Montag, 14. Oktober 1918

    

Anzeige im General-Anzeiger vom 14. Oktober 1918Die evangelische Gemeinde versammelte sich gestern abend in gewaltiger Zahl in der Kirche am Kaiserplatz zu einem Volksgottesdienst, zu dem die gegenwärtige politische und militärische Lage die Veranlassung gegeben hatte. Alle fünf Pfarrer der Gemeinde wirkten mit. Einleitend wurde betont, es solle denen, die an der Spitze unseres Volkes stehen, gezeigt werden, daß ein einiges Volk hinter ihnen stehe. In drei Kanzelansprachen wurden die Aufgaben „Unsere deutsche Not“, „Unser deutsches Recht“ und „Unser deutscher Glaube“ in dem Sinne behandelt, daß Deutschland unbesiegt sei und keinen schmachvollen Frieden zu schließen brauche. Im Anschluß daran gelobte die Gemeinde in feierlicher Form, „zu stehen zu deutscher Ehr und Pflicht, zu unserem Volk in Not und Tod, zu Gott und seinem Gebot und seiner Verheißung in Treu und Glauben“. Der eindrucksvolle Gottesdienst schloß mit dem gemeinsamen Gesange des Lutherliedes „Ein’ feste Burg ist unser Gott“, wobei die Glocken der Kirche läuteten.

Die fleischlosen Wochen. In den „Mitteilungen aus dem Kriegsernährungsamt“ wird gesagt: Da das Ergebnis der letzten Viehzählung gezeigt hat, daß bei stärkeren Eingriffen in den Rindviehbestand, der bis auf weiteres die Last der Fleischversorgung nahezu allein zu tragen haben wird, Gefahr für die künftige Fleisch-, Milch- und Fettversorgung bestehen würde, bleibt größte Sparsamkeit im Fleischverbrauch geboten. Die fleischlosen Wochen sollen daher auch für die Monate November, Dezember und Januar beibehalten werden, doch ist mit Rücksicht auf die Weihnachtsfeiertage ihre Zahl auf drei, d. h. je eine im Monat herabgesetzt worden. Sie entfallen auf die Wochen 18. bis 24. November, 16. bis 22. Dezember und 6. bis 12. Januar. Für rechtzeitige Fleischausgabe für die Weihnachtsfeiertage soll gesorgt werden. Die Zulagen für Kranke und Schwerarbeiter werden auch in den fleischlosen Wochen weiter gewährt.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)

    

Anzeige in der Deutschen Reichs-Zeitung vom 13. Oktober 1918Man schreibt uns: An allen Bahnhöfen und Haltestellen entwickelt sich augenblicklich ein flotter Güterverkehr. An landwirtschaftlichen Produkten wird weit mehr verladen, wie sonst das ganze Jahr hindurch. Große Mengen Weiß- und Rotkohl, sowie Wirsing, Rüben, Knollensellerie und Karotten werden angefahren und lose in die Eisenbahnwagen verladen. Daneben werden die ersten Zuckerrüben zur Verarbeitung in die Zuckerfabriken in Brühl, Dormagen und Euskirchen eingeliefert und die von dort eintreffenden Preßlinge und Rückstände als geschätzte Futtermittel in Empfang genommen. Auch mit Körnerfrüchten der verschiedensten Art werden noch immer einzelne Wagen beladen. Im Laufe dieses Monats sollen für Gemeinden, Vereine und Genossenschaften Briketts und im November Steinkohlen für den Winterbedarf mit der Rheinuferbahn eintreffen. Kartoffeln zum Einkellern und zur nächsten Saatbestellung sind bisher nicht eingelaufen.

Konzert. Schön und eindrucksvolle gestaltete sich das gestrige Konzert im Stadttheater zu Ehren Hindenburgs und Ludendorffs, dessen Reinertrag den Hinterbliebenen der im Kriege gefallenen Bonnern zufließt. [...]

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

    

Warnung. Trotz wiederholten Warnungen und Belehrungen läßt es die Bevölkerung immer noch an der nötigen Vorsicht beim Auffinden von Blindgängern und Zündern von Fliegerbomben und Abwehrgeschossen fehlen. Jede unsachgemäße Berührung kann den Blindgänger und scharfen Zünder zur Entladung bringen. So wurden in den letzten Tagen einem Manne, der einen Blindgänger aufhob, durch das infolgedessen platzende Geschoß beide Arme und Beine abgerissen. Ebenso ist die größte Zurückhaltung geboten bei der Besichtigung neidergegangener oder abgeschossener Flugzeuge: Nichts anrühren; Fort mit brennenden Zigarren oder Pfeifen wegen der durch etwas auslaufendes Benzin bestehenden großen Feuergefahr. Vor einigen Tagen ereignete sich ein großes Unglück dadurch, daß die hinzuströmende Landbevölkerung ein abgeschossenes, halbverbranntes Flugzeug untersuchte und zum Teil bestieg. Eine Bombe, die sich noch im Flugzeug befand, platzte plötzlich und tötete 13 Personen und verletzte über 20 meist schwer. Am gleichen Tage kletterte ein Knabe in ein an anderer Stelle abgestürztes Flugzeug und machte sich am Maschinengewehr zu schaffen. Die Waffe entlud sich und tötete ein Kind. Pflicht der Eltern und Schulen ist es, immer wieder die Kinder nachdrücklich auf die großen Gefahren der Neugierde hinzuweisen. Jedermann bedenke, daß er durch leichtsinnige Handlungen nicht nur sich selbst, sondern auch Andere ins Verderben stürzen kann.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Aus der Rheinprovinz. Bonn“)