Dienstag, 20. Oktober 1914

 

Anzeige im General-Anzeiger vom 20. Oktober 1914Übungsmarsche des Bonner Wehrbundes. Am Samstag Nachmittag vereinigten sich sämtliche Abteilungen des Wehrbundes, etwa 200 Mann stark, unter Leitung des Herrn Turninspektors Schröder zu einem Übungsmarsch, der allen Teilnehmern durch den Besuch des Gefangenenlagers auf dem Truppenübungsplatz Wahn wie durch die stattliche Marschleistung in guter Erinnerung bleiben wird. (...) Bei eintretender Dämmerung wurde der Übungsplatz erreicht, und unter der Führung eines Offiziers ging es in langem Zuge durch den von Posten bewachten Barackenbezirk. Es war ein eigentümliches Bild, wie sich die Scharen von Gefangenen um den langen Zug drängten, in dem sie etwas von Deutschlands militärischem Nachwuchs sehen konnten: Franzosen, Engländer, Zuaven, Turkos Sengalesen und wie die edlen „Bundesgenossen“ alle heißen. In ihrer fantastischenschmutzig-bunten Tracht machen sie meist einen gleichmutigen, unkriegerischen Eindruck; offenbar fanden sie es ganz erträglich in deutscher Gefangenschaft. Den Rückmarsch über dunkle Chauseen verkürzte froher Gesang, und auch von den Jüngsten blieb niemand zurück. Um halb elf Uhr war der Marsch von etwa 36 Kilometern, der die Schar neun Stunden ohne Unterbrechung auf den Beinen gehalten hatte, zu Ende: gewiß ein Zeichen, daß der Wehrbund nicht Spielerei, sondern ernste und nützliche Vorarbeit im Dienste des Vaterlandes betreibt.

Eine Warnung für Kriegsschwätzer. Als Warnung für Kriegsschwätzer kann die exemplarische Strafe dienen, die der Händler Eugen Birgentzle in Straßburg vom dortigen außerordentlichen Kriegsgericht erhielt. In einer Wirtschaft hatte er dort nach der Straßburger Post behauptet, bei Reims seien 80000 Deutsche gefangengenommen worden. Deutschland habe fast keine Soldaten mehr, während die Verbündeten geringe Verluste erlitten. Die neutralen Mächte, Italien, Schweden, Amerika, hielten zu Frankreich, und Deutschland müsse an Belgien 25 Milliarden Mark Kriegsentschädigung zahlen. Vor dem Kriegsgericht bestritt B., diese Äußerungen getan zu haben. Seine Ausflüchte hatten jedoch keinen Erfolg. Unter Berücksichtigung seiner zur Schau getragenen Böswilligkeit verurteilte ihn das Kriegsgericht zu einem Monat Gefängnis.

Kinderlesehalle. Mittwoch und Samstag von 4 bis 6 Uhr ist in der Münsterschule eine Kinderlesehalle eingerichtet.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

 

Anzeige im General-Anzeiger vom 20. Oktober 191410Höchstpreise für Kartoffeln. Vom stellvertretenden kommandierenden General Frhrn. v. Bissing liegt folgende Bekanntmachung vor:

Aus allen Schichten der Bevölkerung meines Korpsbezirks gehen mir fortwährend Klagen darüber zu, daß die Kartoffelpreise, insbesondere im Kleinhandel, eine abnorme Höhe (stellenweise 5 Mk. und darüber) erreicht hätten, ja, daß sogar vielfach Kartoffeln überhaupt nicht zu kaufen wären, weil die Produzenten in Erwartung noch höherer Preise die Ware zurückhielten. Desgleichen wird vielfach auch über viel zu hohe Preise für Brotgetreide, Mehl und Hülsenfrüchte geklagt. Um diesen namentlich für die ärmeren Klassen so schmählichen Preistreibereien entgegenzutreten, halte ich die Festsetzung von Höchstpreisen für Kartoffeln in denjenigen Bezirken, in denen solche Mißstände vorliegen, für dringend notwendig. Ich habe deshalb die zuständigen Regierungspräsidenten ersucht, umgehend das Erforderliche auf Grund des Gesetzes vom 4. August d. Jahres zu veranlassen. Sodann weise ich zur Warnung der Verkäufer auf § 2 des genannten Gesetzes hin, welcher lautet: „Weigert sich trotz der Aufforderung der zuständigen Behörde ein Besitzer von Gegenständen, sie zu den festgesetzten Höchstpreisen zu verkaufen, so kann die zuständige Behörde sie übernehmen und auf Rechnung und Kosten des Besitzers zu den festgesetzten Höchstpreisen verkaufen, soweit sie nicht für dessen eigenen Bedarf nötig sind.

Anzeige im General-Anzeiger vom 20. Oktober 1914Zum französischen Kriegsschauplatz führt am Mittwoch an Hand von Lichtbildern Herr Dr. Krantz unsere Jugend. Der Vortragende war mit Liebesgaben für die 160er zur Front gereist und hat bei dieser Gelegenheit eine große Zahl von photographischen Aufnahmen und Beobachtungen machen können, mit denen er nun unsere Jugend über Kampf und Sieg auch über die Strapazen und das Leben unserer Truppen in Feindesland unterrichten will. Der Vortrag findet auf Veranlassung der Ortsgruppe Bonn des deutschen Wehrvereins statt; der gering bemessene Eintrittspreis wird dem Roten Kreuz überwiesen.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

 

Sonntagsruhe. Viele kaufmännische Angestellte müssen sich gegenwärtig teilweise ganz erhebliche Gehaltskürzungen gefallen lassen. Damit geht aber nicht etwa, wie man bei dem „schlechten Geschäftsgang“ annehmen sollte, eine Herabsetzung der Arbeitszeit Hand in Hand, im Gegenteil. Nachdem mit dem Kriegsausbruch die Sonntagsruhe aufgehoben worden ist, arbeiten wir Tag aus Tag ein von morgens bis abends, ohne die Möglichkeit des wohlverdienten Ausruhens am siebenten Tage zu haben. Mit Freuden würden wir das Opfer des freien Sonntags bringen, wenn dem Vaterland tatsächlich dadurch ein Dienst Anzeige in der Deutschen Reichs-Zeitung vom 20. Oktober 1914erwiesen würde. Dies dürfte indes – zum mindesten für viele Branchen, z.B. die Damenkonfektion, die Putzbranche etc. – nicht der Fall sein, so daß ein begründeter Anlaß für die Aufhebung der Sonntagsruhe in vielen Geschäftszweigen schwerlich vorliegen dürfte. Es wäre daher sehr zu wünschen, daß die Geschäftsinhaber der in Betracht kommenden Branchen gemeinsam dazu übergehen würden, ihre Geschäfte Sonntags während der früher üblichen Stunden wieder zu schließen, um sich selbst und ihren Angestellten die Wohltat der Sonntagsruhe wieder zu gewähren. Viele Verkäuferinnen.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)

 

Die Auskunftstelle über Verwundete in Bonner Lazaretten, Bahnhofstraße 40, geöffnet täglich 10 bis 12 ½ und 2 ½ bis 7 ½ Uhr, teilt mit: Neuerdings sind wir in der Lage, auch schriftliche Auskünfte zu erteilen. Ferner liegen in unserem Bureau Listen auf, in denen die hier anwesenden deutschen Verwundeten nach Regimentern geordnet sind. Außerdem können die amtlichen Verlustlisten bei uns eingesehen werden.

5 Kg.-Pakete (10 Pfund) zur Versendung durch die Feldpost sind diese Woche zugelassen.

Der älteste Hauptmann der Armee ist der vielen Bonner bekannte Herr Hauptmann Schneider aus Honnef, augenblicklich bei der 2. Komp. Landsturm-Bat. Siegburg. Herr Schneider ist 74 ½ Jahre alt.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)