Donnerstag, 3. September 1914

Am Vortag waren deutsche Truppen bis an die Marne vorgedrungen und standen damit kurz vor Paris. Im Osten hatten russische Truppen Lemberg besetzt.

 

Anzeige im General-Anzeiger vom 3. September 1914Eine Lese- und Schreibstube für unsere Verwundeten errichtet heute um 2 Uhr der Freiwillige Hilfsausschuß in dem zu diesem Zwecke freundlichst zur Verfügung gestellten Ruckerschen Hause, Markt 34. Die Ausstattung mit Stühlen und Tischen wird der Städt. Verwaltung verdankt. Die Lesestube ist täglich von 9 bis 12 Uhr und von 2 bis 6 Uhr geöffnet und bietet zahlreichen Leichtverwundeten außer den neuesten Zeitungen und Zeitschriften auch anderen Lesestoff an Büchern und Zeitschriften. Gleichzeitig ist Gelegenheit zum Schreiben gegeben. (...)

Eine Bitte des Rheinischen Jäger-Bataillons: Wir werden um Aufnahme des folgenden gebeten: „Die unterzeichnete Abteilung nimmt Liebesgaben für das Rheinische Jäger-Bataillon Nr. 8 entgegen. Besonders gewünscht sind Strümpfe, Fußlappen usw. (...)“

(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten")

 

Anzeige im General-Anzeiger vom 3. September 1914Sedantag. Den ganzen Tag über stand gestern die Sonne in heller Schönheit am blauen Himmel. In den Straßenzeilen wogten bunte Fahnen, und viele Menschen, die den Tag ausnutzten, sah man mit patriotischen Abzeichen. Man hatte – eben weil der Tag so schön und weil es eben Sedantag war – noch eine recht schöne Siegesnachricht erwartet. Als Vorspeise vielleicht zu der noch kommenden „Sedanstag-Siegesmeldung“ kam die Nachricht, daß die französische Feste Givet gefallen sei. Auch diese Nachricht wurde mit Befriedigung aufgenommen. Einige Lokale veranstalteten patriotische Konzerte, und vor dem Kaiser Wilhelm-Denkmal war, wie bereits erwähnt, ein großer Lorbeerkranz mit schwarz-weißer Schleife niedergelegt worden.
Daß die Bürgerschaft noch auf eine besondere Siegesnachricht wartete, bewies der Umstand, daß sich bis zur späten Abendstunde ein über tausendköpfiges Publikum vor unserer Geschäftsstelle angesammelt hatte. Es lag so etwas von einem deutschen Erfolge in der Luft. Man fühlte es gleichsam bis in die Fingerspitzen. Und in der Tat, so war’s. Gegen ½ 9 Uhr rasselte das Telephon und meldete, daß zehn französische Armeekorps zwischen Reims und Verdun zurückgeworfen und verfolgt worden seien. Diese Nachricht, die bald durch Extrablätter bekannt gegeben wurde, weckte ungeheure Begeisterung, die sich zu patriotischen Kundgebungen steigerte. Mit ganz besonderer Freude wurde dabei die Nachricht aufgenommen, daß sich unser Kaiser selbst auf dem Schlachtfelde befindet. Bis spät in die Nacht hinein waren die Straßen belebt mit einer begeisterungsfreudigen Menschenmenge.

Anzeigen im General-Anzeiger vom 3. September 1914Auf dem Felde der Ehre sind aus Bonn gefallen: Leutnant Hans Heidermanns, Einj.-Freiw. Oskar Hupe und Einj.-Freiw. stud. med. Hermann Müller.

Keine öffentlichen Tanzbelustigungen. Dem Ernste der Zeit entsprechend wird darauf hingewiesen, daß mit einer Erlaubnis zur Abhaltung öffentlicher Tanzbelustigungen bis auf Weiteres nicht gerechnet werden darf und daß gegen alle Umgehungsversuche strenge vorgegangen wird.

Ein Wiedersehen! Auf dem Marktplatz trafen gestern morgen unvermutet zwei Verwundete zusammen, die, der Sprache nach, aus einem Dorfe der näheren Umgebung stammten. Einer trug den rechten Arm in einer Binde, während der andere Kopf- und Beinverletzungen hatte. Der erstere reichte seinem Kameraden die gesunde linke Hand und erkundigte sich nach dessen Befinden. Dann deutete er auf seinen verwundeten Arm und meinte: „Es ist ne Schande, so kurz vor Paris, und da schießen einem die Lumpen die Knochen kaputt.“ Trotz der sichtlich schweren Verletzungen entgegnete sein Freund: „Den Einzugsmarsch in Paris machen wir doch mit, in der Zeit sind wir wieder so weit hergestellt.“

Vaterländischer Volksabend. Ueber der besten, hehrsten und weihevollsten Feiern eine, die wir je bisher erlebten, haben wir zu berichten. Ein Abend, der eine Erinnerung an die Heldentat auf Sedans Feldern sein sollte, der uns aber die überwältigenden, Herzen brennende Kunde von einem vielleicht noch größeren Siege deutscher Waffen brachte … ein ewig unvergeßlicher Augenblick. – Als Einleitung die Kaiserhymne. Dann ein Vorspruch (von unserem Mitbürger Julius Steinberg) , der in kurzen, kraftgewaltigen, inhaltsschweren Worten alles das kennzeichnete, was heut jeden Deutschen bewegt. Er sagte: Die Siegesfanfaren schmettern, das Volk steht auf, … neu ist geschmiedet der Einheit Band … Der Feinde sind überviele, aber „Wir wollen sie dreschen!“ Und wir werden sie dreschen! Denn ein Gedanke, ein Tun und Trachten nur noch gibt es: das deutsche Vaterland! (Herrn Wittmanns Vortrag dieses Spruches war in jeder Hinsicht hervorragend.) – Ein gemeinsamer Gesang: „Deutschland, Deutschland über alles“, in den alle die vielen, vielen Zuhörer mit einer ruhigen, aber tief-innerlichen und stolzen Begeisterung einstimmten. Prof. Dr. Hashagen entrollte weiterhin in anschaulicher Weise ein Bild der Kriegslage. Er leuchtete hinein in die lügenerfüllten Intrigen, in die schamlosesten Verstöße gegen jedes göttliche und menschliche Gesetz. Gesindel ringsum. Aber dennoch: Hoch unseren Mut, hoch unser Vertrauen, denn eben unser, nur unser und unser teuren Verbündeten ist die gerechte Sache. Ein kurzer Rückblick auf Sedan. „Hoffentlich aber erleben wir noch ein englisches Sedan“; und dieser Ausruf löste spontanen, tosenden Beifall aus. Und danach die neue Siegesbotschaft … Darauf spendete Frau Landrichter Dr. Kaufmann, der wir an dieser Stelle schon öfters lobende Zeilen widmen durften, einige Lieder, von denen besonders das Lied Klärchens aus Goethes „Egmont“ von Beethoven große Anerkennung finden mußte und fand. Mit einer Novelle des Prinzen von Schönaich-Carolath, die die Ruhmsucht, die Grausamkeit und die Zuchtlosigkeit vieler franzmännischer Soldaten brandmarkt, erfreute Dr. Wilrath Dreesen die Hörer. Und eine patriotische Marschfolge „Soldateska 1870/71“, von H. Sauer schwungvoll und schneidig vorgetragen, schloß stimmungsvoll den erträgnisreichen Abend.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

 

Siegestrophäen. Im Schaufenster der Firma J.J. Reeb in der Poststraße sind eine Reihe von Waffen ausgestellt, die im gegenwärtigen Kriege unseren Feinden abgenommen worden sind, auch solche von Franktireurs.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)

 

Das rote Kreuz in Bonn.

Zu den Vorbereitungen, die die Vereine vom Roten Kreuz im Frieden treffen, um mit dem Eintritt der Mobilmachung gerüs­tet zu sein, gehören unter anderem: die Ausbildung von Sanitätskolonen, die Einrichtung von Vereinslazaretten, die Ueber­nahme einzelner Verwaltungszweige in staatlichen Lazaretten (Wäsche und Küche), die Gestellung von Pflegepersonal und die Einrichtung von Verbands- und Erfrischungsstellen. Diese Vorbereitungen waren auch in Bonn geschehen.

Nach Eintritt der Mobilmachung haben sich dann zur Vermeidung einer Zersplitterung von Hilfskräften und freiwilligen Spenden der Zweigverein vom Roten Kreuz für den Stadt- und Landkreis Bonn, der Vaterländische Frauenverein Stadtkreis Bonn und der Freiwillige Hilfsausschuß zur Verpflegung durchfahrender Truppen zu gemeinsamer Arbeit zusammenge­schlossen.

Zuerst mußte die Erfrischung und Verpflegung durchfahrender Truppen einsetzen. Alle am Tage und in der Nacht durch Bonn fahrenden Militärzüge wurden in der Weise verpflegt, daß den Truppen kalte und warme Getränke (Kaffee, Tee, Mi­neralwasser), belegte Brote, Zigarren usw. verabreicht wurden. Eine Maßnahme, die bei unsren braven Kriegern großen Anklang fand und ihnen namentlich an heißen Tagen viel Erquickung brachte.

Dann wurde im Hause Luisenstraße Nr. 6 ein Vereins-Lazarett eingerichtet, das mit 23 Betten und allem Zubehör eines neu­zeitlichen Krankenhauses, Operationszimmer usw. eine besonders freundliche Stätte für die armen Verwundeten ist.

Bald trafen die ersten für die Lazarette in Bonn bestimmten Verwundeten ein; zuerst kleinere Trupps, dann ganze Züge, die oft über 400 Kranke mit sich führten. Um eine einwandfreie Ausladung und Beförderung der Verwundeten nach den hiesi­gen Lazaretten durchzuführen, wurde der Eilgutsschuppen nördlich der Viktoriabrücke für diese Zwecke hergerichtet und mit Verbandsmitteln und einem Erfrischungsraum versehen.

Die Ausladung der Krankenzüge erfordert eine sehr gewissenhafte und umfangreiche Verwaltung. Diese ist jedoch durch viele in uneigennützigster Weise sich in den Dienst gemeinsamer Arbeit stellende Mitbürger glücklich gelöst worden. Die Sanitätskolonne vom Roten Kreuz, die freiwillige Krankenträgerkolonne und die Krankenträgerkolonne unserer Feuerwehr haben sich dort vereinigt, um die Kranken aus den Zügen auszuladen und nach den eingerichteten Reserve-Lazaretten zu bringen.

Ein Stab von Aerzten unter Leitung des Direktors der Reservelazarette in Bonn, Herrn Generaloberarzt Dr. Jäger, ist anwe­send, um jeden Verwendeten sofort zu untersuchen und ihn je nach seiner Beschädigung dem geeigneten Lazarett zu über­weisen. Zwischendurch sorgt die Erfrischungsmannschaft für Verpflegung und die Schwestern und Helferinnen für Erqui­ckung der Verwundeten. Soweit es möglich ist, werden die Verwundeten mit Fahrgelegenheiten nach den Lazaretten ge­bracht. Diese Fahrgelegenheiten werden durch besonders eingerichtete Straßenbahnwagen, Möbelwagen, den Kraftwagen der Feuerwehr und andere Kraftwagen in glücklicher Weise unterstützt.

Zur Zeit sind in Bonn 4 Reservelazarette vorhanden, denen zunächst fast alle vorhandenen Krankenhäuser und die Univer­sitätskliniken zugeteilt sind. Außerdem sind besonders für diese Zwecke hergerichtet: das Vereinslazarett in der Luisenstra­ße, die Beethovenhalle, das Wilhelm-Augusta-Stift, das Erzbischöfliche Konvikt Leoninum, das Kollegium Albertinum, die Erziehungsanstalt St. Josef auf der Höhe und ein Privatlazarett von Frau Schürmann, Koblenzerstraße 67. Ferner ist das städtische Kontagienhaus für übertragbare Krankheiten eingerichtet.

Anzeige in der Deutschen Reichszeitung vom 3. September 1914Damit stehen in diesen Lazaretten annähernd 2000 Betten zur Verfügung, denen alle neuzeitlichen Hilfsmittel der Kriegs­chirurgie in vollendetem Maße zuteil werden können. Das erforderliche Pflegepersonal, Schwestern, Helferinnen und Kran­kenpfleger, wird teilweise vom hiesigen Zweigverein des Roten Kreuzes und von dem Vaterländischen Frauenverein ge­stellt. Mit Rücksicht auf die kurze Zeit, in der alle diese umfangreichen, wohldurchdachten Einrichtungen geschaffen wur­den, kann man von einer geradezu erstaunlichen Leistung sprechen. Unsere Stadt ist gut gerüstet gewesen!

Während so für die in Bonn bleibenden Verwundeten und deren Beförderung nach den Krankenhäusern gut gesorgt ist, mußte andererseits Vorsorge getroffen werden, um die durch Bonn durchfahrenden Krankenzüge vorschriftsmäßig zu be­handeln. Auch dies ist geschehen, dadurch daß an der Weststraße eine Verbands- und Erfrischungshalle eingerichtet ist.

Bevor auf den Zweck und die Einrichtung dieser Halle eingegangen wird, seien einige Ausführungen über die Beförderung der Verwendeten aus der Gefechtslinie gemacht. Die Verwundeten werden zunächst nach den Truppenverbandsplätzen gebracht, die zur Sammlung der Verwendeten dienen. Dort werden die ersten Verbände und unaufschiebbaren Operationen vorgenommen. Hinter diesen Truppenverbandsplätzen liegen die Hauptverbandsplätze, auf denen den Verwundeten ärztli­che Hilfe in größerem Umfange geleistet werden kann. Von beiden Verbandsplätzen werden dann die marschfähigen Ver­wundeten nach den weiter zurückliegenden Leichtverwundeten-Sammelplätzen gebracht und von dort entweder zum Trup­penteil oder nach dem nächsten Etappenort abgesandt. Die übrigen Verwundeten werden mittels der Krankenwagen, leeren Le­bensmittelwagen usw. oder beigetriebenen Fahrzeugen in die Feldlazarette befördert. Dort bleiben sie, bis ihr Zustand ein weiteres Zurückbringen ermöglicht. Um die Feldlazarette von den nicht beförderungsfähigen Kranken wieder frei zum Weitermarsch nach der Gefechtslinie zu machen, werden Kriegslazarette eingerichtet. Diese Kriegslazarette liegen daher schon an festen Punkten hinter der Gefechtslinie. Eine schnelle Räumung der Lazarette des Kriegsschauplatzes ist die erste Vorbedingung für die glatte Abwicklung des gesamten Kriegs-Sanitätsdienstes. Daher werden die Verwundeten aus diesen Kriegslazaretten auch so bald wie angängig, nach den sogenannten Reservelazaretten überführt, die in großer Zahl auf der ganzen, hinter der Front liegenden Etappe (Aufmarschlinie) vorhanden sind. Der Anfangspunkt für unsere Etappe ist. z.B. Hannover und an den Verbindungslinien zwischen Hannover und den Kriegslazaretten befinden sich die Reservelazarette. Nach diesen Reservelazaretten werden die Kranken durch die Lazarettzüge, die Hilfslazarettzüge und die Krankenzüge befördert. Die Lazarettzüge bestehen zumeist aus etwa 40 Wagen. Es sind Wagen 4. Klasse, die als Durchgangszug gekup­pelt und in denen die Kranken in Betten untergebracht sind. Für die Aufhängung der Betten sind schon zu Friedens­zeiten Gestelle hergerichtet, die nur in den Wagen aufgestellt werden, um zur Aufnahme der Betten und Tragbahren bereit zu sein. Die Züge sind mit Küchenwagen, Operationswagen und Verbandswagen und dem nötigen Arzt- und Pflegepersonal versehen. Die Hilfslazarettzüge sind ähnlich eingerichtet, jedoch fällt hier zumeist der Verpflegungswagen und Verbandwa­gen fort, auch ruhen die Kranken nicht in Betten, sondern auf Tragbahren. Beide Züge haben etwa 300 Lagerstellen. Die Krankenzüge werden nach Bedarf aus Personenwagen aller Klassen zusammengestellt. Ihnen wird kein Arzt mitgegeben, sondern nur Pflegepersonal, welches meistenteils als Transportführer bestimmt ist. Alle Hilfslazarett- und Krankenzüge unterbrechen die Fahrt an den von den Etappenbehörden schon zur Friedenszeit vorgesehenen Verbands und Erfri­schungsstellen, um dort verpflegt und soweit notwendig, ärztlich behandelt zu werden. So ist auch die Verbands und Erfrischungstelle für diesen Zweck bestimmt und eingerichtet. In ihr sind also die Kranken und Verwundeten ärztlich zu behandeln, zu verbinden, zu erfrischen und zu verpflegen, um sie dann nach den im Etappengebiet weiter rückwärts liegenden Reservelazaretten zu befördern. Eine Vorbedingung für die Errichtung der Verbandsstelle ist ein am Orte befindliches Reservelazarett. Denn es ist notwendig, Kranke, deren Zustand sich verschlimmert hat und die eine Fortsetzung der Fahrt nicht mehr vertragen, auszuladen und in dem Reservelazarett unterzubringen; auch hat dieses mit den Kranken zu geschehen, bei denen sich während der Fahrt Anzeichen einer übertragbaren Krankheit eingestellt haben.

Im allgemeinen muß es als Grundsatz gelten, daß die Leitung der Verbands und Erfrischungsstelle alles aufbietet, damit die zur Ueberführung nach den weitergelegenen Reservelazarette bestimmten Verwundeten und Kranken auch in erträglichem Zustande bis an ihr Ziel geführt werden können.

Der Umfang der Einrichtung und die Ausgestaltung der Halle in Bonn ist so getroffen, daß vollbesetzte Krankenzüge mit etwa 800 Kranken in kurzer Zeit erfrischt und ärztlich versorgt werden können. Für diesen Zweck ist eine große Speisehalle mit anschließender Küche, Spülküche und Vorratsraum vorhanden. Die Speisehalle, die mit Tischen und Bänken versehen ist, bietet zu gleicher Zeit 500 Soldaten Gelegenheit zum Mittagessen. An die Speisehalle gliedert sich der Verbinderraum, der die gesamten ärztlichen Geräte, Verbandsmittel, Apothekengeräte, Arzneimittel aufnimmt und an den ein Zimmer für unaufschiebbar operative Eingriffe angeschlossen ist. Neben dem Verbinderaum sind dann noch Räume für den Arzt, für die Leitung der Erfrischungshalle und für das Personal vorgesehen. Da ein Krankenzug in spätestens 45 Minuten verpflegt und ärztlich behandelt werden muß, so läßt sich ermessen, welche Anforderungen an das gesamte Personal gestellt werden. Neben mehreren Aerzten unterstützen Schwestern und Helferinngen die Verbindearbeit. Die Leitung des Verbinderraumes hat Professor Leo, unterstützt von mehreren Aerzten, übernommen.

Anzeige in der Deutschen Reichszeitung vom 3. September 1914Krankenträger besorgen die Beförderung der Verwundeten per Speisehalle und zum Verbinderaum, soweit sie in ihrer Fortbewegung behindert sind. Eine große Zahl von Mitbürgerinnen, an deren Spitze Frau Justizrat Conzen steht, führt den Wirtschaftsbetrieb. In vier großen Kesseln kann etwa 1000 Liter schmackhafte Kost bereitet und den Truppen in der Halle verabfolgt, oder denjenigen, die die Züge nicht verlassen können, in die Züge selbst gebracht werden. Die Kranken werden bei der Nahrungsaufnahme, beim Waschen usw. unterstützt; das Gleiche geschieht auch beim Briefschreiben an ihre Angehörigen. Ein eigener Briefkasten sorgt für schnelle Beförderung der Ansichtskarten, denn nur solche schätzen unsere Vaterlandsverteidiger.

Die übersichtliche Anordnung, die große Sauberkeit und abends die tageshelle Beleuchtung der Halle finden bei den Verwundeten ungeteilten Beifall. Dankerfüllten Blickes loben sie die Einrichtungen und die gute Verpflegung. Wer aber die Tätigkeit beim Wechseln der Verbände beobachtet hat, wer die Schwierigkeiten geordneter Wundbehandlungen und die Erleichterung, die dadurch den Kranken bereitet werden, kennt, der mag in erster Linie den Segen ermessen, den solche Einrichtungen im rauhen Kriege bringen können!

Auch Ihre Königliche Hoheit die Frau Prinzessin Adolf zu Schaumburg-Lippe bekundet der Anstalt ihr hohes lebhaftes Interesse und ist fast bei den meisten Krankenzügen anwesend, um in huldvoller Weise die Soldaten durch Liebesgaben oder durch ihre Unterschrift auf Postkarten zu erfreuen. Dabei bricht dann oft der Humor über seine Grenzen.

Wenn aber die Züge den Bahnhof verlassen und die Truppen trotz aller Verwundungen siegesbegeistert aus rauhen Kehlen einstimmen in den zum nationalen Choral anschwellenden Sang:

Es braust ein Ruf wie Donnerhall
Wie Schwertgeklirr und Wogenprall
Zum Rhein, zum Rhein, zum deutschen Rhein,
Wir alle wollen Hüter sein!

Dann sind alle die freiwilligen Helfer und Helferinnen reichlich belohnt für ihre Liebesmühe. Sie wissen, daß sie den braven Söhnen unseres Vaterlandes ihre Leiden auf kurze Zeit gelindert haben!

(Deutsche Reichs-Zeitung)

 

Der gleiche Artikel erscheint am folgenden Tag im General-Anzeiger, wobei als Verfasser der städtische Beigeordnete Piehl angegeben wird.