Montag, 10. August 1914

Die ersten Abteilungen des britischen Expeditionskorps waren am Tag zuvor in Frankreich gelandet.
Der General-Anzeiger bringt einen begeisterten Leitartikel über den Ausspruch von Wilhelm II.: „Nun aber wollen wir sie dreschen.“

 

Verluste (Wolff-Büro). In der namentlichen Liste von Gefallenen und Verwundeten aus Gefechten unserer Grenzschutztruppen (ausgegeben Berlin am 9. August) ist verzeichnet: Husaren-Reg. 7 Junghann, Johann, Leutnant d. R., tot, Reich, Heinr., Husar, tot.- Die Orte, an denen die einzelnen Gefechte stattgefunden haben, können bis auf weiteres nicht veröffentlicht werden. Darüber wird aber den sich ausweisenden Angehörigen auf Anfrage von den Zentral-Nachweisbüro des Kriegsministeriums, Berlin NW 7, Dorotheenstraße 48, schriftlich oder mündlich Auskunft erteilt. Die Verwundeten befinden sich in guter Pflege.

Kein Alkohol an durchfahrende Truppen. Der Chef des Feldeisenbahnwesens weist noch einmal ausdrücklich auf das Verbot hin, den durchfahrenden Truppen Alkohol zu verabreichen.

Der hiesige Polizeihundverein erlässt (...) einen Aufruf zur Ausbildung von Sanitätshunden zum Absuchen der Schlachtfelder nach versteckt liegenden Verwundeten. Ferner fordert er auf zur Meldung von geeigneten freiwilligen Führern. (...)

(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten")

 

Den Heldentod für das Vaterland starben bei den Kämpfen in Belgien vom hiesigen Husaren-Regiment der Leutnant der Res. Junghann und der Husar Reich.

Nach einer Feld-Postkarte, die uns heute morgen aus Pfaffendorf bei Koblenz zugegangen ist, scheint es den dort „in der Sommerfrische“ befindlichen Landwehrleuten aus Bonn und Umgegend noch immer recht gut zu gehen. Um einem dringenden Bedürfnis abzuhelfen, haben sie einen Gesangverein gegründet, der sich aus Mitgliedern der Liedertafel, Liederhalle, Arion usw. zusammensetzt. Ein Pfaffendorfer Einwohner war von den Leistungen des Landwehr-Männer-Gesangsvereins derart entzückt, daß er am gestrigen Sonntag einen Hektoliter Bier „schmiß“.

Schwestern gesucht. Für das im Landkreise Bonn neugegründete Mutterhaus vom Roten Kreuz (Sitz Bonn), werden sofort kath. Schwestern, wenn möglich staatlich geprüft, und Lehrschwestern gesucht; auch werden Damen beider Konfessionen während des Krieges als Hilfsschwestern angenommen. Persönliche Meldungen mit Lebenslauf und beglaubigten Zeugnissen werden erbeten durch Frau Oberin von Stromberg – Bonn (Gluckstraße 1) zwischen 9 und 11 Uhr vormittags.

Die Bonner Bäcker-Zwangs-Innung hat gestern nachmittag in ihrem Innungslokal Bertram unter dem Vorsitz des Bäckermeisters Roth eine außerordentliche Generalversammlung abgehalten, in der über die jüngst erlassene Bekanntmachung über das Brötchenbacken eine Aussprache Anzeige im Bonner General-Anzeiger vom 10. August 1914stattgefunden hat. Bekanntlich hat sich die Stadtverwaltung in Anbetracht der Kriegslage in dankenswerter Weise zu einer Reihe von Maßnahmen veranlaßt gesehen, um einer eventuellen Notlage entgegen zu steuern. Insbesondere hat die Stadtverwaltung, wie Beigeordneter Dr. V. Garßen, der der Versammlung beiwohnte, mitteilte, große Mengen Getreide gesichert. Zu dieser Maßnahme sah sich die Stadtverwaltung veranlaßt, um den bedauerlichen Preistreibereien, die auch in unserer Stadt zu verzeichnen waren, entgegenzutreten. Den Bäckereien soll Mehl zu festgesetzten Preisen abgegeben werden. Es sind dann Höchstpreise für Brot festgesetzt worden, und zwar beträgt der Höchstpreis für Schwarzbrot (5 Pfund) 75 Pfg., Feinbrot (3 1/2 Pfund) 70 Pfg. und Graubrot (2 ½ Pfund) 60 Pfg. Gleichzeitig ist man an die Bäcker herangetreten, damit keine Brötchen mehr gebacken werden sollten. Bei alledem war es Absicht der Verwaltung, das Bäckereigeschäft möglichst zu vereinfachen. Beigeordneter Dr. v. Garßen begründete diese Beschlüsse eingehend und bat die Versammlung, sich nicht von kleinlichen Gesichtspunkten und Sonderwünschen leiten zu lassen, sondern ihr Einverständnis zu erklären. Dabei wies er – veranlaßt durch Zwischenrufe – darauf hin, daß im anderen Falle auch die Stadt mit Brot versorgt werden könne, das nicht durch die Bäckermeister gebacken sei.

In einer ziemlich erregten Aussprache wurde von verschiedenen Seiten betont, daß es namentlich für die kleineren Bäckereien von erheblichem Schaden sei, wenn keine Brötchen mehr gebacken würden. Nach vielem Hin- und Herreden wurde schließlich folgende Resolution angenommen:

„Die heutige Generalversammlung spricht der Verwaltung ihren Dank aus für die bisher getroffenen Maßnahmen. Sie begrüßt es mit Freuden, daß den Bäckermeistern vorläufig das Brötchenbacken noch freigestellt ist. Sollte es jedoch die Lage erforderlich machen, daß die Bäckermeister Abstand nehmen müssen, so sind sie gern bereit, auch dieses Opfer zu bringen.“

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

 

Am gestrigen Sonntag war das Straßenbild in unserer Stadt verhältnismäßig ruhig. Wohl sah man vom frühen Morgen bis zum späten Abend Gruppen von Menschen in eifrigem Gespräch hin und her wandern aber auch hier und da stehen und den Inhalt der einlaufenden neuesten Meldungen Anzeige in der Deutschen Reichs-Zeitung vom 10. August 1914erörtern, aber es kam nicht zu dem lauten Getriebe, das den ersten Tagen der Woche das Gepräge gegeben hatte. Man besprach das perfide Verhalten Englands, desselben Englands, das nur nach einem äußeren Anlaß gesucht hatte, um vor der Welt die heuchlerische Maske der den Frieden schirmenden und schützenden Macht fallen zu lassen und sein wahres Gesicht zu zeigen: das Gesicht der Habsucht und Habgier, die die Gelegenheit ergreift, um auf Kosten eines von zwei verschiedenen Seiten bedrängten stammesverwandten Volkes sich zu bereichern, sich zu bereichern an Land und Geld. Aber es gibt eine Vorsehung, und diese Vorsehung wird es nicht zulassen, daß das falsche Spiel gewinnt. Das ist die Ueberzeugung, die tiefinnere Ueberzeugung, die wie das ganze deutsche Volk, so auch die Bonner Einwohnerschaft durchdringt. Man hörte dieser Ueberzeugung Ausdruck verleihen, wohin man auch hören mochte – auf den Straßen, den Plätzen aber auch in den öffentlichen Lokalen.

Auf den Straßen begegnete man auch gestern des öfteren Zügen von Reservisten und Landwehrleuten, die zu den Fahnen eilten. Es wäre ein Studium für sich gewesen, das Studium dieser treudeutschen kräftigen Männer, die voller Zuversicht dem Kampf entgegensehen, dem Kampf, der alle Unbill rächen soll, die wir aus purer Gutmütigkeit uns Jahrelang von den Ausländern haben gefallen lassen. Die Vergeltung naht jetzt. Vae Victis! Wehe den Besiegten!

 

Der gefallene Leutnant der Reserve im Bonner Husaren-Regiment Junghan, Dr. jur. und Dr. Ing., Bergassessor, hat in Bonn studiert und ist A. H. des Korps Guestphalia hier, war vorübergehend am hiesigen Kgl. Oberbergamt beschäftigt und ist der Sohn einer höheren Beamten-Witwe in Dortmund. Er war allgemein in seinem Bekanntenkreise sehr beliebt und hochgeschätzt.

Lebensmittel für unsere Soldaten. Der Vaterländische Frauen-Verein bittet, alle Lebensmittelspenden möglichst nur an seiner und der Erfrischungsstelle vom Roten Kreuz am Güterbahnhof abliefern zu wollen.

Für die Vororte ist eine zweite städtische Verkaufsstelle für Mehl und Salz von Dienstag den 11. des Monats ab in dem Verwaltungsgebäude, Rathaus Poppelsdorf, eingerichtet worden. Verkaufszeit nachmittags von 3 – 5 Uhr.

Kriegsfreiwillige. Von 62 ortsanwesenden Mitgliedern des katholischen Studentenvereins Arminia (K. B.) haben sich, soweit bisheran festgestellt werden konnte, 55 zur Fahne gestellt und sind zur Hälfte als felddienstfähig, zur Hälfte als garnisonsdienstfähig erklärt worden. Bei den übrigen sieben konnten bis jetzt Feststellungen über ihre Einstellung nicht nicht gemacht werden.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)