Mittwoch, 5. August 1914

Am 4. August war das britische Ultimatum an Deutschland, in dem die Respektierung der belgischen Neutralität gefordert worden war, abgelaufen. Daraufhin waren die diplomatischen Beziehungen abgebrochen worden, was einer Kriegserklärung gleichkam. Alle deutschen Parteien im Reichstag hatten den Kriegskrediten zugestimmt. Der Kaiser hatte den „Burgfrieden“ ausgerufen.
Auch der „Volksmund“, der noch Tage zuvor vor den Gräueln eines möglichen Kriegs gewarnt hatte, vollzog eine Wende. In dem mit E. Ling gezeichneten Artikel „Krieg“ heißt es nun: „Es war zu spät. Das drohende Kriegsgewölk, das sich immer unheimlicher zusammenballt, war nicht mehr zu zerstreuen, alle Bemühungen des Kaisers, seinem Reiche das Unheil des Krieges fern zu halten, vergebens: das Unwetter ist losgebrochen. Buchstäblich: über Nacht (...) Darum vorwärts! Zeigen wir, daß wir auch in der höchsten Not nicht zagen! Vorwärts! Drauf und dran! Das ganze internationale Völkergewimmel soll erfahren, was es heißt, ein gesundes Volk mit achtundsechzig Millionen Menschen vernichten zu wollen! (...) Wollt ihr Hiebe: nur heran. Wir können und wollen jetzt schlagen. Und, mag die ganze Welt es hören, nicht zu knapp.“   


Der Rektor der Universität Geheimrat Schulte macht durch Aushang am Schwarzen Brett bekannt:

Seine Majestät hat auf das gestrige Huldigungstelegramm der Universität zu antworten geruht:
„Berlin, Schloß, den 4. August um 10.10 Uhr. Meiner teuren Friedrich-Wilhelms-Universität herzlichen Dank für Gruß u. Treueschwur.“

Frau Prinzessin Adolf zu Schaumburg-Lippe hat gestern die Erfrischungsstation der freiwilligen Hilfsstation für durchfahrende Truppen besucht, deren Einrichtungen sie längere Zeit mit großem Interesse besichtigte und durch Geschenke bereicherte.

Die Bonner Burschenschaft. Alle in Bonn studierenden Burschenschafter haben sich, soweit sie nicht bereits dem stehenden Heere angehören, freiwillig zum Dienst gemeldet.

Die Lieferung von Gas, Elektrizität und Wasser wird, wie uns die Direktion der Stadtwerke mitteilte, in keiner Weise eingeschränkt. Alle Gerüchte, die etwas Gegenteiliges behaupten, sind falsch. Nur die öffentliche Straßenbeleuchtung wird während des Krieges vermindert.

Eingesandt. Wir erhalten folgende Zuschrift, der wir gerne Raum geben.

„Geehrte Redaktion! Würden Sie die Güte haben und die folgenden Zeilen in Ihr Blatt aufnehmen? Gestern begegnete ich noch vielen jungen Damen, welche noch mit ihrem Tennisschläger gedankenlos über die Straße zogen, während schon so viele nötige Arbeit auf uns wartet. Der Ernst der Zeit soll uns doch andere Gedanken geben, als die des Spieles und Sports! (…) Keine Schande ist es für uns, wenn die Tennisplätze mit Gras überwachsen, weil unsere Töchter arbeiten für das Vaterland. Ihr deutschen Töchter, greift an, wo die Not eure Hilfe verlangt, ohne Erwägen, ob die Arbeit Euch zusagt oder nicht. (…) Die Zeit der Tändelei muß nun begraben werden, (…) Gott mit uns!“

(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten")

 

Dem freiwilligen Hülfsausschuß für durchfahrende Truppen sind gestern eine so große Menge an Früchten zugegangen, daß weitere Spenden von Obst dankend zurückgewiesen werden müssen, weil es aus Gesundheitsrücksichten nicht zu empfehlen ist, den Truppen Obst – Citronen ausgenommen – zu verabreichen. Es wird darum gebeten, die Früchte gegen Geld oder andere Artikel umzutauschen.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)


Kirchenkollekte in der katholischen Kirche. Am Mittwoch, 5. August, wie am Sonntag, den 9. August, ist nach Anordnung des Herrn Kardinals von Hartmann eine Kirchenkollekte für die Familienangehörigen der ins Feld gerückten Truppen zu veranstalten.
Anzeige in Bonner General-Anzeiger vom 5. August 1914Altkatholischer Gottesdienst in Bonn
In der Gymnasialkirche (Bonngasse) wird am Mittwoch, den 5. d. Mts., vormittags ½10 Uhr, der von Sr. Majestät dem Kaiser angeordnete Bitt-Gottesdienst abgehalten.
Evangelische Gemeinde. Der von Sr. Majestät dem Kaiser angeordnete Bettag-Gottesdienst ist Mittwoch, 10 Uhr, in der Kirche am Kaiserplatz. Im Anschluß daran ist Vorbereitung und Abendmahlsfeier.
Die Gebetstunde der Freien Evangelischen Gemeinde, Martinstraße 6, am nationalen Bettag, den 5. August, findet um 5 Uhr nachmittags statt.
Münsterkirche Bonn. Gemäß Erzbischöflicher Anordnung Sonntag den 9. August: 13stündiges Gebet, welches abends 6 Uhr mit der Absingung der Litanei von allen Heiligen und dem sakramentalen Segen schließt. – Sonntag den 9. August bei allen Gottesdiensten Kirchenkollekte für die Familien-Angehörigen der ins Feld gerückten Truppen.
Evangelische Militärgemeinde Bonn. Den Allerhöchstangeordneten Allgemeinen Bettag wird die Militärgemeinde zusammen mit der bürgerlichen Gemeinde heute Mittwoch 10 Uhr in der Kirche am Kaiserplatz begehen. Die Predigt hält Pastor Strauß, Abendmahl reichen die Pastore Kremers und Lorenz.
Israelitische Gemeinde Bonn. Auch in der Synagoge wird heute morgen 11 Uhr ein Bittgottesdienst mit predigt und Vorbereitung abgehalten.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Kirchen-Kalender“)

 

Studenten der Bonner Universität!

Der Dienst des Vaterlandes geht allem voraus! Wer nicht die Waffen tragen kann, verwende seine Kraft für die Volksernährung und eile zur Erntearbeit! Kommilitonen, schließen Sie sich an die bestehenden Organisationen an! In Bonn hat diese ihren Sitz im Arminenhaus, Kaiserstraße 85.

Bonn, den 4. August 1914
Der Rektor: Schulte, Geheimer Regierungsrat
Der Königliche Universitäts-Kurator: Ebbinghausen, Geheimer Ober-Regierungsrat

(Aufruf in der Deutschen Reichs-Zeitung)