Dienstag, 29. Oktober 1918

   

Anzeige im General-Anzeiger vom 29. Oktober 1918Schwerbeschädigte im Berufsleben. Das Vorurteil gegen die Wiederbeschäftigung Schwerbeschädigter ist bei den privaten Unternehmen noch immer nicht ganz geschwunden, obwohl die bisher gesammelten Erfahrungen die Verwendbarkeit solcher Leute einwandfrei nachgewiesen hatten. Unter Schwerbeschädigten versteht man im allgemeinen solche, die mit Renten von 50 Prozent oder mit höherer Rente entlassen wurden. Daß diese Leute noch sehr gut als Arbeiter ihr Fortkommen zu finden vermögen, das haben die Versuche in den technischen Betrieben zur Genüge gezeigt, so in den Munitionsbetrieben, bei den Bekleidungsämtern, in den militärischen Betrieben, wo die Heeresverwaltung selbst eine große Zahl von Kriegsbeschädigten mit gutem Erfolg beschäftigt. [...]

(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)

Der Einsender des Artikels „Schließung des Viktoria-Bades“ hat Recht, jedes Wort von ihm möchte ich und mit mir viele, unterschreiben. Es ist jetzt an der Zeit, mehr an die Gesundheit des Volkes als an seine Unterhaltung zu denken. Außer der Volksernährung ist gewiß der Volkshygiene das Hauptinteresse entgegenzubringen. Wohl durch den Mangel an Seife bedingt, hat leider die Reinlichkeit der Menge sehr nachgelassen. Heim-Badegelegenheit findet man bedauerlicherweise in Bonn fast nur in ganz großen Wohnungen; darum muß das öffentliche Bad gerade jetzt aufbleiben, um es denen, welche daheim weder Dusche noch Wanne haben, zu ermöglichen, heiße und kalte Bäder zu nehmen. Ja nicht einmal erhöhen sollte man die Preise, da doch hauptsächlich Mittelstand und Volk die Anstalt besucht und vor allem das Schwimmbad viele viele Kinder. Wäre es nicht möglich, einen billigen Tag einzuschalten?
Anzeige im General-Anzeiger vom 29. Oktober 1918   Die Schulen wurden geschlossen um weiteren Ansteckungen vorzubeugen, aber fest eng aneinandergedrückt stehen Frauen und Kinder bei Sturm und Wetter mit schlechtem Schuhwerk und warten, warten. Die Zwiebeln und Fische und anderes werden an einigen Stellen verausgabt. Warum nicht in den Spezereigeschäften? Seit Jahren sieht man zu allen Zeiten des Tages Frauen und Kinder auf den Milchmann warten. Auf dem Hof des Milchhändlers stehen sie immer noch Reihe, weil der Händler die Milch nur zwischen 3 und 5 Uhr verausgaben kann. Jetzt bringen Frauen und Kinder, wie dies im Sommer geschah, die Milch sauer nach Hause, aber dafür eine Krankheit, die sie sich im Regen geholt. Es ist Krieg? Und es ist nicht zu ändern? Vielleicht doch. In Straßburg hatte man z. B. bei Beginn des Krieges Milchläden eingerichtet. Nie sah ich dort Frauen und Kinder auf der Straße stehen und warten – warten. Und dieses Stehen und Warten während des Krieges hat gewiß geschadet, abgesehen davon, daß auch für sie der Spruch gilt „Zeit ist Geld“. L. W.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Eingesandt“)

    

Anzeige in der Deutschen Reichs-Zeitung vom 29. Oktober 1918Heringsteilhaber gesucht. Bekanntlich wird in dieser Woche auf zwei Warenkarten ein Hering ausgegeben. Diese Anordnung, die dem Mangel „an Masse“ entsprungen ist, hat unter den alleinstehenden Personen große Beunruhigung hervorgerufen, da sie befürchten, bei der Austeilung zu kurz zu kommen. Die Folge ist, daß vielfach Einzelpersonen sich mit Freunden und Bekannten zusammentun, um wenigstens einen halben Hering zu retten. Daß es aber auch noch Leute gibt, die wirklich alleinstehen, also weder Freund noch Bekannte haben, geht aus einer Anzeige in der heutigen Nummer unseres Blattes hervor, wonach eine alleinstehende Dame eine Partnerin zum Ankauf eines städtischen Herings sucht. – Wie wir verraten können, ist die Furcht der „Alleinstehenden“ unbegründet, da auch auf die einzelne Warenkarte halbe Heringe verabfolgt werden. Inzwischen hat sich bereits ein Wohltäter gemeldet, der in hochherziger Weise der alleinstehenden Dame seine zwei Heringe ablassen will.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

   

Unterhaltungen Dienstag, den 29. Okt. Lustspiele: Groß-Bonn (mit Weinklause) 8 Uhr. Lichtspiele: Im Stern ½4 Uhr, Metropoltheater 4 Uhr, Konzerte: Gangolfhaus 4 Uhr, Fürstenhof 4 Uhr.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Aus der Rheinprovinz. Bonn“)