Sonntag, 18. Oktober 1914

 

Der 3. Vaterländische Volksabend, der gleichzeitig eine Gedächtnisfeier bedeutet für die heute vor 101 Jahren stattgefundene Völkerschlacht bei Leipzig, und neben einer Ansprache des Herrn Dr. Brüggemann ein reichhaltiges musikalisches Programm aufweist, findet heute abend 8 ¼ Uhr in den Sälen des Bonner Bürgervereins statt.



Von den Bonner Landsturmleuten  in Libramont
 
erhalten wir folgendes Gedicht:

Wißt ihr Bonner, was uns träumt hat,
In Libramont, in Feindesland?
Da standen wir zu Schutz und Trutze
Treu Wacht an der Ardennen Rand.
Anzeige in der Deutschen Reichs-Zeitung vom 18. Oktober 1914Wir sah'n im Traum die sieben Berge,
Rheinbrücke und den Alten Zoll,
Bonner geschäftig wie die Zwerge,
Sie packen grad ein Auto voll.

Und viele brachten Liebesgaben,
Die Frauen und die Mägdlein hold,
Der Bonner Landsturm soll sie haben,
So haben alle es gewollt.
Tabak, Zigarren und Zigaretten,
Seif', Schokolad' und Dauerwurst,
Und warmes Zeug für sich zu betten,
Likör und Bier noch für den Durst.

Handtücher bracht' man in Paketen,
Von Libramont ein Jammerschrei,
Drum, recht herzlich hat gebeten,
weil darin großer Mangel sei.
Mit Freuden kamen Landsturmkinder
Mit Pulswärmern und Pfeifen viel,
Ein Enkelkind freut sich nicht minder,
Bracht Großvater ein Kartenspiel.

Die Trommel rasselt durch die Straßen,
Es ist erwacht ein Landsturmmann,
Verwundert sich jetzt übermaßen,
Daß er kein Auto sehen kann.
Nur Libramont im Morgenschlummer,
Das bietet sich dem Blicke dar.
Der Landsturmmann hat großen Kummer,
Weil alles nur ein Traumbild war.

Auf Bonner, lasst es Wahrheit werden,
Sorgt für den alten Landsturm gut,
Das Beste, was Ihr habt auf Erden,
Ist Euer eigen Fleisch und Blut.
Es bleibt nicht ewig Krieg hienieden,
Drum rufen wir begeistert aus:
Gott schenke ehrenvollen Frieden,
Beschütz Familie uns und Haus.

Aug. Esser, 2.Komp. 3. mobiles Landsturmbatallion, Libramont

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

 

Anzeige im General-Anzeiger vom 18. Oktober 1914Friedrich-Wilhelm-Stift. Eine angenehme Abendunterhaltung wurde am Freitag den verwundeten Kriegern im Friedrich-Wilhelm-Stift dargebracht. Herr Jos. Schröder führte in großen Lichtbildern Szenen aus der großen Zeit des Krieges 1870/71 vor. – Die Bilder wurden von einem Vortrag und Gedichtrezitationen und Harmonium-Darbietungen einer musikgeübten Schwester begleitet. Mit einer Kaiserhuldigung und dem gemeinsamen Gesang „Deutschland über alles“ endete die Abendunterhaltung, die von den Soldaten mit Dank und Händeklatschen aufgenommen wurde. Der Vortrag kann auf Wunsch auch in den übrigen Kranken- und Erholungshäusern wiederholt werden.

Für die Notleidenden in Elsaß-Lothringen werden freiwillig gespendete Gaben aller Art an Behörden, Ausschüsse und Sammelstellen frachtfrei auf der Eisenbahn befördert.

 (Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

 


Anzeige im General-Anzeiger vom 18. Oktober 1914„Im Auto Pakete an die Front.“
So hieß es Ende vorigen Monats. – Auch ich dachte so meinen drei Söhnen das Notwendigste an Wollsachen usw. ins Feld schicken zu können und übergab der Diskonto-Bank drei Pakete sorgfältigst verpackt und mit genauer Adresse mehrfach versehen. Von diesen drei Paketen ist nur eines an die richtige Adresse gekommen. Von einem anderen erfuhr durch einen Stabsarzt mein Sohn, daß es verteilt worden sei, weil das Auto ihn nicht gefunden habe. Der Stabsarzt schickte zugleich den dem Pakete beiliegenden Brief an meinen Sohn. Wenn nun der Brief des Stabsarztes meinen Sohn erreichte, warum muß nun der arme Kerl vorlieb nehmen mit dem Brief, worin angeben war, was wir ihm geschickt hatten? Das Paket hätte er wahrlich gut gebrauchen können, zudem ist es sonderbar, da die Autos schon den Ort, in welchem mein Sohn einige Zeit liegt, passierten und dort Liebesgaben abgegeben haben. Mit etwas mehr Mühe hätte das Paket, welches einen sehr teuren Inhalt trug, wohl an die richtige Adresse gelangen können. F.L.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)

 

Anzeige im General-Anzeiger vom 18. Oktober 1914Fußball zum Besten des Roten Kreuzes. Das in Sportskreisen stets mit Interesse verfolgte Wettspiel zwischen den beiden Lokalvereinen Germania-Borussia findet heute nachmittag ½4 Uhr statt. Die Reineinnahme soll dem Roten Kreuze überwiesen werden. Das Spiel ist auf dem neuen Germania-Sportplatze an der Kölnstraße (Lievelingsweg). Eintrittspreis 25 Pfg. Militär hat freien Zutritt.

Katholischer Gesellenverein. Am Sonntag, den 18. Oktober findet wieder abends um 9 Uhr unsere Vereinsversammlung statt. Herr Kaplan Fuhrmans wird einen Vortrag halten über das Thema: Das Uebel des Krieges und der allgütige Gott. Außerdem ist für reiche Unterhaltung gesorgt durch Verlesung der Kriegsberichte unserer Kameraden im Felde, Deklamationen usw. Zugleich machen wir aufmerksam auf die am Sonntag, den 26. Okt., morgens 8 Uhr in der Stiftskirche stattfindende gemeinschaftliche hl. Kommunion.

Wegen Gotteslästerung hatte sich der Tagelöhner Jakob Cremerius aus Bonn an der Strafkammer zu verantworten. Am Morgen des 15. August hatte er sich in Dottendorf vor die Kirche, aus der gerade die Leute kamen, gestellt, eine Schnapsflasche aus der Tasche genommen und damit Bewegungen ausgeführt, als wollte er den Segen erteilen. Das Gericht verurteilte den Angeklagten nur wegen groben Unfuges zu sechs Wochen Haft; wegen Bettelei wurde Cremerius ebenfalls zu sechs Wochen Haft und zur Ueberweisung an die Landespolizeibehörde verurteilt.

 (Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)