Montag, 8. Februar 1915

 

Anzeige im General-Anzeiger vom 8. Februar 1915Im evangelischen Bürgerverein Bonn-Süd sprach am vergangenen Samstag bei vollbesetztem Saal im Gemeindehaus an der Germanenstraße der Rechnungsrat Seehaus über „Heimat – und Familiensinn“. Der Vortrag paßte sich unserer großen an fand bei den Zuhörern eine außerordentlich beifällige Aufnahme. Der Vorsitzende ging dann auf die heutige Kriegslage ein und forderte die anwesenden Frauen auf, durch Sparsamkeit im Haushalte vor allem an Brot dem deutschen Volke im wirtschaftlichen Kampfe zum Siege zu verhelfen. Musikalischen Vorträge und deklamatorische Darbietungen wechselten dann mit gemeinschaftlichen Gesängen, bis Mitternacht dem hübsch verlaufenen, dem Ernst der Zeit entsprechenden Familienabend ein Ende machte.

Die Bonner Bäcker-Innung hielt kürzlich im Gesellenhause eine außerordentliche Generalversammlung ab. Der Obermeister J. Virnich eröffnete die Sitzung, begrüßte die erschienenen Berufsgenossen und wies auf die Wichtigkeit der Tagesordnung hin. Dann erteilte er dem Ehrenobermeister P. Chrysant das Wort zur näheren Besprechung der Bundesrats-Verordnung vom 3. Februar. Einleitend zu dieser Erläuterung betonte Herr Chrysant, daß die augenblickliche schwere Zeit die Regierung zwang, zu solch scharfen Maßnahmen zu greifen, wie die Bundesrats-Verordnung vom 3. Februar sie uns auferlegte. Im Interesse des Vaterlandes soll in gewissenhafter Erfüllung seiner Pflichten, Hand in Hand gehend mit der gesamten Bürgerschaft, der deutsche Bäckermeister die mit den Bestimmungen verbundenen Opfer willig auf sich nehmen. Hier auf wurden die Verordnung vom 3. Febr. Verlesen und einzeln die Punkte zur Erörterung gestellt. Nach einer regen, von großer Opferwilligkeit zeugenden Aussprache, wurde einstimmig folgende Entschließung angenommen.
   „Di eine außerordentliche Generalversammlung der Bonner Bäcker-Innung stellt sich einmütig und opferfreudig auf den Boden der Bonner Stadtverwaltung vom 3. Februar 1915. Sie verkennt nicht, daß durch diese Verordnung für die Bäckereibetriebe der Stadtkreise Bonn eine äußerst schwierige Zeit kommen wird. Sie weiß aber auch, daß gerade die deutschen Bäckermeister in erster Linie mitberufen sind, Englands völkerrechtswidrigen Verhungerungsplan zuschanden zu machen. Deshalb und aus begeisterter Liebe zu unserem deutschen Vaterland, treten die 180 Mitglieder der Bonner Bäcker-Innung wie ein Mann in diesen wirtschaftlichen Kampf ein, beseelt von demselben festen Willen zum Durchhalten wie ihre Brüder draußen in der front. Daß die städtische Verwaltung alles tun wird, was sie den Umständen entsprechend zur Erhaltung der einzelnen Betriebe tun kann, glaubt die Innung zuversichtlich erwarten zu dürfen.“

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

 

Anzeige im General-Anzeiger vom 8. Februar 1915Mißbrauch der Feldpost. Einzelne Fälle mißbräuchlicher Benutzung der Feldpost durch Soldaten und ihre Angehörigen sind bereits zur öffentlichen Kenntnis gekommen. Neuerdings gesellt sich dazu ein weiterer Fall, der Abwehr fordert. Ein Briefmarken- oder Postkartensammler übermittelt größere Mengen von Postkarten an einzelne Soldaten, deren Adresse er in Erfahrung gebracht hat, und bittet um Absendung an seine Adresse. Nach seiner Angabe sammelt er Feldpoststempel. Es liegt auf der Hand, daß eine solche Sammlung der Spionage dienen kann. Den Soldaten ist daher verboten worden, derartigen Aufforderungen zu entsprechen. Es bedarf kaum der Erwähnung, daß die Versendung solcher Karten außerdem eine überflüssige Belastung der Feldpost bedeutet.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

 

Anzeige in der Deutschen Reichs-Zeitung vom 8.2.1915Der Verleger des „Volksmund“ ist am Samstag von der Strafkammer wegen Beleidigung des Pfarrers Nolte in Lengsdorf zu 100 Mark Geldstrafe verurteilt worden. Der „Volksmund“ hatte im Mai v.J. in einem Artikel von dem Kläger behauptet, er mißhandle die Schulkinder und drangsaliere als Schulinspektor die Lehrpersonen derart, daß eine Lehrerin einen dreimonatigen Erholungsurlaub nehmen mußte. Pfarrer Nolte fühle sich als Alleinherrscher und dulde keinen neben sich, nicht einmal seinen Kaplan. Das Gericht betonte in der Urteilsbegründung, Pfarrer Nolte habe es als seine Pflicht erachtet, in die schwierigen Verhältnisse in Lengsdorf Ordnung zu schaffen. Mehrere Behauptungen des Artikels seien als unwahr nachgewiesen. Andere Behauptungen seien nicht als Tatsache angeführt, sondern als allgemeine Kritik und zwar in einem höhnischen Tone und deshalb seien sie strafbar.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)