Montag, 21. August 1916

     

Das Kriegskinderheim auf „Hohen-Eich“ in Bonn trat kurz nach Beginn des dritten Kriegsjahres, am gestrigen Tage, ebenfalls in das dritte Jahr seiner Wirksamkeit. An zwei Jahren unausgesetzter Arbeit fanden 205 Kinder bedürftiger Kriegerfamilien jedes Bekenntnisses an rund 25.700 Kindepflegetagen gegen sehr mäßige Zahlung, volle sachkundige Körperpflege einschließlich Wäsche und Kleidung. Mancherlei Ungelegenheiten, Sorgen und Aergernisse wurden überwunden, dagegen aber auch viele Freude an den sich prächtig entwickelnden Kinderchen erlebt. Gegenwärtig ruhen im Schatten der Bäume 20 Säuglinge zufrieden in ihren Bettchen und 18 muntere Jungen und saubere Mädchen, die zum größten Teil im Heim laufen und schwätzen gelernt haben, tummeln sich auf den Rasenflächen von Hohen-Eich. Die Schwierigkeiten der Verpflegung, sowohl der Kinder wie der Hilfskräfte, sind in letzter Zeit mit der Knappheit der Lebensmittel bedeutend gewachsen. Um besonders den ganz Kleinen regelmäßig geeignete Nahrung zu schaffen, wurden eine gute Milchkuh und einige Ziegen erworben, was die Kasse erheblich in Anspruch nahm. Die wachsende Erkenntnis, daß eine vermehrte und verbesserte Säuglingspflege zu den Hauptaufgaben unserer Zeit gehört, und die erfreulichen Erfolge, die das Heim in den zwei Jahren seiner Wirksamkeit zu verzeichnen hat, gibt allen Beteiligten den Mut und die Kraft, ihr Werk solange fortzusetzen, wie das Vaterland der Hilfe jedes einzelnen, eines jeden in seiner Art, bedarf. Der letzte Bericht des Kriegskinderheims dankt zum Schluß allen, die dem Heim bisher hochherzig zur Seite standen, noch einmal herzlichst. Freunde der guten Sache in Nah und Fern, welche das Heim durch eine Gabe fördern helfen wollen, werden gebeten, sich des Scheckkontos Nr. 2558 Köln der Rheinisch-Westf. Diskonto-Gesellschaft in Bonn zu bedienen.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

     

Die Kevelaer-Pfarrprozession, die gestern morgen von St. Remigius durch die Straßen des Pfarrbezirks zog, erfreute sich einer großen Beteiligung. Sämtliche Straßen, die von der Prozession berührt wurden, waren reich mit Fahnen, Blumen und Waldesgrün geschmückt. – Am Samstag abend trafen die Teilnehmer an der Fahrprozession nach Kevelaer wohlbehalten hier wieder ein.

Ein neuer Rheindampfer. Die Preußisch-Rheinische Dampfschiffahrts-Gesellschaft wird ihre starke Rheinflotte um einen neuen Personendampfer vermehren. Dieser, der Personendampfer Hindenburg, wird am Mittwoch von Düsseldorf aus rheinaufwärts seine Probefahrt unternehmen.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

     

Eine Gemüseverkaufsstelle hat die Stadtverwaltung im Hause Sternstraße 48 errichtet. Der Verkauf findet statt vormittags von 8 bis 12 Uhr, nachmittags von 3 bis 6 Uhr.

Große Unehrlichkeiten werden zur Zeit von den Landleuten bei den Aehrensammlern beobachtet. Beim Einfahren des Getreides, besonders beim Weizen, stößt man jetzt auf Garben, die fast zur Hälfte entleert sind. Die Aehrensammler halten sich, wie man sehr häufig beobachten kann, gern zwischen den zum Nachtrocknen aufgestellten Haufen auf und ziehen dann die Aehren aus den Garben; an anderen Stellen sind Garben vollständig verschwunden. Eine weitere Art der Unehrlichkeit, die besonders den Stadtkindern in die Schuhe geschoben wird, besteht darin, daß man die Aehren abschneidet und sie so in Paketen oder Rucksäcken verpackt, unauffällig wegschaffen kann. Diese Aehren dienen meist als Taubenfutter und sogar als Kaninchennahrung. Manche Landleute haben angesichts dieser Spitzbübereien das Aehrenlesen, solange noch Garben auf den Feldern stehen, verboten. Da das Aehrenstehlen meist während der Mittagszeit geschieht, in der das Feld sonst nicht bevölkert ist so gelingt es nur selten, einen solchen Dieb bei seiner Tätigkeit zu überraschen.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)