Mittwoch, 13. Januar 1915

 

Anzeige im General-Anzeiger vom 13. Januar 1915Antrag betr. Nutzbarmachung unbebauter städtischer Grundstücke zu landwirtschaftlichen Zwecken und Verwertung der Küchenabfälle zu Zwecken der Viehzucht. Es ist folgender Antrag bei der Stadtverordneten-Versammlung eingegangen: Die Stadtverwaltung wird ersucht, in eine sofortige Prüfung der Frage einzutreten, ob und in welchem Umfange unbebaute städtische Grundstücke landwirtschaftlichen Zwecken – vor allem zum Anbau von Kartoffeln und Gemüsen – nutzbar gemacht werden können; ob sich eine Bebauung derartiger Grundstücke durch die Stadtverwaltung selber empfiehlt, oder eine Verpachtung an Interessenten mit der Verpflichtung sofortiger landwirtschaftlicher Ausnutzung, oder endlich unentgeltliche Ueberlassung an dritte Personen unter derselben Bedingung. Die Stadtverwaltung wird ersucht sofortige Erhebungen darüber anzustellen, ob und in welcher Weise sich eine Verwertung der Küchenabfälle im Bezirke der Stadt Bonn zu Zwecken der Viehzucht ermöglichen läßt.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

 

Anzeige im General-Anzeiger vom 13. Januar 1915Im Bonner Bürgerverein wird am Donnerstag Herr Rechtsanwalt Henry für die Mitglieder einen Vortrag halten über „Sieben Wochen in der Verband- und Erfrischungsstelle „Prinzessin Viktoria“ in Lille.“

Butter und Eier, die infolge des Krieges stark im Preise gestiegen waren, sind in den letzten Tagen im Preise wieder etwas gefallen. Bei frischer Butter ist auf dem Markte durchschnittlich ein Abschlag von 10 Pfennig aus Pfund festzustellen. Butter und Eier fanden zu den ungewöhnlich hohen Preisen nicht mehr genügend Abnehmer.

Ein Körbchen schöner, dicker, frischer Eier brachte dieser Tage eine Frau aus Ippendorf hier zum Markte und erzählte den neben ihr stehenden Verkäuferinnen, daß man solche Eier nur dann erhalte, wenn man wie sie, die Hühner nur mit bestem Weizen füttere. Ein Polizeibeamter, der in der Nähe stand und das Gespräch gehört hatte, stellte den Namen der Frau fest, und sie wird sich demnächst wegen verbotener Getreidefütterung zu verantworten haben.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

 

Anzeige im General-Anzeiger vom 13. Januar 1915Die Konditoren
haben in der Dienstag-Morgenausgabe der Deutschen Reichszeitung nachzuweisen versucht, daß in ihrem Gewerbe sozusagen überhaupt kein Weizenmehl verbraucht würde, daß ferner das Tortenessen kein Luxus und keine Verschwendung sei, weil man – man höre und staune – mit einer 3 Mark-Torte, zu der nur 100 Gramm (?) Mehl gebraucht würden, 10 (?) Personen sättigen könne. (...) Wenn wir von den Sahne- und Cremetorten absehen, die – wie ihr Name schon sagt – größtenteils aus Sahne oder Creme bestehen, so bleiben noch eine ganze Menge Torten, Kuchen und kleinere Konditoreiwaren, die zum weitaus größten Teil aus Weizenmehl bestehen. Wer aber von dem Weizenmehlverbrauch der Konditoren keine Ahnung hat, erhielt davon einen Begriff, als er vor einigen Tagen sah, wie vor einer sehr bekannten Bonner Konditorei ein großer mit Säcken Weizenmehl vollbeladener Wagen abgeladen wurde.
   Und schließlich meine ich, daß die Konditoreien doch zu Weihnachten ein überaus glänzendes Geschäft gemacht haben, glänzender als in den früheren Jahren. Warum entrüsten sie sich, wenn der Bundesrat jetzt auch ihnen Vorschriften auferlegt, die ein Opfer für das Vaterland (und nicht einmal ein sehr großes) fordern. Haben nicht andere Gewerbe viel, viel mehr opfern müssen, als jetzt die Konditoren?
   Ich fürchte, es kommt die Zeit, in der wir das Geld, das wir heute für den Gaumenkitzel verschwenden, sehr viel besser für notwendigere und nützlichere Dinge gebrauchen könnten! Eine Hausfrau

Anzeige in der Deutschen Reichs-Zeitung vom 13. Januar 1915Eine Frage.
Ueber „Kriegsbrotessen“ und „Kartoffeln mit der Schale kochen“ sind schon zahlreiche Artikel in den Zeitungen erschienen. Die Ermahnungen sind in Anbetracht der jetzigen Zeit ganz gut und wohl. Sie werden auch, was ich nicht bezweifele, in vielen, dem Arbeiterstande angehörenden Familien befolgt. Und zwar deshalb, weil sich viele Arbeiterfamilien eben einschränken müssen, da der oder die Ernährer derselben meistenteils im Felde stehen. An verschiedenen Orten sind Rundschreiben betreffend die obigen Ermahnungen den Einwohnern zugeschickt worden, welche mit Unterschriften von gut situierten und vermögenden Leuten versehen sind. Nun möchte ich doch einmal die Frage aufwerfen: Essen die oben erwähnten Herrschaften auch Kriegsbrot, kochen sie auch die Kartoffeln mit der Schale? Man braucht nur in die Schaufenster der Konditoreien zu sehen, dann kann man die Sparsamkeit der besseren Leute beurteilen. Dann was in diesen Schaufenstern ausgestellt ist, wird doch selbstverständlich von keinem dem Arbeiterstande angehörenden Mann gekauft. Er kann sich das eben nicht leisten. Das Mehl, welches nun für diese zur jetzigen Zeit unnötigen Sachen gebraucht wird, würde doch besser zur Herstellung von Brötchen, Graubrot etc. verwandt. Wie man ja allgemein hört, sollen bald keine Brötchen mehr gebacken werden. Das für die Konditorsachen verwendete Mehl wird doch, richtig gesagt, verschwendet. Und dies geschieht nur zum Wohl der besseren Kundschaft, die uns, die arbeitende Klasse, zur Sparksamkeit im Haushalt ermahnen. Ein armer Familienvater.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Stimmen aus dem Leserkreis“)