse überschritten habe. (Der „Korrespondent“ des Blattes in Lengsdorf scheint sich vollständig aus seine „Informationen“ bei einem Dritten verlassen zu haben.)

(Volksmund, Rubrik „Bonner Angelegenheiten“)