Dienstag, 12. Januar 1915

 

Anzeige im General-Anzeiger vom 12. Januar 1915Hilfstag zum Besten der Kriegshilfe. Da auf Wunsch Seiner Majestät des Kaisers an seinem Geburtstage alle Feierlichkeiten, Festessen usw. unterbleiben sollen und der Geburtstag nur in einfacher Weise durch Kirchgang, Appells und in den Universitäten und Schulen durch Ansprachen gefeiert werden soll, so hat der Ausschuß der Vaterländischen Vereinigung beschlossen, wie schon gestern erwähnt, an diesem Tage einen Hilfstag zum Besten der Kriegshilfe zu veranstalten. Es wird dabei erwartet, daß alle, die sonst an Kaisers-Geburtstag ihre vaterländische Gesinnung durch Teilnahme an einem Festessen usw. Ausdruck gegeben haben, jetzt die dafür aufgewendeten Beträge der Kriegshilfe freudig zuwenden werden. Aus diesem Grunde wird eine Hauskollekte stattfinden, der sich eine große Anzahl Bonner Bürgerinnen bereits selbstlos zur Verfügung gestellt haben. Fernern wird für die Zwecke der Kriegshilfe auf den Straßen und in den Wirtschaften gesammelt werden, wobei auch ein Verkauf von Postkarten mit vaterländischen Zeichnungen und von kleinen Schleifen stattfindet. Die Genehmigung des Herrn Oberpräsidenten zu dieser Veranstaltung ist bereits nachgesucht. Auch ist ein Unterausschuß unter der bewährten Leitung von Frau Justizrat Conzen gebildet worden, dem noch angehören: Frau Berghauptmann Krümmer, Grau Geheimrat Landsberg, Frau Dr. Kranz und die Herren: Dr. Kranz, Rechtsanwalt Henry und Beigeordneter Piehl. Da alle Kriegshilfe in erster Linie die Not derjenigen Familien lindern soll, die durch die Einberufung ihres Ernährers zur Fahne leiden, und die wirtschaftlich infolge der Kriegslast in Not geraten sind, so hoffen wir, daß die Veranstaltung infolge des regen Opfersinns der Bonner Bürger einen guten Erfolg haben wird.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

 

Anzeige im General-Anzeiger vom 12. Januar 1915Die Bonner Konditoreninnung fühlt sich veranlaßt, ein verehrtes Publikum über folgendes aufzuklären: In der letzten Zeit hört man des öfteren „Eßt keine Kuchen mehr“, veranlaßt dadurch, daß man an dem Verbrauch von Mehl sparen solle.
   Dann kam die Verordnung des Generalkommandos, daß zu Neujahr bis Dreikönige keine üblichen Backwaren angefertigt werden dürften, und heute stehen wir vor der Verfügung des Bundesrats, daß vom 15. Jan. ab nur noch Backwaren gebacken werden, die nicht mehr als 50 Proz. Mehl enthalten.
   Im Konditorgewerbe wird überhaupt zu keinem Gebäck mehr als 50 Proz. Mehl gebraucht, bei den meisten bedeutend weniger und bei Kuchen usw. überhaupt keins.
   Also ist nach unserer Meinung der Notschrei des Nichtkuchenessens vollständig ungerecht und sollte man das Jedem selbst überlassen. Daß damit dem Gewerbe und Geschäft geschadet wird, liegt hier auf der Hand.
   Wer nimmt dem Konditor die Konserven (Kirschen, Aprikosen, Aepfel usw.) und Waren ab, die er teils auf dem Lager, teils auf Abschluß laufen hat und zu bestimmten Terminen abnehmen und bezahlen muß. Das Mehl spielt in unserem Gewerbe eine Nebenrolle, Zucker, Butter, Eier, Mandeln, Nüsse usw. sind Hauptbestandteile unserer Backwaren, und der Verband deutscher Konditoren hat sich schon lange und des öfteren bei der Regierung verwandt, daß man das Bäcker- und Konditoreihandwerk als 2 verschiedene Gewerbe trennen solle, leider ohne Erfolg, und so ist auch heute wieder die Verordnung nicht allein bei der Behörde, sondern auch im Publikum auf unser Gewerbe falsch angewendet worden.
   Der Volksmund hat die richtige Bezeichnung selbst herausgefunden, hier Bäcker – dort Zuckerbäcker! Und so denken wir, daß bei richtiger Beleuchtung des Tatbestandes das Publikum zur Ueberzeugung gelangt, daß es sich auch in dieser schweren Zeit nicht versündigt, wenn es unsere Backwaren und Kuchen neben dem Kriegsbrot auf den Tisch bringt und somit unserem Gewerbe keinen ungerechten Schaden bringt.
I.A.: Paul Müller, Obermeister.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)

 

Anzeige in der Deutschen Reichs-Zeitung vom 12. Januar 1915Der Naturheilverein bereitete den Verwundeten auf St. Josef an der Höhe einen sehr schönen gemütlichen Abend. Nach einer Ansprache des Vorsitzenden, Herrn Vögeli, wechselten ein Kinder-Tanzduett, rezitatorische und Bühnenvorträge in bunter Reihenfolge. 21 Kinder führten ein hübsches Weihnachtsmärchen auf, das viel Beifall fand. Zum Schluß sprach ein Verwundeter im Namen seiner Kameraden dem Naturheilverein und besonders den Vortragenden den herzlichsten Dank für die sehr schönen Darbietungen aus.

Zwei tapfere Bonner Kriegsfreiwillige, Söhne des Herrn Professors Dyroff und des Herrn Balthasar Domgörgen haben, wie uns ihr Hauptmann mitteilt, aus der Kirche von Remenoville , während diese von den Franzosen beschossen wurde und zum Teil schon in Trümmern lag, die prachtvolle Monstranz, den Kelch und andere heilige Geräte gerettet.

Eine Geländeübung in der Dunkelheit unternahm am Samstagabend der Bonner Wehrbund. Eine 60 Mann starke Abteilung vom Königlichen Gymnasium rückte nach 8 Uhr unter fröhlichem Gesang vom Sportplatz ab, um eine Verteidigungsstellung auf der Südostseite von Endenich einzunehmen. Die übrigen Abteilungen, die sich aus Angehörigen der Gewerbetreibenden und arbeitenden Jugend zusammensetzen, machten einen Marsch durch den dunkelsten Wald über Kasselsruh nach Ippendorf, von wo sie zum Angriff auf die bei Endenich besetzte Stellung vorrückten. In dem Hohlweg unterhalb des Kreuzberges kam es bei der Mordkapelle unter den ungünstigsten Verhältnissen für die Angreifer zum Zusammenstoß, deren Lage als verloren zu betrachten war, zumal ihnen Anzeige im General-Anzeiger vom 12. Januar 1915nicht gelang, ihre Partrouillen rechtzeitig einzuziehen. So befanden sich die Angreifer in der Minderheit und waren ganz in die Falle geraten, die ihnen von der Gegenpartei gestellt war. Beide Parteien zogen dann vereint in die Stadt, wo um 10¼ Uhr am Kaiser Wilhelm-Denkmal der Zug aufgelöst wurde. Die Uebung war für die Teilnehmer, von denen die wenigsten zuvor in der Dunkelheit Beobachtungen im Gelände gemacht hatten, sehr lehrreich.
   Immer wieder kommen dem Wehrbund denn auch Zuschriften von inzwischen eingezogenen früheren Kameraden zu, die ihrer Dankbarkeit für die im Wehrbund genossene Vorbildung, besonders aber für die Gewöhnung an körperliche Anstrengungen, die sie in großen Vorteil gegenüber anderen Rekruten setze, Ausdruck geben. Um so bedauerlicher ist es, daß die Beteiligung am Wehrbund nicht eine viel größere ist. Das Ergebnis der vom Ministerium angeordneten militärischen Vorbildung der Jugend ist mit Rücksicht auf die schwer bedrohte Lage unseres von allen Seiten von Feinden umstellten Vaterlandes, soweit die Teilnahme in Bonn Frage kommt, ein fast beschämendes. Nach der ganzen Lage der Dinge hätte man auch heute, nachdem viele junge Letue bereits eingezogen sind, damit rechnen dürfen, daß dem Wehrbund etwa 500 Mitglieder in Bonn mehr angehörten, als es tatsächlich der Fall ist. Die große Mühe, die sich die ausbildenden Herren mit der Bonner Jugend geben, wird ihnen von dieser durch die unzulängliche Beteiligung sehr schlecht gelohnt.
   Es sei deshalb darauf hingewiesen, daß gerade im Januar der Wehrbund neue Ausbildungsgruppen für solche zusammenstellt, die bisher der Organisation noch nicht angehört haben. Die Behauptung, daß die Mitglieder des Wehrbundes früher als andere junge Leute zu den Fahnen einberufen werden, . Die Eltern, die aus diesem Grunde ihren Söhnen die Beteiligung verbieten, bringen sie nur um die Vorteile, die ihnen der Wehrbund bietet und für die inzwischen Eingezogene nicht dankbar genug sein zu können glauben.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)