Samstag, 22. September 1917

       

Anzeige im General-Anzeiger vom 22. September 1917Stadtverordneten-Sitzung
Bonn, 21. September 1917.
Oberbürgermeister Spiritus eröffnet die Sitzung um 15.15 Uhr,
Eine Kundgebung gegen Wilson.
Vor Eintritt in die Tagesordnung führt Oberbürgermeister Spiritus aus:
    Der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika hat in der Antwort auf die Friedensnote Seiner Heiligkeit des Papstes den Versuch gemacht, die Stimmung des deutschen Volkes gegen seinen Kaiser zu beeinflussen. Die hierin liegende Anmaßung ist ebenso groß, wie der gänzliche Mangel an Verständnis für deutsche Art und deutsches Wesen. Ein Sturm der Entrüstung geht durch unser Vaterland, und das Gefühl der Zusammengehörigkeit zwischen Kaiser und Volk hat niemals lebhafteren Ausdruck gefunden als in diesen Tagen. (Bravo!)
    Auch wir Bonner können dazu nicht schweigen. Die heutige Stadtverordneten-Sitzung soll uns Gelegenheit geben, der Empörung der Bürgerschaft Ausdruck zu verleihen und unserem erhabenen Kaiser unsere unwandelbare Treue zu versichern. (Bravo!)
    Ich bitte Sie, die Absendung des folgenden Telegramms an Seine Majestät zu beschließen:
    An Seine Majestät den Kaiser und König.
    Eure Kaiserliche und Königliche Majestät bittet die Vertretung der Stadt Bonn, ihrer Entrüstung Ausdruck geben zu dürfen gegenüber der dreisten Anmaßung des Präsidenten Wilson in seiner Antwort auf die Friedensnote des Papstes. Der plumpe und hinterlistige Versuch, das deutsche Volk und seinen Kaiser zu entzweien, erweckt unseren gerechten Zorn, aber gerade diese schändliche Absicht des Amerikaners verbindet Fürst und Volk noch fester. Die Bürgerschaft der Stadt Bonn gelobt Euerer Majestät in alter Treue zu stehen zu Kaiser und Reich und durchzuhalten in großer und schwerer Zeit bis zum siegreichen Ende.
    Der Oberbürgermeister, die Beigeordneten, die Stadtverordneten.
    Die Stadtverordneten beschließen, das Telegramm abzusenden. [...]

(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)

    

Die städtische Knochen-Entfettungsanlage, die in der Kälberhalle des Schlachthofes untergebracht ist, hat sich bereits gut bewährt. Aus den abgelieferten Knochen wird durchschnittlich täglich ein Zentner Fett gewonnen, das zu technischen Zwecken Verwendung findet. In den nächsten Tagen soll auch mit der Gewinnung von Speisefett begonnen werden. [...] Man kann damit rechnen, daß aus einem Zentner Knochen vier Pfund Fett gewonnen werden.
    Die entfetteten Knochen werden auch noch verwendet; sie werden gemahlen und leisten als Futter- und Düngemittel gute Dienste. [...] Um die Anlage voll ausnutzen zu können, ist es unbedingt erforderlich, daß kein Knochen im Haushalt verkommt, sondern allwöchentlich an den Metzger abgeliefert wird. Der gegenwärtige Krieg hat uns gezwungen, mit vielen alten Gewohnheiten zu brechen. Auch darin müssen die Hausfrauen einig sein, da sie fortan keinen Knochen mehr ins Feuer oder in den Mülleimer werfen. Denn mehr denn je sind wir gezwungen, darauf zu achten, daß kein Gramm Fett verloren geht, weder dem Haushalt noch dem Gewerbe.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

Übertrieben hohe Preise für Schuhwaren und Schuhausbesserungen. Der hiesigen Preisprüfungsstelle gehen täglich Klagen darüber zu, daß für Schuhe und Schuhausbesserungen unverhältnismäßig hohe Preise gezahlt werden. Es ist vorgekommen, daß Schuhe mit 60 bis 75 Mark bezahlt wurden. Für Herren-Sohlen und Absätze sind schon 21 Mark verlangt worden. Derartige Preise überschreiten ganz bedeutend das erlaubte Maß. Jeder Schuh und Pantoffel muß sichtbar mit dem bei der Berliner Gutachter-Kommission festgesetzten Preise versehen sein, gleichviel ob es Inlands- oder Auslandsware ist. Allerdings können heute nicht mehr wie in Friedenszeiten von Käufern Ansprüche auf Haltbarkeit gestellt werden, da jeder Schuhhändler seine Ware vom Verteilungs-Ausschuß ohne Rücksicht auf Güte und Ausführung zugeteilt erhält. Aufgrund der festgesetzten Richtpreise für Leder und Arbeitslöhne dürfen je nach Höhe der Arbeitslöhne für Herren-Sohlen und Absätze 8 Mark bis 9,50 Mark verlangt werden. Für Damen- und Kindersohlen mit Absätzen entsprechend weniger. Jeder Schuhmacher, der Ausbesserungen ausführt, muß auf einem sichtbaren Plakate Richtpreise für Material und Arbeitslöhne gesondert bekannt geben und jeder Ausbesserungsarbeit einen Zettel beilegen, der den Aufwand für Leder und Arbeitslohn genau angibt. Die Preisprüfungsstelle bittet die Einwohner auf Innehaltung dieser Vorschriften zu dringen und die Fälle, in denen sie überfordert zu werden glauben, unnachsichtlich der Preisprüfungsstelle mitzuteilen.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)

   

Zur 7. Kriegsanleihe. Um ihren Beamten, Angestellten und Arbeitern die Zeichnung der 7. Kriegsanleihe zu erleichtern gewährt die Stadt Bonn diesen Vorschüsse bis zur Höhe eines Monatsgehaltes, die dann bei der jeweiligen Lohnzahlung in Teilen abgehalten werden. Die Einrichtung hat sich bei der 6. Kriegsanleihe bewährt. Die Zeichnung kann auch im Wege der Kriegsanleihe-Versicherung bei der Landesbank durch Vermittlung der städtischen Sparkasse geschehen. – Herr Dr. Schorlemmer in Godesberg erläßt an alle Rheinländer einen warm empfundenen Mahnruf in ernster Zeit zur Aufklärung und Werbung für die 7. Kriegsanleihe.

Bekleidungsamt. Die Knappheit der vorhandenen Bestände an Webwaren gestattet nicht mehr, Sonderkleidung für besondere Zwecke anzuschaffen. Die Reichsbekleidungsstelle hat deshalb angeordnet, daß Bezugsscheine für Trauerfälle, Konfirmation und erste Kommunion nur dann bewilligt werden, wenn der Bestand dadurch nicht die in der Bestandsliste angegebenen Ziffern überschreitet. In gleicher Weise wird bei der Bewilligung von Sportanzügen verfahren. Getragene Kleidungsstücke an entlassene Krieger werden aus den Beständen der Verkaufsstelle des städtischen Bekleidungsamtes nur dann abgegeben, wenn der Antragsteller überhaupt keine Zivilkleidung mehr besitzt.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)