Dienstag, 22. Oktober 1918

   

Anzeige im General-Anzeiger vom 22. Oktober 1918Einen Fliegeralarm hatte Bonn gestern Nachmittag von 4.56 Uhr bis 5.35 Uhr. Ein Angriff feindlicher Flieger erfolgte hier nicht.

Kartoffeleinkellerung. Bei dem großen Mangel an geschlossenen Eisenbahnwagen werden die Kartoffeln fast ausschließlich in offenen Wagen hier angeliefert. Dies hat den Nachteil, daß bei Regenwetter die Kartoffeln unter Umständen durchnässt hier ankommen. Da dem Lebensmittelamt keine genügenden Trockenräume zur Verfügung stehen, ist es erforderlich, daß die Bürgerschaft die Kartoffeln nach Erhalt in trockenen Räumen, Waschküchen usw. ausbreitet und gründlich austrocknen läßt. Bei der heutigen Lage muß jeder Bürger mithelfen, daß er bald seinen Winterbedarf an Kartoffeln erhält, deshalb ist es dringend zu empfehlen, die Kartoffeln, auch wenn sie feucht sind, abzunehmen und in trockenen Räumen auszubreiten. Die Güte der bisher angelieferten Kartoffeln ist einwandfrei. Es wurden bis jetzt fast ausschließlich die Sorten „Industrie“ und „Op te date“ angeliefert.

Ausbau von Klinken und Türgriffen. Nach einer Mitteilung der Handwerkskammer zu Köln hat diese auf Donnerstag, den 24. Oktober, nachmittags 5 Uhr in Bonn im Saale der Kaiserhalle eine Versammlung der im Stadtbezirk Bonn ansässigen Schlosser- und Tischlermeister anberaumt zur Besprechung des Ausbaus der beschlagnahmten Türdrücker usw. Im Interesse der zur Besprechung anstehenden Angelegenheiten ist es dringend erwünscht, daß der Einladung seitens der hiesigen Tischler- und Schlossermeister recht zahlreich entsprochen wird.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)

    

Anzeige im General-Anzeiger vom 22. Oktober 1918Bekämpfung der Grippe-Epidemie. Aus unserem Leserkreis wird uns geschrieben: Die Friedensbekämpfungsmittel dieser Krankheit waren nach alter Erfahrung: Alkohol, Schwitzen, bis der kranke Körper fieberfrei ist, dann aber sorgfältiger Schutz gegen neue Erkältungen. Ein auf der Genesung befindlicher Grippekranker ist gegen Erkältungen doppelt empfindlich, daher die häufigen, lange andauernden, sogar lebensgefährlichen Folgeerscheinungen bei der Grippe. Hauptbedingung ist deshalb bei Schwitzkuren an kühlen Tagen ein bis zu 18-20 Grad geheiztes Krankenzimmer. Unzählige Kranke ziehen sich nach dem Schwitzen in einem kalten Zimmer um, erkälten sich hierdurch neu und erhöhen den Krankenzustand. In der heutigen Zeit oft mangelhafter Ernährung muß sich der von der Grippen genesende Mensch infolge der geringeren Widerstandsfähigkeit seines Körpers vor allen Dingen sorgfältig gegen neue Erkältungen schützen. Nasskalte Füße, stilles Stehen oder Sitzen in unbeheizten Räumen (Kirchen) bringt erfahrungsgemäß Krankheitsrückfälle. Unbeheizte Eisenbahnwagen sollte es in so starken Epidemie-Zeiten nicht geben. Bei Grippe-Erkrankungen ist außerdem wichtig, nicht abzuwarten, bis sich der Zustand verschlimmert, sondern möglichst bald zur Bekämpfung der Krankheit zu schreiten. Wo die wenigen vorhandenen Aerzte nicht ausreichen, da muß notgedrungen öffentliche Aufklärung uns in der Krankheitsbekämpfung zur Seite stehen.

Das Operettentheater hatte Samstag nachmittag unsere Bonner Jugend zu einem Ausflug ins Märchenland eingeladen. Wie sehr zeitgemäß diese Einladung war, zeigte die gute Besetzung aller Plätze. Auch das Thema war zeitgemäß: „Tischlein deck dich, Eselein streck dich. Knüppel aus dem Sack.“ Es wurde flott gespielt, gesungen und getanzt, und den fröhlichen Beifall, der nach jedem der sechs Bilder das Theater durchhallte, möge Benno Nora bezeugen, daß sein sicher kinderverstehendes und kinderfreundliches Herz ihn bei der Inszenierung des Märchens auf den richtigen Weg gewiesen hat.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

   

Die Grippe in Köln. Die Zahl der Neuerkrankungen an Grippe bewegt sich in aufsteigender Linie, so daß die städtische Verwaltung nunmehr dem Beispiel anderer Städte gefolgt ist und die Schulen schließen läßt. [...] Es handelt sich bei dem Schluß um eine rein vorbeugende Maßregel, die zu größerer Beunruhigung keine Veranlassung bietet. Die Krankheit hat in den letzten Tagen zugenommen. Auch eine Reihe von Todesfällen an Lungenentzündung ist leider zu beklagen. Bei den Ortskrankenkassen liegen zahlreiche Krankmeldungen vor; dagegen ist die Verbreitung in manchen Werken und Betrieben verhältnismäßig gering. Die städtischen Hospitäler haben bis jetzt den Andrang an Kranken noch aufnehmen können und werden auch weiter dazu in der Lage sein, wenn, was erhofft werden kann, in den nächsten Tagen die Krankheit ihren Höhepunkt erreicht hat, so daß in den Hospitälern der Zu- und Abgang an Grippekranken sich ausgleicht.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Aus der Rheinprovinz. Bonn“)