Sonntag, 17. Januar 1915

 Anzeige im General-Anzeiger vom 17. Januar 1915

Lichtbildervortrag über die Schlacht bei Tannenberg. Wir machen noch mal auf den Vortrag der Berliner Urania aufmerksam, der morgen abend im Bürgervereinssaal stattfindet. Sämtliche Lichtbilder, die von dem Vortragenden gezeigt werden, sind auf den Verwüstungsstätten in Ostpreußen aufgenommen.

Im Metropoltheater werden die beiden hervorragenden dreiaktigen Dramen: „Vermißt gemeldet“ und „Die achte Großmacht“ gegeben.

Im Viktoriatheater wird das große Römerdrama aus der Zeit des Kaisers Konstantin gegeben: „In diesem Zeichen wirst du siegen“.

Im Palasttheater wird das Kriegsdrama „Deutsche Helden“ gegeben, außerdem der Detektiv-Schlager „Die Villa im Walde“.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

 

Zum Nachtbackvorbot. Die Bäcker-Zwangs-Innung macht in der heutigen Nummer unseres Blattes bekannt, daß für das Bäckergewerbe das Ansetzen des Anzeige im General-Anzeiger vom 17. Januar 1915Sauerteiges auch Sonntags abends für eine Stunde durch einen Arbeiter zugelassen ist.

Unsere braven Feldgrauen. Im „Briefkasten“ des General-Anzeigers vom 10 Dezember frug eine hier wohnende Frau, deren Mann im Felde steht, an, ob sie einen Mietrest von 3 Mk. bezahlen müsse. Sie bekomme 12 Mk. Mietunterstützung, müsse aber 15 Mk. bezahlen. Das sei ihr aber nicht möglich. Diese Notiz hat mehrere Soldaten vom Infanterie-Regiment Nr. 68 – ältere Leute aus Bonn und Umgebung – veranlasst, uns auf einer Feldpostkarte um die Adresse des Vermieters oder der Mieterin zu bitten, um der Frau aus er Not zu helfen. Sie erklären sich bereit, „die Miete auf längere Zeit zu zahlen, damit die arme Frau ihre Unterkunft behält.“

Straßenraub. Der 20jährige Schmiedegeselle Georg Eiberi aus Höchst a. M., der zu den Ulanen ausgehoben, aber noch nicht eingezogen ist, hatte versucht, abends in eine dunklen Straße einer Frau das Handtäschchen zu entreißen, wobei die Ueberfallene zu Boden gerissen wurde. Auf ihr Schreien ließ der jugendliche Straßenräuber von seinem Opfer ab und entfloh, wurde jedoch von Soldaten eingeholt. Der der Tat geständige Angeklagte, der bald ins Feld ziehen möchte, um seinen Frevel zu sühnen, wurde vom Außerordentlichen Kriegsgericht für den Bereich der Festung Köln, das die Jugend, die bisherige Unbescholtenheit und die Reue des Angeklagten als mildernde Umstände gelten ließ, wegen versuchten Straßenraubs zu 9 Monaten Gefängnis verurteilt.

 (Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

 

Anzeige in der Reichs-Zeitung vom 17. Januar 1915Im Bonner Bürgerverein erzählte Herr Rechtsanwalt Henry von seinen Erlebnissen während seines siebenwöchigen Aufenthaltes in der Verbands- und Erfrischungsstelle „Prinzessin Viktoria“ in Lille, die bekanntlich von der Bonner Organisation des Rotes Kreuzes eingerichtet und mit Unterstützung der Militärbehörde in der Halle des Liller Hauptbahnhofs von Bonner Herren geleitet wird. In sehr anschaulicher Weise schilderte der Redner seine Eindrücke auf der 24-stündigen Eisenbahnfahrt, der Ankunft, der aus 56 Köpfen (Aerzte, geschäftlichen Leitern, Sanitätern, Ingenieuren, Köchen, Handwerkern) bestehenden Gesellschaft in Lille, die mit nicht geringen Schwierigkeiten verbundenen Vorarbeiten für die Einrichtung der Verbands- und Erfrischungsstelle (die Halle war vorher von einer Kavallerie-Truppe als Stall benutzt worden), die ersten Tage nach der Fertigstellung und die über alles Erwarten guten Erfolge in der Verpflegung unserer Verwundeten. Was es dort für unsere Aerzte und Sanitäter, für das Küchen- und Hilfspersonal zu tun gibt, ersieht man am besten aus der Tatsache, daß in der Bonner Verbands- und Anzeige in der Reichs-Zeitung vom 17. Januar 1915Erfrischungsstelle bis jetzt 3.500 Verwundete verbunden und 400.000 Portionen (das sind 200.000 Liter) Suppe, Kaffee und Kakao verabreicht worden sind. Der Umstand, daß Frau Prinzessin Adolf zu Schaumburg-Lippe, die Protektorin des Unternehmens, der Verbands- und Erfrischungsstelle ihren Namen gegeben, hat den Leitern über manche Schwierigkeiten hinweggeholfen. Auch dem Neffen der Frau Prinzessin, Fürst Adolf zu Schaumburg-Lippe, ist man großen Dank schuldig. ER war nicht nur manches Mal Fürsprecher für die Bonner, er verhalf der Verbands- und Erfrischungsstelle auch zu einem Auto. Was das in Lille bedeutet, kann nur ermessen, wer das Liller Straßenpflaster kennt.
  
Rechtsanwalt Henry berichtete von der großen Freude, die jedes Mal unter den Truppen herrscht, wenn neue Liebesgabesendungen ankommen. (...) Er erzählte ferner von erfolglosen Bombenwürfen französischer Flieger auf den Liller Hauptbahnhof, von der ebenso erfolglosen Beschießung deutscher Flieger durch französisches und englisches Militär und rühmte zum Schluß – es würde zu weit führen, alle interessanten Einzelheiten des Vortrages zu erwähnen – die prachtvolle Haltung unserer Soldaten, die in der Front stehen, oder verwundet aus dem eigentlichen Kampfgebiet in Lille ankommen. Keiner klagt, keiner ist unzufrieden, alle sind tapfer und geduldig im Ertragen noch so großer Strapazen und Anzeige im General-Anzeiger vom 17. Januar 1915Beschwerden, alle halten kameradschaftlich und brüderlich zusammen. Und in allen Augen leuchtet ein unbedingtes Vertrauen auf den endlichen Sieg unserer Waffen. Wenn man einen in Schützengraben fragt: „Kommen wir durch?“ dann sieht er den Frager erstaunt an, als wenn er die Frage nicht verstehe, und antwortet dann; „Ja, natürlich kommen wir durch, und wenn es alles kostet.“ (...)
   Rechtsanwalt Henry schloß seinen Vortrag mit einem Kaiserhoch. (...)

Automatensteuer. Für alle an öffentlichen Orten und Plätzen aufgestellten Automaten und Musikwerke muß die Versteuerung für das Jahr 1915 spätestens bis Ende des Monats bei dem hiesigen Zollamte, Friedrichsplatz Nr. 9, unter Vorlegung der Jahreskarte erfolgen

Aus einem Feldpostbrief aus Frankreich
Im Uebrigen leben wir hier gerade wie zu Hause. Die Bewohner der Ortschaft leben in gutem Einvernehmen mit uns. Als wir aus unserem letzten Orte B. ... wegmachten, haben die Frauen den ganzen Tag geweint, weil sie glaubten, wir müßten zurück und die Franzosen und Engländer mit ihren Indern und Zuaven kämen wieder. Letztere sind eine wahre Landplage für die Bewohner. Bekanntlich läßt die Verpflegung unserer Feinde viel zu wünschen übrig. Vor allem haben sie nicht die wohlorganisierten Train-Kolonnen wie Deutschland sie besitzt. Sobald die ordnungsgemäße Verpflegung des Frontsoldaten aufhört, ist er auch nicht mehr kriegstüchtig. Bekanntlich ist auch der deutsche Train eine der gefürchtetsten Truppen, weil er das Feld vom überflüssigen Korn, den Boden vom Speck und den Keller vom Wein säubert und Anzeige in der Reichs-Zeitung vom 17. Januar 1915diese den Kameraden der Front zuführt.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)

 

Eine Soldatenfrau
empfiehlt, von jedem deutschen Staatsbürger, dessen monatliches Einkommen mehr als 200 Mark beträgt, einen Beitrag von 5 Mark monatlich zum Besten notleidender Kriegerfamilien einzuziehen. Mit der bisherigen geringen Unterstützung können sich diese Familien nicht monatelang über Wasser halten. Viele Frauen sind krank und können nicht selber durch ihrer Hände Arbeit Geld verdienen. Viele Deutsche leben im Reichtum und Ueberfluß. Warum zieht man diese nicht zu größeren Abgaben für die Notleidenden heran?

 (Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Stimmen aus dem Leserkreis“)