Samstag, 23. November 1918

    

Die Urteilformel „Im Namen des Königs“ ist durch eine Verfügung des Justizministers abgeschafft worden. Es soll einfach heißen: Es wird erkannt usw. Auch die Bezeichnung „Königliches“ Landgericht oder Amtsgericht fällt den neuen Verhältnissen entsprechend weg.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

   

Für die Verpflegung der durchziehenden Truppen sind, wie bereits kurz mitgeteilt, auf dem Grundstück der Landwirtschaftlichen Akademie, Ecke Endenicher und Nuß-Allee drei große Hallen errichtet worden. Jede dieser Hallen hat einen Flächeninhalt von 300 Geviertmeter und ist mit Heizung und elektrischem Licht versehen. In der mittleren Halle ist der Küchenbetrieb eingerichtet, während die beiden anderen Baracken als Speisehallen dienen. Sechs Kessel zu je 500 Liter und vier kleinere Kessel, die je 150 Liter fassen, ermöglichen es, zu gleicher Zeit 3000 Mann mit Essen und Kaffee zu versorgen. Je nach Bedarf läßt sich jedoch der Betrieb noch auf das sechsfache, ja sogar das zehnfache steigern. Die Speisen werden recht schmackhaft zubereitet und so reichlich ausgegeben, daß auch ein ausgehungerter Soldatenmagen zufrieden gestellt werden kann. Am Eröffnungstage wurden 1354 Portionen und am Donnerstag 1300 Portionen Mittagessen ausgegeben. Es gibt meist Eintopfgerichte, dicke Suppen, Graupen oder Nudeln mit Obst. Gestern Freitag erhielten die Soldaten Wirsing mit Kartoffeln und Fleisch. Das Essen wird von Frauen und Mädchen gereicht, die ehrenamtlich tätig sind. Bei großem Andrang können die Soldaten sich auch selbst an drei Schaltern, die zur Ausgabe von Essen an der Küchenhalle angebracht sind, das Essen holen. Die Speisehallen sind wohnlich eingerichtet und bieten Raum für je 300 Personen; außerdem beherbergigen die Speisehallen noch Wachlokale für Sanitäter und Mannschaften der Bürgerwehr. Das an die Küchenhalle anschließende Lebensmittellager ist von der Militärverwaltung gut beschickt worden. Ganze Viertel Ochsenfleisch hängen an den Wänden; Brote, Fleisch- und Gemüsekonserven, Mehl, Zucker, Teigwaren, Gerstenkaffee, kurzum alles, was zu einem Massenküchenbetrieb notwendig ist, liegt dort wohlgeordnet auf Lager. Die Leitung des ganzen Betriebes ist Herrn Lorenz Niedermair übertragen; dem Küchenbetrieb steht Herr Stadtverordneter Schmitt vor, der auch in Lille einen ähnlichen Betrieb geleitet hat.

Das Viktoriabad sollte nach einem Beschluß des ABS-Rats für Wannen- und Brausebäder wieder geöffnet werden. In Erwartung, daß dies inzwischen geschehen sei, begeben sich täglich Soldaten und Bürger nach der Anstalt, wo ihnen aber das Schild „Geschlossen“ entgegenstarrt.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

   

Beutegeschütze. Man schreibt uns: Auf dem alten Zoll und auf dem Kaiserplatz, vor dem Kaiser Wilhelm-Denkmal stehen eroberte Kanonen. Wenn leider im Monate Dezember eine Besatzung durch Ententetruppen erfolgt, können diese Kanonen einen Anlaß bieten, daß die Stadt in unförmlicher Weise aufgefordert wird, diese wegzuschaffen oder dergl. Wäre es nicht besser die Kanonen für die Zeit der Besetzung in das gesicherte rechtsrheinische Gebiet zu bringen?

Zur Einigung der Liberalen. Zwischen der Fortschrittlichen Volkspartei und der Demokratischen Vereinigung haben gestern abend Unterhandlungen stattgefunden, die zu einer Vereinigung beider Bonner Parteien einschließlich der auf dem Boden der gleichen Anschauungen sich stellenden Mitglieder der Nationalliberalen Partei führten.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Aus der Rheinprovinz. Bonn“)