Mittwoch, 20. November 1918

   

Eine zahlreich besuchte Versammlung Endenicher Bürger hat den Bonner Arbeiter-, Bürger- und Soldatenrat um Weitergabe folgender einstimmig angenommenen Entschließung an die gegenwärtige Regierung in Berlin gebeten: „Wir Bauern, Bürger und Arbeiter von Endenich fordern aus demokratischen Gründen eine möglichst beschleunigte Einberufung der gesetzgebenden Nationalversammlung, damit auch die Deutschen, denen nicht Gelegenheit gegeben ist, in den gegenwärtig alleinherrschenden Kreisen der städtischen Arbeiter- und Soldatenräte ihre Meinung zum Ausdruck zu bringen, ihr Recht als freie Deutsche geltend machen können. Wir fordern ferner, daß die gegenwärtige Regierung insbesondere die neue preußische Staatsregierung keinerlei grundlegenden kulturellen und politischen Aenderungen trifft, wozu allein die deutsche Nationalversammlung oder eine ähnliche preußische Körperschaft zuständig sein muß.“

Militärwaffen und –munition abgeben. Das Kommando der Bürgerwehr schreibt uns: Bekanntlich hat der Arbeiter-, Bürger- und Soldatenrat kürzlich eine Verfügung erlassen, nach der sämtliche Besitzer von Militärwaffen und Munition verpflichtet sind, diese bis zum 20. d. M. abzuliefern. Jedem Bonner Bürger wird empfohlen, sich einmal zu überlegen, welche Folgen Zuwiderhandlungen gegen diese Verfügung bei Eintreffen der feindlichen Besatzung haben könnten. Trotz alles dessen, was seit Kriegsausbruch unser Denken gefangen genommen hat, wird jedem noch in frischer Erinnerung sein, wie die bewaffnete Zivilbevölkerung Belgiens sich bei dem Einmarsch unserer Truppen am Kampfe beteiligt hat. Diese Vorkommnisse werden auch dem Führer der feindlichen Besatzungstruppen, die wir in unserer Mitte dulden müssen, zu denken geben. Es ist daher sehr wahrscheinlich, daß Haussuchungen nach Waffen und Munition angeordnet werden. Wer dabei im Besitze von Militärwaffen und Munition betroffen wird, schwebt in größter Gefahr für Freiheit und Leben und gefährdet darüber hinaus auch die gesamte Bürgerschaft. Das eigenste Interesse sollte daher jeden, der solche Waffen und Munition besitzt, zur pünktlichen Abgabe anhalten, falls nicht schon sein Pflichtgefühl ihn dazu zwingt. Wirke jeder in diesem Sinne auf seine Mitbürger ein, damit uns allen größeres Unheil erspart bleibt!

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

   

Der Verband Bonner Frauenvereine mußte vergangene Woche den angekündigten Vortrag über die Mitarbeit der Frau in der Gemeinde ausfallen lassen, weil die von auswärts erwartete Rednerin nicht kommen konnte. Er schließt nun seine Vortragsreihe mit einem Vortrag von Frau Adelheid Steinmann über die neuen politischen Rechte der Frauen. Ist es auch in gewisser Art noch zu früh, darüber zu sprechen, da Endgültiges ja noch nicht feststeht, so ist es doch andrerseits höchste Zeit, daß die Frauen sich bekannt machen mit dem, was ihnen an neuen Rechten und Pflichten die nächste Zeit ganz sicher bringen wird, damit sie von dem Neuen nicht überrascht werden, sondern ihre neuen Pflichten mit Verständnis ausüben können. Die Bonner Frauenwelt aller Richtungen wird deshalb dringend eingeladen, diesen völlig parteilosen, rein orientierenden Vortrag zahlreich zu besuchen, der Donnerstag den 21. Nov., nachmittags 6 Uhr, im evang. Gemeindehaus, Rathausgasse 2, stattfindet.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Aus der Rheinprovinz. Bonn“)