Dienstag, 11. August 1914

Am Tag zuvor hatten französische Verbände die elsässische Stadt Mühlhausen geräumt. Die Bonner Zeitungen feierten dies als Ende der französischen Offensive.

 

Anzeige im Bonner General-Anzeiger vom 11. August 1914Hilfsbereitschaft. Um zur Nachfolge anzuregen, melden wir mit Freude die Tatsache, daß unser Mitbürger Carl Dickerhoff gleich in den ersten Mobilmachungstagen sein Landhaus „Fichtenau“ der Stadt Bonn zum Zwecke der Kriegerpflege unentgeltlich zur Verfügung gestellt hat. Die Überführung von Verwundeten dahin scheitert allerdings an der Transportfrage. In dem Weltkriege, der uns aufgezwungen wurde, haben wir uns jedoch auch vorzubereiten auf die Pflege Wiedergenesender und Erholungsbedürftiger in großer Zahl. Dazu sind Landhaus und Park nach Einrichtung und Lagen wie geschaffen. (...)

Die Besitzer von Tauben sind strengstens verpflichtet und werden hierdurch dringend ersucht, ihre Taubenschläge täglich nach fremden und Militär-Brieftauben zu durchsuchen. Aufgefundene Tauben sind ohne Berührung der etwa in ihnen befindlichen Depeschen schnellstens der nächsten Zivil- oder Militärbehörde abzuliefern! Schläge von Tauben, deren Besitzer nicht Mitglieder des Deutschen Brieftaubenverbandes sind, (...) sind der Polizeibehörde sofort zu melden. Nur die Tauben des Deutschen Brieftaubenverbandes dürfen frei fliegen, das Abschießen derselben ist strengstens und unter Strafe verboten.

Deutsche Namen. Vom Deutschen Sprachverein schreibt man uns: Mit großer Genugtuung vernehmen alle aufrichtig deutsch gesinnten Männer und Frauen, daß unter dem Eindruck der deutschfeindlichen kriegerischen Ereignisse mehr und mehr die fremdsprachlichen Bezeichnungen deutscher Geschäfte von den Aushängeschildern verschwinden. (...) Hier in Bonn hat der erste Gasthof seinen schon oft beanstandeten Namen Hotel Royal nun in „Königlicher Hof“ umgeändert. (...)

Die Kirmesfeiern sollen in anbetracht (sic!) der ernsten Zeit in Stadt- und Landkreis unterbleiben.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten")

 

Anzeige im Bonner General-Anzeiger vom 11. August 1914Die Lese- und Erholungsgesellschaft wird den als „Zentralsammelstelle für vaterländische Zwecke“ vereinigten Körperschaften, Vereinen usw. im Bedarfsfalle Weine nach freier Wahl im Gesamtbetrage bis zu 1000 Mark kostenlos zur Verfügung stellen.

Den in Bonn weilenden Herren Offiziere stellt die „Lese“ ihre Gesellschaftsräume und Gartenanlagen in gastlicher Weise zur Verfügung.

Gasthof zum Königlichen Hof heißt das Hotel Royal von jetzt an. Der neue Name ist auf die beiden Glasschilder neben dem Haupteingang aufgeklebt.

Die Handelskammer Bonn schreibt uns: In dieser großen schweren Zeit gilt es, tunlichst zu vermeiden, daß zu der allgemeinen Not und Sorge nicht noch die Not der Arbeitslosigkeit hinzutritt. Alle kaufmännischen wie gewerblichen und industriellen Betriebe sollten deshalb alles daran setzen, auf irgendwelche Weise die Weiterarbeit, wenn nicht ganz, so doch teilweise zu ermöglichen. Sollten mit der Zeit die Opfer zu groß und Entlassungen unvermeidlich sein, dann wollen wir gern unser Möglichstes tun, durch Vermittlung der bestehenden Arbeitsnachweisstellen den Betroffenen Arbeit zu verschaffen.

Die Kessenicher Kirmes und voraussichtlich auch die anderen Kirmessen im Stadt- und Landkreise Bonn werden nicht gefeiert.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

 

Ehemalige Bonner Studierende versammelten sich gestern in der Aula der Universität, bevor sie als Krankenpfleger den Truppen in’s Feld folgten. Während der Studienzeit in Bonn waren sie zum Krankendienst ausgebildet worden. Der Rektor der Universität, Geheimrat Prof. Dr. Schulte, machte die Herren mit den für sie im Kriege geltenden Gesetzen bekannt. An Schwures statt wurde durch Handschlag das Gelöbnis, treu zu Kaiser und Reich zu stehen gegeben. Danach hielt Herr Geheimrat Prof. Dr. Schulte folgende kurze Ansprache: Mit Stolz und Dank haben wir unsere Studenten in hellen Scharen zu den Waffen entlassen. Der Rektor dankt namens der Universität auch ihnen, die aus der Hochschule hervorgegangen sind und schon als Studenten sich freiwillig dem Dienste der Menschlichkeit und Nächstenliebe gewidmet hatten. Gott schütze Sie bei Ihrer schweren Tätigkeit für unser Vaterland und das menschliche Geschlecht. Mit Gott.

Herr Prof. Sell wies dann auf den gleich ehrenvollen und kaum weniger gefahrvollen Dienst, den die Scheidenden hinter der Front, aber in Anblick all des unermesslichen Leidens und schweren Sterbens zu leisten haben, auf die hohe Aufgabe, die ihnen in der Pflege der Verwundeten und Kranken von Freund und Feind obliegt. Denen, die vielleicht ihr Leben hingeben müssen, rief Herr Prof. Sell den Spruch Horaz’ zu: Süß und ehrenvoll ist es für das Vaterland zu sterben, und sprach von der gewaltigen Kraft der Zuversicht des ganzen deutschen Volkes, die hinter den Kämpfenden und Pflegenden draußen steht nach dem alten Römerspruch: Und wenn die Welt einstürzt, sollen uns die Trümmer unerschrocken finden. Gehen Sie mit Gott!

Etwa 300 Mitglieder des 350 Köpfe zählenden katholischen Gesellenvereins sind bei der Fahne. Die Vereinsversammlungen finden fortan bis auf weiteres nur noch alle 14 Tage statt. (...)

Kriegsfreiwillige. Auch die aktiven Mitglieder der katholischen Studenten-Verbindung „Bavaria“ haben sich freiwillig unter die Fahnen gestellt. Zwei von ihnen sind ins Bonner Husaren-Regiment eingetreten, die übrigen befinden sich bei anderen Truppenteilen.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)